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VON NEUEN BÜCHERN

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Phaidros.- Zeitschrift für die Freunde des Buches und der schönen Künste. Folge 1. Herausgegeben von der österreichischen Nationalbibliothek, Wien 1947. H. Bauer-Verlag.

Die Nationalbibliothek, die auch durch ihre jüngste Handschriftenausstellung wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt ist, hat allen Schwierigkeiten zum Trotz eine Zeitschrift ins Leben gerufen, deren vornehme und geschmackvolle Aufmachung sofort ins Auge fällt. Es war ein glücklicher Gedanke der Herausgeber (Generaldirektor Dr. B i ck und Professor Doktor Gregor), ein Organ zu schaffen, das die Verbindung zwischen Bibliothek und Publikum über den üblichen Leih- und Ausstellungsbetrieb hinaus zu intensivieren vermag. Darum be-sdiränkt sich diese Zeitsdirift, deren ursprüngliches Ziel es ist, die Schätze der Nationalbibliothek einem großen Publikum zu erschließen, nicht allein auf das fachmännischbibliothekarische Gebiet, sondern nimmt Fühlung mit der modernen Literatur-, Kunst- und Musikforschung auf. Diese glückliche Verbindung von erstklassigem Bibliotheksmaterial und dessen Auswertung im weitesten Sinne bietet eine gute Gewähr dafür, daß das Abgleiten in den luftleeren Raum des reinen Literatentums aller Schattierungen verhindert wird. Der Bibliothekstechniker findet einen grundlegenden Aufsatz, der weite Ausblicke auf die Stellung des Buchwesens im Staatshaushalt sowie in der Volkswirtschaft eröffnet, von Generaldirektor Doktor B i c k über das schon vor 1938 lebhaft diskutierte Projekt einer österreichisdien Zentralbibliothek vor, deren abgebildete Entwürfe hoffentlich einmal auch Wirklichkeit werden. Ing. Dr. Josef S t u m m v o 11 beriditet -über seine Eindrücke als Bibliothekar im Nahen Osten und gibt damit ein Stück Weltbibliothekskunde.

Ein weiteres Stück Schicksal des Buches in der Welt schildert Georg Freiherr zu Frankenstein in „Buch und Kunst in England“. Anton Bruckner kommt in einem Aufsatz Doktor Otto Brechlers über unbekannte Bruckner-Briefe der Nationalbibliothek und mit einem Bericht Professor Dr. Nowaks über die Bruckner-Ausstellung der Nationalbibliothek zu Wort. Die Dichtung wendet sich mit launigen Erinnerungen Maxim Gorkis an Tschediow und mit dem Erstdruck eines Gedichtes von Max Meli an ein Lesepublikum mit gehobenen literarischen Ansprüchen. Der Kunstteil — jede Nummer soll ungefähr 25, zum Teil mehrfarbige Kunstblätter enthalten — ziert das Heft mit Blättern aus einer Handschrift des frühen 16. Jahrhunderts sowie mit Stichen Lepautres aus der Zeit Ludwigs XIV. Bibliotheksdirektor Ankwicz-Kleehoven legt mit einem Aufsatz neun in Wien sich befindende Handzeidinungen der Na-zarener vor, und Dr. Franz O 11 m a n n berichtet über die jüngste Ausstellung des österreichischen Museums. So sieht man denn, was angestrebt wird und was bereits mit diesem ersten Heft erreidit Wurde. Man kann mit gutem Gewissen sagen: es gibt heute kaum eine zweite ähnliche Publikation im Bibliothekswesen, die sich mit dieser Zeitschrift vergleichen ließe. Mit banger Freude möchte man jedem Interessierten zurufen: „Sdiau her, da wird wirklich etwas geleistet, das sich in der Welt sehen lassen kann, fördere es. Laß es nidit wieder zugrunde gehen!“ In Summa: eine österreichische Zeitschrift von europäischem Format.

Adalbert Stifter und Wien. Von Liselotte Hoffmann. Wiener Verlag 1946.

In dem Vorwort zu ihrer leicht lesbaren Studie betont die Verfasserin, daß Stifter vielen seiner Freunde und Verehrer fast aussddießlich als Heimatdichter aus dem Böhmerwald oder als oberösterreichisdier Schulrat bekannt sei, wogegen seine Beziehungen zu Wien, als Dichter des Biedermeier, oft nicht genügend berücksichtigt würden. Hat doch Stifter in dieser Stadt, wo er ein Drittel seines Lebens, und zwar die fruchtbarste Zeit, verbrachte, schon in seiner Studentenzeit wichtige und nachhaltige Anregungen erfahren. Die Musik als Daseinsinhalt des Wiener Biedermeier übt auf Stifters Schaffen einen nachhaltigen Einfluß aus, dem Burgtheater unter Schreyvogel verdankt er bedeutende Anregungen, und Grillparzcrs erste Werke verehrt er glühend. Was Stifter aber am meisten beeindruckte und ihn wahlverwandt ansprach, war das Gefühl der Verbundenheit des Wieners mit seiner Vergangenheit — jenes ständig Gegenwärtige alles Gewesenen im täglichen Leben und in der Kunst. Allem Abstrakten abhold, teilt Stifter auch die Abneigung des Wieners gegen philosophische Systeme, berührt sich dagegen mit dem Menschen des Wiener Biedermeiers, „über dem Wissen um das Unvermeiidlidie, Mensddiche das sieghafte Lädieln des Glaubens an Höheres, Ewiges“ nicht zu verlieren. Die Ausprägung von Stifters politischen Anschauungen in Übereinstimmung und im Widerspiel zu den in Wien herrschenden Strömungen, Stifters Beziehungen zu Wiener Frauen und seine Stellung in der Wiener Gesellschaft vervollständigen das Bild. Das Buch, das nicht den Ehrgeiz hat, neue wissenschaftliche Erkenntnisse über Stifter zu vermitteln, kann — trotz kleiner sachlichen Ungenauigkciten — besonders unserer Jugend und unseren Studierenden empfohlen werden.

Gebete dei Christen. Von Johann Michael Sailer. Neuausgabe des 1803 vom Verfasser selbst nach seinen größeren Schriften gestalteten Buches. Mit einem Nachwort von Kurt F. Ried ler. Walter-Verlag, Ölten. 510 Seiten.

Jugoslawien. Von James Schwarzenbach. Verlag Otto Walter, Ölten.

Diese kleine Schrift streift kurz die neuere Geschichte des südslawisdien Gedankens in der Donaumonarchie und erläutert dann die verschiedenen, einander ablösenden Formen des jugoslawischen Staates, wobei , der Akzent auf der jüngsten Entwicklung liegt. Das Heft vermittelt hiebe! manche Kenntnis, die angesichts einer sonst oft mangelhaften allgemeinen Berichterstattung von Wert ist.

Die Tür^e des Beg Begouja. Von Oskar Maurus F o n t a n a. Roman mit Zeidinungen von Alfred Kubin. Wilhelm-Frick- Verlag, Wien.

In einer leidenschaftlichen und zugleich zuchtvollen .Sprache, auf die das farbige südöstliche Milieu spürbar eingewirkt hat, erzählt der Autor vom Kampf nm die Getreidetürme des gewaltigen Beg und von der unheilvollen Verstrickung, in welcher Hartherzigkeit und blinde Leidensdiaft den Menschen gefangcnhalten. Kein Zufall, daß dieser Stoff und dieser Stil den Graphiker Kubin zu einer Reihe von Zeichnungen inspiriert haben, die 'wesentlich zur Intensivierung der Atmosphäre beitragen. So wurde aus diesem Buch ein kleines Gesamtkunstwerk, dessen äußere Ausstattung dem Verlag — unter den. gegenwärtigen Produktionsbedingungen — erstaunlich gut gelungen ist. Das Buch bedeutet einen beachtlichen Schritt auf dem Wege der Annäherung unserer heimi-sdien Buchproduktion an den westeuropäischen Ausstattungsstandard.

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