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Kärntens Wirtschaft holt auf

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Das wirtschaftliche Schicksal Kärntens wurde bis vor wenigen Jahren durch die unsicheren Grenzverhältnisse gegenüber Jugoslawien entscheidend beeinflußt. Der Afowebr- kampf der Kärntner Bevölkerung nach dem ersten Weltkrieg endete zwar mit den für .Kärnten günstigen Ausgang der Volksabstimmung 1920, doch hat Jugoslawien seine Gebietsansprüche bis zum Abschluß des österreichischen Staatsvertrages im Jahre 1955 mehr oder weniger laut weiter verfolgt. Die Folge davon war, daß durch Jahrzehnte hindurch im Kärntner Grenzgebiet eine wirtschaftliche Lethargie Platz griff, deren Auswirkungen bis zum heutigen Tage anhalten. Jedermann scheute sich, seinem kostbaren Kapital mehr Risiken als unbedingt notwendig. zuizumuten, und die Sterilität dieses Gebietes wirkte sich unausbleiblich auf das gesamte Bundesland aus. Kärnten war wirtschaftlich das Stiefkind der Republik.

Dazu kamen aber noch weitere Probleme. Kärnten ist ein Fremdenverkehrsland. So erfreulich der Aufschwung dieses Wirtschaftszweiges in den letzten Jahren war, so hat er auch seine Schattenseiten. Die gesamte Bevölkerung Kärntens bezahlt für den Fremdenverkehr mit über dem österreichischen Durchschnitt liegenden Preisen, und das Fehlen einer zweiten Saison hatte ein Hinaufschnellen der Saisonarfoeitslosigkeit zur Folge, so daß heute Kärnten mit einer Arbeitslosenrate von 12 bis 13 Prozent weit über dem österreichischen Durchschnitt von vier bis fünf Prozent liegt, oder in konkreten Zahlen ausgedrückt: Den 158.700 Beschäftigten im August 1965 stehen nur rund 130.000 Beschäf-

tilgte im Februar 1966 gegenüber. Die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen ist daher eines der vordringlichsten Probleme. Seit der Normalisierung der Beziehungen zu Jugoslawien in bezug auf die Kärntner Südgrenze ist es, vor allem dem Verein zur Förderung der entwicklungsbedürftigen Gebiete Kärntens, an dem die Arbeiterkammer maßgeblich beteiligt ist, gelungen, im Südosten Kärntens Betriebe zu installieren, die man als den Beginn einer Sanierung bezeichnen könnte. Vor allem seien angeführt eine Kleiderfabrik, eine Metallwarenfabrik und eine Papierschmuckfabrik im Lavanttal, eine Pinselfabrik, eine Wäschefabrik und eine Baumaschinenfabrik im unteren Rosental und nicht zuletzt Betriebe verschiedener Branchen in der Landeshauptstadt selbst, die mit Hilfe von Pendlern aus dem unterentwickelten Gebiet ihren Dienstnehmerbedarf decken.

Eine große Sorge und Belastung der Kärntner Wirtschaft stellen auch die Krisen des Bergbaues dar. In den fünfziger Jahren kämpfte der Buntmetällbengbau schwer mit dem Fallen der Weltmarktpreise für Blei und Kupfer, und kaum batte sich dieser Zweig einigermaßen erholt, 'begann die nunmehr schon jahrelang andauernde Braunkohlen- bengbaukrise, welche die Schließung des Bergbaues Wiesenau erzwang und auch die große Lavanttaler Kohlenbergbau AG vor fast unüberwindliche Probleme stellte. Verschärft wurde die Situation noch durch die Konkurrenz der übrigen Energieträger, von denen die Elektrizitätswirtschaft im Lande groß ausgebaut wurde, vor allem aber durch das Fehlen eines Energieplanes.

Neben diesen Hauptproblemen der Kärntner Wirtschaft ergeben sich natürlich ungezählte kleinere Schwierigkeiten, und es ist daher verständlich, daß die Kammer für Ar beiter und Angestellte in vielen Ausschüssen und Gremien vertreten ist und dort ein weites Betätigungsfeld vorfindet.

So werden etwa zur Zeit von allen Institutionen große Anstrengungen unternommen, eine Raffinerie im Raume Südkämten zu errichten, um damit wiederum einen Schritt weiter zur Normalisierung der Wirtschaft in diesem, seit Jahrzehnten vernachlässigten Gebiet zu tun. Auf anderer Ebene, aber letztlich den gleichen Zweck, nämlich der Gesundung der Kärntner Wirtschaft zu dienen, liegen die Bestrebungen, für Kärnten eine hohe Schule zu erreichen. Die dauernde Verschiebung des Verhältnisses von Arbeitern zu Angestellten ist in unserem technischen Zeitalter ja nur ein Anfang. Kärntens Wirtschaft braucht ausgezeichnet ausgebildete Mitarbeiter, das Niveau der gesamten arbeitenden Bevölkerung muß gehoben werden und dazu Sind gute Schulen bis zur höchsten Stufe, bis zur Hochschule, notwendig.

Zusammenfassend muß festgestellt werden, daß Kärnten aus den angeführten Gründen gegenüber den anderen Bundesländern wirtschaftlich einen schlechteren Start hatte. Es müssen : daher alle Kräfte Zusammenwirken, um diesen Rückstand aufzuholen. Die Schaffung van Dauerarbeitsplätzen, der Ausbau einer zweiten Saison im Fremdenverkehr, eine wirtschaftlich tragbare Regelung der Probleme des Kohlenbergbaues, Errichtung einer Raffinerie und Gründung einer Hochschule in Kärnten sind unter anderem die Mittel, welche helfen sollen, der Wirtschaft Kärntens im Konzert der Bundesländer den Platz zu sichern, den sich die arbeitsfreudige Bevölkerung des Landes schon lange verdient hat.

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