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Die Steiermark als gemeinsame Einheit

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Zur Vermeidung eines viele Monate dauernden Wahlkampfes sollen die steirischen Wähler bereits am 8. Oktober zu den Wahlurnen gerufen werden, obwohl die nächste Landtagswahl erst etwa ein Jahr darauffällig wäre. Da das „steirische Klima“ seit Jahren auch die Auseinandersetzung mit grundsatzpolitischen Fragen auf Landesebene bedeutet, veröffentlichen wir in dieser Nummer einen Beitrag des stellvertretenden Landesparteisekretärs der SPÖ Steiermark, Dr. Günther Horvatek. Aus der Sicht der steirischen Volkspartei wird ein Artikel von Landtagsabgeordenten Univ.-Doz. Dr. Bernd Schilcher folgen.

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Zur Vermeidung eines viele Monate dauernden Wahlkampfes sollen die steirischen Wähler bereits am 8. Oktober zu den Wahlurnen gerufen werden, obwohl die nächste Landtagswahl erst etwa ein Jahr darauffällig wäre. Da das „steirische Klima“ seit Jahren auch die Auseinandersetzung mit grundsatzpolitischen Fragen auf Landesebene bedeutet, veröffentlichen wir in dieser Nummer einen Beitrag des stellvertretenden Landesparteisekretärs der SPÖ Steiermark, Dr. Günther Horvatek. Aus der Sicht der steirischen Volkspartei wird ein Artikel von Landtagsabgeordenten Univ.-Doz. Dr. Bernd Schilcher folgen.

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Die Steiermark steht an der Schwelle der achtziger Jahre. Die Entscheidungen, die heute getroffen werden, bestimmen das Leben der Steirer bis zum Jahre 2000. Was seit dem Jahr 1945 aufgebaut und gefördert wurde, muß fortgesetzt und weiterentwickelt werden.

In den letzten drei Jahrzehnten sind viele Entscheidungen gemeinsam für die Steiermark getroffen worden. Vor allem in den letzten acht Jahren hat die SPÖ-Bundesregierung zusammen mit der steirischen SPÖ viel zur Verbesserung der krisenanfälligen Wirtschaftsstruktur der Steiermark geleistet. Die Fusionierungen von VÖEST und Alpine und im Edelstahlbereich haben Tausende Obersteirer vor der Arbeitslosigkeit bewahrt.

Viele Milliarden Schilling sind in das Raumordnungskonzept Aichfeld-Murboden, in den Ausbau der Bundesstraßen, der Krankenhäuser, der Höheren Schulen, der Universitäten und in Umweltschutzeinrichtungen geflossen. Gewässer wurden gereinigt, neue Kohlenflöze aufgeschlossen, kapitalkräftige Betriebe angesiedelt und das Kraftwerk Voitsberg III in der weststeirischen Region errichtet. Das sind nur einige Beispiele der Leistungen der SPÖ-Bundesregierung für unser Bundesland.

Zusammenarbeit darf keine Einbahnstraße sein. Das gilt auch für den Versuch der ÖVP-Mehrheit im Land, alle Leistungen für sich zu reklamieren. Sie wird darin auch von manchen Medien unterstützt, die der ÖVP das sogenannte „Stei-rische Klima“ als Morgehgabe servieren - im durchsichtigen Versuch, die Verhältnisse in unserem Land unter einen Glassturz zu stellen. Dabei muß zu den klimatischen Verhältnissen beim gar nicht so wilden Bergvolk hinter dem Semmering gesagt werden: „Es geht bei uns oft wohl rauher und kälter zu, aber auch klarer und deshalb gesünder als anderswo.“

Die steirische SPÖ hingegen ist für ein sinnvolles Ineinandergreifen von Bund, Land und Gemeinden: Wir sind für eine organisch gewachsene Eigenständigkeit, ohne den Zug kleinkarierter Eigenbrötelei.

Der von der ÖVP so groß herausgestrichene Föderalismus darf nicht nur bis zur Landesebene gehen, sondern muß alle Bereiche unseres Zusammenlebens und der Verwaltung durchfluten. Wie in der Steiermark ein falsch verstandener Landeszentralismus gegen die Gemeindeautonomie wirkt, zeigt sich am Beispiel des neuen Sozialhilfegesetzes: Nicht der gewählte Bürgermeister ist Vorsitzender des örtlichen Sozialhüfebeirates, sondern der Bezirkshauptmann als weisungsgebundener Beamter.

Die steirische SPÖ tritt auch für mehr Mitsprache der Bürger bei Ent-scheidungsprozessen ein. Während etwa das Modell Steiermark der ÖVP keineswegs die Einrichtung eines Ombudsmannes vorsieht, enthalten die Leitlinien der steirischen SPÖ diese im Sinne der anwaltschaftlichen Bürgervertretung wichtige Forderung.

Es muß auch gesagt werden, daß es die ÖVP-Mehrheitsfraktion verabsäumt hat, im Bereich der verstaatlichten Industrie in der Steiermark rechtzeitig für Finalbetriebe zu sorgen. Wirtschaftsförderung des Landes ist jahrelang in vielen Fällen nach dem Gießkannenprinzip erfolgt. Es ist eine generelle Schwäche konservativer Parteien, Probleme zu spät zu erkennen. Die Angst vor vorausschauender Planung erstickt Zukunftsvisionen und mündet in ein „in den Tag leben“.

Das gilt auch für Raumordnung und Landesentwicklung. Mehr als 10 Jahre wurde ein wirkungsvolles Raumordnungsgesetz verhindert. Die Folgen sind offenkundig; Zersiedelung und Verschandelung weiter Landesteile -r eine Fehlentwicklung, die kaum mehr gutgemacht werden kann.

Auch beim Straßenbau ist die Steiermark ins Hintertreffen geraten. Der vom Land betriebenen Planung ist es bis heute nicht gelungen, die großen Verkehrsadern unseres Landes rechtzeitig fertigzustellen. So Schwächt die mangelnde Infrastruktur die Wirtschaft in der Obersteiermark, aber auch in den Grenzregionen. Das Versagen der dafür politisch Verantwortlichen wirkt noch grotesker, wenn man bedenkt, daß die Strecke zwischen Graz und Bruck seit 33 Jahren nicht fertiggeplant werden konnte.

Die Fehler konservativer Politik in der Steiermark lassen sich fortsetzen.

So wurde von der steirischen ÖVP unsere Forderung nach dem kostenlosen Kindergartenplatz abgelehnt. Im Vorjahr wurden von der Jungen Generation mehr als 50.000 Unterschriften für ein Kinderspielplatzgesetz gesammelt, das den Bewegungsraum der heranwachsenden Jugend vor allem in den Ballungszentren gesichert hätte. Diese Unterschriften wurden von Landeshauptmann Dr. Niederl - der gerne Bürgernähe demonstriert - einfach vom Tisch gewischt.

Mangelnde Vorsorge ist auch am Sektor Schulbau ersichtlich. Nicht selten bewirkt in ÖVP-Gemeinden eine sorglose Förderung, daß Schulen leerstehen oder anderen Zwecken dienen.

Manche Regionen der Steiermark leiden auch unter unzureichender ärztlicher Versorgung. Trotzdem aber warnt der ÖVP-Abgeordnete Dr. Piaty als Ärztekammerpräsident die jungen Menschen vor dem Medizinstudium.

Ein besonderes Kapitel fehlender Mitsprache ist die Personalpolitik. Während ein von den Sozialisten vorgeschlagener Kandidat in Österreich Bundespräsident werden kann, hat er in der Steiermark kaum eine Chance, Straßenarbeiter oder Krankenpfleger zu werden. Derartige feudale Prinzipien der Huld gelten auch bei der Vergabe von Förderungsmitteln.

Mit den Leitlinien für die Steiermark hat die steirische SPÖ ein breitgefächertes Arbeitsprogramm bis weit in die achtziger Jahre beschlossen.

Wir steirische Sozialisten sehen Unser Land als eine gemeinsame Einheit. Die Steiermark kann und darf nicht einer Partei gehören. Sie ist unser aller Heimat, für die es sich wahrlich lohnt, zu arbeiten.

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