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Im Kraftfeld Salzburgs

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Anläßlich der Festwoche, die Salzburg zur Vollendung des Domes, dessen Kuppel und Quer-»chiff durch Bomben größtenteils zerstört waren, 1959 gefeiert hat, schrieb Altbundeskanzler Raab in seinem Grußwort, daß der Salzburger Dom „eine der efirwürdigsten Stätten unserer Heimat ist, von der die Christianisierung des größten Teiles unseres Landes ihren Ausgang genommen hat. Der Dom der alten Bischofsstadt ist somit als eine Wiege der österreichischen Kultur anzusprechen, die sich auf dem Christentum gründet und die ihre Weltgeltung der innigen Verbindung mit dem Glauben und dem religiösen Leben verdankt“.

Tatsächlich gehörte das Gebiet des jetzigen Österreich mit Ausnahme von Vorarlberg für Jahrhunderte zur Kirchenprovinz Salzburg. So bescheiden die Gründung des hl. Rupertus auch gewesen sein mag, sie entwickelte sich nach unseren heutigen Missionsbegriffen geradezu unglaublich rasch. Als Jahr der Ankunft des hl. Rupertus wird mit einiger Sicherheit 696, das Jahr seines Todes mit. etwa 718 angenommen. Ein halbes Jahrhundert darauf wird schon der erste Dom vom hl. Virgilius eingeweiht (774) und 24 Jahre darnach der Bischofssitz zum Erzbistum erhoben (798), dem folgende Bistümer untergeordnet würden: Passau, Regensburg, Freising, Säben (Brixen) und Neuburg-Staffelsee. Die Kirchenprovinz Salzburg umfaßte somit ganz Bayern bis an den Lech, Tirol (Nord-und Südtirol mit Ausnahme von Trient), die Ostmark (Ober- und Niederösterreich), dann auch Böhmen und Mähren, Pannonien und Karantanien bis an die Grenzen des Patriarchates Aquileja. Später kamen noch die von den Salzburger Erzbischöfen gegründeten Bistümer Gurk (1070), Chiemsee (1215), Seckau (1218), Lavant (1225) und die von den Landesfürsten errichteten Diözesen Wien, Wiener Neustadt (beide 1469) und Leoben (1786) hinzu. Eine Landkarte der Salzburger Kirchenprovinz zeigt folgende Grenzorte um 1700: Eger, Waldsassen, den Böhmerwald entlang bis Stift Schlegl, Zwettl, Wien, Wiener Neustadt, Vorau, Pettau, Marburg, St. Paul in Kärnten, Ossiach, Millstatt, Lienz, Innichen, Brixen, Landeck, Stams, Ettal, Altmünster, Scheyern und Amberg.

Durch Lostrennung mehrerer dieser Bistümer wurde der Umfang der Kirchenprovinz nach und nach wieder bedeutend vermindert. Das Bistum Neuburg wurde schon um 800 mit Augsburg vereinigt. Mähren und Pannonien wurden 873 dem Erzbistum des hl. Methodius zugeteilt; Böhmen kam unter die Metropole Mainz, Wien wurde 1733 selbständige Kirchenprovinz und 1728 als exempt erklärt. Leoben wurde 1803 vom Seckauer Bischof verwaltet und 1859 gänzlich aufgehoben. Infolge der Säkularisation des Erzstiftes Salzburg (1803) wurde eine Neuorganisierung des Kirchenwesens notwendig. Mit kaiserlicher Entschließung von 1807 wurde der Fortbestand des Erzbistums mit seinen bisherigen Rechten und Privilegien erklärt, das Fürstbistum Chiemsee jedoch wurde aufgehoben. Im Jahre 1818 wurden die Bistümer Freising, Regensburg und Passau dem neu errichteten Erzbistum München zugeteilt, dafür aber das Fürstbistum Trient der Salzburger Metropole als Suffragan einverleibt. Die Circumskriptionsbulle „Ubi primum“ von 1825 stellte eine weitgehende Übereinstimmung der Staats- und Landesgrenzen mit der Kirchenprovinz Salzburg her. Seither unterstanden dem Metropolitanerzbistum Salzburg folgende Diözesen: Trient, Brixen, Gurk (Klagenfurt), Seckau (Graz) und Lavant (Marburg). Der erste Weltkrieg brachte im Frieden von Saint Germain weitere Verluste für die Salzburger Kirchenprovinz, indem das Fürst-bistutn Trient mit päpstlichem Dekret von 1920 und das Fürstbistum Brixen 1921 dem Apostolischen Stuhl direkt unterstellt wurden, ebenso das Fürstbistum Lavant im Jahre 1924. Für den Nordtiroler Anteil der Diözese Brixen einschließlich Osttirol und Vorarlberg wurde eine eigene Apostolische Administratur errichtet, die 1925 ebenfalls dem päpstlichen Stuhl unmittelbar untergeordnet wurde. Somit umfaßt die altehrwürdige Kirchenprovinz Salzburg gegenwärtig nur die Suffraganbistümer Gurk und Seckau.

Einen sehr großen Einfluß übte Salzburg durch die benediktinische Universität, die Erzbischof Paris-Lodron (1623 bzw. 1625) gegründet hatte, auf das wissenschaftliche und kulturelle Leben in ganz Mitteleuropa aus. Die Salzburger Universität gehörte zu den bekanntesten und besuchtesten Hochschulen der beginnenden Neuzeit. Der Anfang des 19. Jahrhunderts bedeutete für Salzburg einen katastrophalen Niedergang durch die Aufhebung des Erzstiftes wie auch durch die Aufhebung der Universität (1810). Lange dauerte es, bis das Erzbistum und das Domkapitel wiedererrichtet waren, noch länger wartete Salzburg auf die Wiedererrichtung der Universität. Die Bestrebungen einer Wiedererrichtung gehen fast ein Jahrhundert zurück. Bald nach dem Ende des ersten Weltkrieges wurden Hochschulwochen in Salzburg veranstaltet, die mit Unterbrechung in den Jahren des zweiten Weltkrieges bald darnach wiederaufgenommen wurden. Den vereinten Bemühungen kirchlicher und weltlicher Kreise verdankt Salzburg, daß es durch Gesetz mit Wirkung vom 1. Oktober dieses Jahres wiederum Universitätsstadt ist. Möge die neue Universität einen ebenso tiefen und weitreichenden Einfluß auf das geistige und kulturelle Leben gewinnen, wie ihn die alte benediktinische Universität gehabt hat.

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