7058695-1991_27_09.jpg
Digital In Arbeit

Ein wirklicher Beitrag zur Stabilität im Donauraum?

Werbung
Werbung
Werbung

Die Bemühungen um die Schaffung von zwei selbständigen Staaten auf dem Boden Jugoslawiens, nämlich Kroatien und Slowenien, lassen erkennen, welche Schwierigkeiten einem solchen Projekt entgegenstehen. Daß Bosnien und die Herzegowina mit ihrer zum Teil serbischen, zum Teil mohammedanischen Bevölkerung für die Schaffung eines eigenen Staates kaum in Frage kommen, ergibt sich aus der ganzen Bevölkerungsstruktur und den geographischen Gegebenheiten.

Die Geschichte Sloweniens und Kroatiens ist sehr unterschiedlich verlaufen, sodaß eine einzige neue Republik Slowenien-Kroatien sich daraus nur schwer ableiten ließe. Slowenien war in seiner ganzen Geschichte nie ein selbständiger Staat., sondern immer nur ein Kronland der Habsburger Monarchie, Kroatien aber ein eigenes Königreich mit Zugehörigkeit zur ungarischen Reichshälfte. Slowenien hat immer zum westlichen Bereich der Habsburger Monarchie gehört und wurde durch diese Zugehörigkeit geprägt. Dazu kommt noch, daß Kroatien und Serbien einander immer spinnefeind waren, ganz abgesehen von der starken serbischen Minderheit im Gebiet von Knin.

Auch Dalmatien ist nur teilweise von Kroaten besiedelt. Die Geschichte zeigt aber auch Teilgebiete, die lange Zeit selbständig waren wie Ragusa (Dubrovnik), während Slowenien solche mehr oder weniger selbständige Teilgebiete nie aufwies.

Serbenfeindliche Kroaten

Zu bedenken ist auch, daß die Kroaten immer sehr serbenfeindlich eingestellt waren, was zur Genüge während der Zeit des Dritten Reiches zum Ausdruck kam, wenn man an die Ustascha denkt oder an die Politik von Ante Pavel ic, der schließlich auf Seiten Hitlers focht.

Die Slowenen hatten zwar auch ihre deutschfreundlichen Streitmächte, die Domobranci (Heimwehren), die für Deutschland eintraten, aber die Bevölkerung machte im allgemeinen diese Bestrebungen nicht mit und es gab auch viele Partisanen, die gegen das Dritte Reich waren, nachdem sie erkannt hatten, daß Slowenien nach Kriegsende dem Deutschen Reich einverleibt werden sollte - ohne Laibach, das Italien zugesprochen war.

Man muß auch noch berücksichtigen, daß die Slowenen - soweit sie katholisch und antiserbisch waren, bei Kriegsende von den Tito-Partisanen -vorwiegend Kroaten - in Massen hingemordet wurden (mit britischer Hilfe), sodaß erst wieder eine neue slowenische Intelligenz- und Führungsschicht herangebildet werden mußte, die die proserbische Linie verlassen hat und für die völlige slowenische Unabhängigkeit kämpft.

Es besteht also ein großer Unterschied zwischen Slowenen und Kroaten, was ihre Abhängigkeit beziehungsweise Unabhängigkeit von

Serbien anlangt.

Kulturelle Nähe zu Österreich

In Kroatien gibt es eine gewisse Zahl Serben, die nicht für die Unabhängigkeit Kroatiens sind. In den Küstengebieten Kroatiens treten viele für Serbien ein, wenngleich nicht die Mehrheit. In Slowenien gibt es - soweit Slowenien überhaupt ein Küstenland ist (im Nordteil von Istrien) - überhaupt keine serbische Autonomiebewegung. Auch muß bedacht werden, daß Teile Sloweniens mehr oder weniger völkerrechtswidrig an Italien gefallen sind. Vor allem Teile des Küstenlandes aus der Zeit der Habsburgermonarchie (mit Görz, das ziemlich rein slowenisch war), das Kanaltal (deutsch und slowenisch besiedelt) und das Hinterland von Triest.

Im Falle Kroatiens war es gerade umgekehrt. Weitere Teile des sogenannten Küstenlandes - vor allem das Hinterland von Görz und Teile Krains - sind, obwohl von Italienern bewohnt, an Jugoslawien gefallen wie das Gebiet von Köper (Capo d'Istria). Kurz: Die Verhältnisse in Slowenien und Kroatien sind aus ihrer Geschichte heraus und nach der Besiedlung vollkommen anders. Die Slowenen sprechen auch durchwegs mehr oder weniger gut Deutsch, vor allem in Laibach und in Marburg, ganz abgesehen von gewissen Sprachinseln wie Gottschee oder Zarz sowie im Über-murgebiet.

Der Führer beim Kärntner Abwehrkampf 1918/19 und in der Kärntner Volksabstimmung, Hans Steinacher, hat nach dem Krieg wiederholt gemeint, man solle Slowenien an Österreich anschließen. Damit hat er aber nicht viel Zustimmung erhalten, denn die damals 1,2 Millionen Slowenen -so sagte man - hätten „das österreichische Wesen negativ beeinflußt". Es könnte aber österreichisches Interesse heute sein, daß Slowenien wirklich eine souveräne Republik wird, die zudem Österreich kulturell sehr ähnlich ist und zur Stabilität im Donauraum beitragen könnte.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung