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Kärnten und Slowenien setzen auf enge wirtschaftliche Zusammenarbeit

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Kärnten und Slowenien setzen auf enge wirtschaftliche Zusammenarbeit

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Mit der demokratischen Wende in Slowenien fielen die Berührungsängste zwischen Kärnten und seinem südlichen Nachbarland. Besonders in der Wirtschaft floriert eine neue Partnerschaft.

Im World Trade Center an der Laibacher Hauptstraße „Titova Cesta", die bald wieder „Wiener Straße" heißen soll, sagte vor kurzem der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider: „Nicht in einem von zentralistischen Regierungen ferngesteuerten, sondern nur in einem freien Europa der freien Regionen kann sich die Wirtschaft frei entwickeln."

Solch freistaatliches Gedankengut gefällt den souveränitätsfreudigen Slowenen. Gleich drei Minister der neuen Regierung Peterle waren ausgerückt, um den Landeshauptmann und vor allem die Kärntner Sparkasse in Sloweniens Hauptstadt willkommen zu heißen. Die Eröffnung der Repräsentanz -sehr sympathisch mit Liedern auf Deutsch und Slowenisch - geriet zum Staatsakt: Festliches Gleichnis einer erwachenden Wirtschaftspartnerschaft?

Tatsächlich sind die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Kärnten und Slowenien seit langem weit intensiver als es gestandene „Urängstler" wahrhaben wollten. Seit mit der demokratischen Wende in Slowenien auch auf Loslösungskurs vom zerfallenden Jugoslawien gegangen wurde, fallen zusehends kärntnerisch-slowenische Berührungsängste. Und die Wirtschaftskontakte erfahren zusätzlichen Aufschwung, seit erkennbar ist, daß Slowenien entschlossen die Marktwirtschaft nach westlichem Muster anstrebt. Die Feindbilder, welche

die Geschichte schrieb, sind im Bereich der Wirtschaft zwischen Kärnten und Slowenien längst überwunden - die Verflechtungen sind vielschichtig, haben in diesem Teil Europas längst den Alltag durchdrungen.

Das beginnt beim schier endlosen Strom von Einkäufern aus Slowenien, der sich Tag für Tag über den Loiblpaß nach Ferlach und Klagenfurt ergießt. Seit Ministerpräsident Markovic'Dinar-Hart-währungskurs die Preise für sämtliche Gebrauchs waren des täglichen Bedarfes in Slowenien deutlich über das Kärntner Preisniveau ansteigen ließ, hat dieser Güteraustausch im kleinen Grenzverkehr enorme Ausmaße angenommen. Daß allein die COOP-Konsum-Filiale in der Rosentalerstraße, der Klagenf urter Ausfallstraße Richtung Loiblpaß, mit überwiegend slowenischen Kunden über eine Milliarde Schilling Umsatz im Jahr erzielt, läßt vermuten, daß in der Kärntner Landeshauptstadt mit Slowenen gerne „gerechnet" wird. In zahllosen Kaufhäusern der Klagenf urter City, deren Schaufenster am 10. Oktober unvermeidlich mit dem Volksabstimmungsbild abwehrkämpferisch geschmückt sind, wird inzwischen Wert auf Slowenischkenntnisse beim Verkaufspersonal gelegt.

Mittlerweile erreichen die Slowenen-Umsätze in einzelnen Branchen existenzielle Ausmaße. So stammt jeder zehnte Schilling, der im Kärntner Elektrohandel umgesetzt wird, von slowenischen Kunden. In Grenzorten wie Lavamünd

erreicht dieser Umsatzanteil sogar bis zu 60 Prozent! Auf den städtischen Linienbussen in Laibach werben großflächig Kärntner Handelsgeschäfte um Kunden aus dem Nachbarland. Ein Klagenfurter Elektrohändler hat neuerdings den Weg abgekürzt und eine Filiale in Laibach eröffnet.

Nun sind auch die Banken auf dem Weg dorthin. Neben der eingangs erwähnten Kärntner Sparkasse sind auch die Kärntner Volksbanken mit einer Repräsentanz in Laibach vertreten. Andere, wie die Kärntner Hypo, planen diesen Schritt ebenfalls. Man möchte nicht nur der Unternehmenskundschaft ins Ausland folgen, sondern für den

wenien schlagen auf die Kärntner Dependancen voll durch. Seit der Sportartikelkonzern Elan in Slowenien zusammenkrachte, kämpft auch das Fürnitzer Elan-Schiwerk hart ums Überleben Kurzarbeit war unausweichlich. Und als im Vorjahr der slowenische Computer-Konzern Iskra eine Mega-Pleite verursachte, schlitterte auch in Klagenfurt das dort angesiedelte Is-kra-Delta-Computers-Handels-haus in eine Insolvenz mit dreistelligen Millionen-Passiva. Daß die noch junge Kärntner Pleitestatistik des Jahres 1991 vom Konkursfall DFC WarenhandelsgesmbH angeführt wird, dessen 87 Millionen Schilling an Passiva vor allem von Förderungsausfällen bei Iskra in Laibach herrühren, zeigt die engen wirtschaftlichen Verknüpfungen über die Karawankerigrenze hinweg. Freilich sind die Pleitefälle Nachwehen j ahrzehntelanger kommunistischer Mißwirtschaft, die jetzt der freien Marktwirtschaft zu weichen hat.

Daß sich hier vor der Haustür ein neuer Markt westlichen Zuschnitts mit großem Konsumnachholbedarf öffnet, haben längst auch Kärntens Gewerbe und Industrie gewittert. Österreich Handelsdelegierter Gerhard Supancic hat mit dem Knüpfen von Joint Ventures inzwischen alle Hände voll zu tun. Als ein Klagenfurter Unternehmer mit einer Wassermeßtechnik-Firma bereits Anfang der achtziger Jahre ein solches Joint Venture riskierte, zählte er noch zu bestaunten Exoten.

Das langjährige Funktionieren so prominenter Joint Ventures wie jenem von Semperit in Slowenien, ermuntert bereits vor dem Vorliegen notwendiger Marktgesetze viele Firmen zum Schritt nach Slowenien. Mittlerweile reicht das Engagement Kärntner Unternehmen in Slowenien vom Zementwerk, das zur Wietersdorfer-Gruppe gehört, bis zum Joint Venture jenes Kärntner Kunstschmiedebetriebes, der sich ausgerechnet in Krsko niederläßt.

Dort steht, auf einer Erdbebenlinie, mit dem Atomkraftwerk ein wunder Punkt der wirtschaftlichen Nachbarbeziehungen. Kärnten drängt auf die Stillegung des Atomreaktors, der ein Fünftel des Strombedarfs Kroatiens und Sloweniens deckt. An einen Ersatz des Atom-Strom durch Kelag-Strom ist realistisch nicht zu denken.Wegen anderer Erdbebenängste, welche die Bewohner von Muta einen Staudammbruch fürchten läßt, verschob man sogar einen Vollstau des Ke-lag-Speicherkraftwerkes Koralpe (obwohl dieses Projekt ein weiteres Beispiel wirtschaftlicher Zusammenarbeit darstellt - man nutzt grenzüberschreitende Gewässer, an Errichtung und Ertrag ist Slowenien beteiligt).

Tor nach Europa

Wenigstens soll nun Kärntner Know-How die Kohle-Kraftwerksemissionen im Nachbarland eindämmen, die grenzüberschreitend große Schäden verursachen - das Braunkohlekraftwerk in Velenje stößt jährlich allein soviel S02 ab, wie alle österreichischen Großemittenten zusammen!

Das größte grenzüberschreitend de Projekt zwischen Kärnten und Slowenien steht kurz vor der Vollendung: Der über acht Kilometer lange Karawankenstraßentunnel soll noch im Juni dieses Jahres eröffnet werden. So ändern sich die Zeiten: Wo man laut Landeshymne einst „mit Blut die Grenze schrieb", öffnet man nun ein neues Tor nach Europa, mit dem die Erwartungen an noch größere Warenströme verknüpft werden.

Trotz der heftigen Krise, die den Balkanstaat heimsucht, hat sich der Warenaustausch zwischen Österreich und Jugoslawien 1990 bedeutend ausgeweitet. Die österreichischen Exporte erreichten den Rekordwert von über elf Milliarden Schilling - damit überholte Jugoslawien sogar die Sowjetunion als bisher größten Exportmarkt im Osten. Daß rund 40 Prozent dieser Exporte nach Slowenien gingen, unterstreicht die hier dargelegte Situation besonders reger Beziehungen und veranlaßt nunmehr auch die Bundeswirtschaftskammer zu handeln: Man denkt an die Eröffnung einer eigenen Außenhandelsstelle endlich auch in Laibach.

Der Autor ist Wirtschaftsredakteur der Weinen Zeitung Klagenfurt.

Fall der Umrüstung auf ein westliches Finanzsystem mit eigener slowenischer Währung (die voraussichtlich „Triglav" heißen wird) vor Ort vertreten sein, um dann auch mit den slowenischen Privatkunden jenes Geschäft zu machen, das derzeit noch ein schwarzer Devisenabfluß über die Grenze ist. Die anonymen Spareinlagen von Slowenen auf Kärntner Banken werden auf Milliarden geschätzt.

Ein Standbein in Kärnten haben seit jeher gerne auch slowenische Betriebe. Vor allem deshalb, um das begehrte Austria-Gü-tesiegel auf die Produkte zu bekommen, wie etwa im Ferlacher Werk des slowenischen Unior-Kon-zerns, der westeuropäische Automobilhersteller mit Autowerkzeug-Sets beliefert.

Schwierigkeiten in Slo-

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