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Großleistungen Österreichs

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Vor uns liegen zwei Werke im Weltatlasformat, der „Atlas von Niederösterreich" und der „Planungsa11as Lavanttal“. Jedes der beiden Werke ist in vieljähriger Zusammenarbeit zahlreicher Wissenschaftler, Behörden und Körperschaften entstanden und größtenteils aus öffentlichen Mitteln finanziert worden.

Wie ist es möglich, daß heute einem einzelnen Bundesland oder gar einem einzelnen Landbezirk ein Werk vom Format und Preis eines Weltatlas gewid- • met wird? Die Landeskunde von heute wird nicht mehr bloß um ihrer selbst willen oder im Dienste des Schulunterrichtes betrieben, sondern sie möchte Grundlage der künftigen Landesentwicklung werden. Diese sollte eine bewußte und planmäßige Fortführung des Schöpfungswerkes sein, wenn auch mit menschlichen Mitteln, so doch auf dem Willen Gottes, geäußert in Naturgesetzen und natürlichen Anlagen, entsprechend.

England, Holland, einzelne deutsche Länder gingen mit solchen Landesaufnahmen im Dienste der Planung voran. In Oesterreich erschien 1941 der Burgenlandatlas, er wurde vom damaligen Regime für so wichtig gehalten, daß er nur für den . Dienstgebrauch abgegeben werden durfte. Dann kam 1955 der Salzburgatlas, weitere Atlanten für die Steiermark und für Oberösterreich sind im Erscheinen.

Jedes dieser Werke ist äußerst vielseitig. Sie behandeln Gesteine, Boden, Klima, Gewässer, Pflanzen- und Tierwelt, Geschichte, Volkstum, Bevölkerungsprobleme, alle Sparten der Wirtschaft, des Verkehrs und der kulturellen Belange. Die Darstellung erfolgt in der Regel in vielfarbigen Karten, denn nur diese erlauben, die unzähligen Details der Aufnahmen im Gelände mit Hilfe der Statistik anschaulich und übersichtlich zu machen. Jeder solche Atlas ist somit ein Abbild der Ganzheit des Lebens und der Lebensgrundlagen in einem bestimmten Raum. Lehrer, Beamte, Politiker bauen im Ausland ihre Tätigkeit vielfach auf solchen Kartenwerken auf, bei uns sind wir in dieser Hinsicht noch in den Anfängen.

Der „Atlas von Niederösterreich“ umfaßt 142 Kartenblätter im Querformat 57 X 46 cm. Die Hauptkarten haben den Maßstab 1 : 500.000, auf anderen Blättern sind kleinere Nebenkarten untergebracht, insgesamt 238 Karten. Dennoch ist das Werk nicht unhandlich, man kann die drei großen Messingschrauben links lösen und jedes Blatt gesondert zur Arbeit vornehmen. Zahlreiche Farbtafeln, Landschaftsbilder, Zeichnungen, Tabellen und Texte ergänzen die Kartenbilder. Die Idee des Werkes ging von Wiener Geographen aus: Universitätsprofessor Hugo Hassinger und Landesschulinspektor Anton Becker. Nach beider Ableben wurde das große Werk durch die Akademie der Wissenschaften und den Verein für Landeskunde weitergeführt und bei Freytag-Berndt und Artaria in vorbildlicher Weise gedruckt. Das Hauptverdienst um das Werk hat Redakteur Dr. Erik Amberger, Geograph am Statistischen Zentralamt in Wien. Von ihm erhoffen wir, daß er mit gleichem Schwung an das noch wichtigere Werk eines künftigen landeskundlichen Atlas von ganz Oesterreich gehen wird.

Der „Planungsatlas Lavanttal“ besteht aus zwei daumendicken Bänden im Hochformat 42 X 30 cm. Beide sind von der Kärntner Landesregierung herausgegeben. Beide Bände zusammen umfassen 344 Textseiten, 34 Bilderseiten mit 106 Photos und 50 Seiten mit vielfarbigen Karten, die meist den Verwaltungsbezirk Wolfsberg im Maßstab 1:150.000 zeigen. Die Bestandsaufnahme in diesem Landbezirk ist noch stärker auf Feststellung der Nöte und Planung der Zukunft gerichtet. Die letzten drei Karten zeigen, wie sich der Landesplaner die Entwicklung der Landwirtschaft, des Verkehrs, Per Industrie, der Wasser- und Stromversorgung, die Entwicklung der Gemeinden, ihrer Schulen und ihres Fremdenverkehrs vorstellt.

Aus den Einleitungen des Landeshauptmannes und der Schriftleitung ist zu entnehmen, daß man beabsichtigt, alle Bezirke des Landes zunächst einer solchen Untersuchung und Beurteilung zu unter-

ziehen und daraus einen Landesentwicklungsplan für ganz Kärnten zu gewinnen. Der Hauptredakteur dieses Atlas ist der bisherige Landesplaner von Kärnten, Dr. Rudolf Wurz er, der ab Herbst 1959 an der Wiener Technik Stadt- und Landesplanung unterrichten und hoffentlich recht viele Techniker im Geiste des „Zeitalters des Lebendigen“ (nach A. Seifert) erziehen wird.

In europäischer Sicht bedeutet der Niederösterreich-Atlas in Umfang und Inhalt sowie in vielen Methoden einen neuen Standard, der Atlas Lavanttal ist sogar ein europäisches Unikum, denn zum erstenmal wird ein einzelner Landbezirk so vielseitig in Text und Karten dargestellt. Zum erstenmal wird eine Raumplanung vom Kleinen ins Große aufgebaut, bisher war fast ausschließlich die Planung von „oben“ nach „unten“ üblich. Wir können nur der Hoffnung Ausdruck geben, daß die von uns Gelehrten gelieferten Grundlagen einer künftigen Landesentwicklung nun auch von den zuständigen Spitzen der Politik und Verwaltung wirklich angenommen und berücksichtigt werden, immer mehr Planmäßigkeit an die Stelle früheren Fortwurstelns tritt. Man könnte die beiden neuen Atlanten, Großleistungen des österreichischen Geisteslebens, mit zwei Meistergeigen vergleichen. Hoffen wir, daß sich mit der Zeit auch die Meister finden, die eine Stradivari spielen können.

Prof. Dr. Walter Strzygowski

Es ist ein hohes kulturelles Verdienst der Klöster, wissenschaftliche Schätze durch Jahrhunderte für die Nachwelt gerettet und erhalten zu haben. Zeuge dafür sind die große Zahl alter Globen in österreichischen Stiften. Die Benediktinerabtei Admont kann sich rühmen, einen M e r c a t o r - Globus aus 1541 zu besitzen und im Chorherren-Prämonstratenserstift Wilten können zwei Globen des von Rudolf H e n z uns vertraut gemachten Peter A n i c h bestaunt werden. Oesterreich besitzt nicht weniger als 324 „alte“ Globen, von denen sich 92, das sind 29 Prozent, in den Klöstern vorfinden, an deren Spitze das Benediktinerstift Kremsmünster mit 25 den reichsten Bestand an klösterlichen Globen aufweist. Diese bemerkenswerten Daten sind zu entnehmen der Nr. 6 „Der Globusfreund“, dessen Nr. 7 Erinnerungen „Zum hundertsten Geburtstag des Professors Dr. h. c. P. Josef Fischer SJ.“ bringt. P. Fischer ist bekanntlich der Entdecker der Martin - Walseemüller - Weltkarte, der stolzen kartographischen Schöpfung eines berühmten Oesterreichers aus den Vorlanden. Die bedeutenden wissenschaftlichen Arbeiten P Fischers fanden ehrende Anerkennung durch Papst Pius XI. und Kardinal P a c e 11 i, den nachmaligen Papst Pius XII. Als verdienstvoller Begründer und Herausgeber der reiche Belehrung bietenden Zeitschrift „Der Globusfreund“ zeichnet Dipl.-Ing. Robert Haardt, dem erst kürzlich in Würdigung der Förderung eines wichtigen geographischen Wissenszweiges das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst verliehen wurde.

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