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Volksanwälte auch für die Steiermark

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FURCHE: In der Steiermark wird zur Zeit eine Novellierung der Landesverfassung beraten. Wird es dabei auch zur Einfuhrung von Volksbegehren und Volksabstimmung kommen, wie es in den meisten anderen Bundesländern bereits der Fall ist?

NIEDERL: Wir sind in Verhandlung mit den anderen im Landtag vertretenen politischen Parteien. Wir haben uns in den meisten Bereichen bereits geeinigt. Ich nehme an, daß die neue Landesverfassung noch im heurigen Jahr einstimmig beschlossen werden kann. Neu in der Landesverfassung werden das Volksbegehren und die Volksabstimmung verankert sein. In besonderer Form wird in der Landesverfassung der Umweltschutz hervorgehoben werden, womit wir unterstreichen wollen, daß diese wichtige Zielsetzung Landessache ist. Dann geht es um die Verbesserung der Kontrollrechte durch einen neuen Status für die Kontrollabteilung.

FURCHE: In der bisherigen Diskussion war auch davon die Rede, daß das Land Steiermark einen eigenen Ombudsmann, ähnlich der auf Bundesebene installierten Volksan-waltschaft, einsetzt.

NIEDERL: Die Einführung der Volksanwaltschaft ist auch ein wichtiger Punkt. Dabei werden wir wahrscheinlich so weit kommen, daß nicht im Land eine eigene Volksanwaltschaft eingerichtet wird, sondern daß die Bundesvolksanwälte auch für die Steiermark zuständig sein werden. So eine Lösung gibt es ja bereits im Land Salzburg.

Vorher aber müssen die Volksanwälte einmal nach Graz kommen, ich hab' sie eingeladen dazu, damit sie der Landesregierung und den Klubobmännern des Landtags vortragen können, wie das funktionieren sollte. Wie es jetzt aussieht, werden die Volksanwälte in Graz bestimmte Sprechtage abhalten, wofür ihnen von der Landesregierung ein geeigneter Raum zur Verfügung gestellt wird. Wir werden deshalb die Bundes-Volksanwälte auch für die Steiermark übernehmen, weil die Landesbürger in der Regel ja nicht beur-teüen können, und es ihnen in der Regel auch gleichgültig ist, ob ein Problem, von dem sie betroffen sind, in die Kompetenz des Bundes, des Landes oder einer Gemeinde fällt.

FURCHE: Wie stellt sich in der Steiermark nach den Landtagswahlen vom Herbst und nach den Nationalratswahlen vom 6. Mai die politische Zusammenarbeit mit der SPÖ dar? Gibt es das vielbesprochene steirische Klima“ noch?

NIEDERL: Manche wollen das steirische Klima recht gerne totbeten, aber in Wirklichkeit ist es wichtig und notwendig. Wir haben im Interesse der steirischen Bevölkerung eine traditionell gute Zusammenarbeit in der Landesregierung genauso wie im Landtag. Es gibt eine Reihe von Schwerpunkten, die gemeinsam in Angriff genommen worden sind und positiv abgeschlossen wurden und werden.

Ich erinnere an die Krankenanstaltengesetz-Novelle, an die Landesverfassung, wir haben jetzt das Landes-feuerwehrgesetz in Beratung und das Berufsschulorganisationsgesetz, wo wir volle Einigung erzielen. Wir haben in den ersten sieben Monaten dieser Legislaturperiode im Landtag bereits 102 Beschlüsse gefaßt, darunter elf Gesetzesbeschlüsse. Die Zusammenarbeit ist gut und das steirische Klima besteht.

FURCHE: Ist die Zusammenarbeit mit der Bundesregierung auch so friktionsfrei?

NIEDERL: Mit der vergangenen Bundesregierung haben wir eine gute Zusammenarbeit gehabt, das möchte ich ausdrücklich feststellen. Wir haben uns respektiert und natürlich Konfrontationen gehabt, wo immer dies notwendig war. Wir haben unseren steirischen Standpunkt vertreten und diesen auch durchgesetzt.

Ich denke hier an den Autobahnbau, an die Süd- und Pyhmautobahn, ich denke an das Projekt Aichfeld-Murboden, an • verschiedene Betriebsansiedlungen, ich denke an die Grenzlandförderung, wo wir den Bund nachdrücklichst aufgefordert haben, Maßnahmen zu ergreifen. Wie es mit der neuen Bundesregierung gehen wird, werden wir noch sehen.

FURCHE: Die Spitalserhaltung stellt in allen Ländern ein traditionelles Problem dar, weil die Krankenhäuser in besonders hohem Ausmaß

die Landesbudgets belasten. In der Steiermark will man in dieser Problematik neue Wege gehen. Welche?

NIEDERL: Das ist richtig. Es ist das ein ganz großes Problem in den Ländern. Der Ausgabenrahmen bewegt sich um die Drei-Milliarden-Grenze, fast eine Milliarde beträgt der Abgang bei den Spitälern. Wir haben ja in der Steiermark von 30 Spitälern 20 Landeskrankenhäuser.

Die 4. Krankenanstaltengesetz-Novelle wird zur Zeit beraten. Hier geht es weniger um die Organisation als mehr um Fragen der Bettenkapazität, es geht um die besonderen Gebühren usw. Aber wir haben vor, daß wir auch die Organisation als solche ändern und einen selbständigen Wirtschaftskörper machen. Das würde bedeuten, daß die Agenden der Krankenhaus-Verwaltung vom Land getrennt werden, wobei allerdings die Bediensteten Landesbedienstete bleiben. Ein modernes Management soll dann nach diesem Modell die Betriebsführung übernehmen.

FURCHE: Daß Spitäler Gewinne machen ist ja weder denkbar noch wünschenswert. Aber wird dann das Defizit ein geringeres sein?

NIEDERL: Ich muß dazu sagen, der Betriebserfolg eines Spitales hegt ja nicht darin, daß Gewinne gemacht werden, sondern daß der Patient optimal versorgt wird. Freilich ist es wünschenswert, daß das Defizit verringert wird. Wenn sich die Krankenhäuser selbst verwalten müssen, werden sie vielleicht etwas strenger aufs Geld schauen. Als Vergleich kann man ja die Privatspitäler heranziehen. Wenn ich an die Barmherzigen Brüder in Graz etwa denke... hier sind die Abgänge bei weitem nicht so hoch.

FURCHE: im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht auch sehr oft die Frage der Primararzt-Gebühren. Sehen Sie hier Ungerechtigkeiten? Was wird unternommen?

NIEDERL: Diesbezüglich stehen die Landtagsfraktionen vor den Abschluß-Verhandlungen; es hat sich ja jetzt bereits jahrelang hingezogen. Es sind einige Hauptpunkte, um die es geht: Das ist die Bettenbegrenzung nach oben, damit eine bessere Übersicht gegeben ist. Das ist die kollegiale Führung der Krankenhäuser unter der Leitung eines Arztes - nicht eines Ökonomen. Dann geht es um die Regelung des Departement-Wesens, wie es in Graz eingeführt worden ist. Schließlich ist ein Verhandlungspunkt die Aufteilung der besonderen Gebühren.

Derzeit werden die besonderen Gebühren aufgeteilt auf den Anstaltsträger, das ist das Land Steiermark, auf die leitenden Ärzte und auf die Beihilfe leistenden Ärzte. Zu einer solchen Aufteilung kam es erstmals bereits 1920. Natürlich gibt es hier Meinungsverschiedenheiten. Die Lösung des Problems ist noch offen. Das möchte ich zugeben.

Ich möchte den Beratungen nicht vorgreifen. Allerdings bin ich auch der Meinung, daß eine gerechtere Aufteilung stattfinden soll.

FURCHE: Die siebziger Jahre waren von einer weltweiten Diskussion über Rohstoffverknappung und die Energieproblematik gekennzeichnet. Wie richtet sich das Land Steiermark diesbezüglich auf die Zukunft ein?

NIEDERL: Diese Problematik ist natürlich zum Thema Nummer 1 geworden. Ich habe vor längerer Zeit das Buch über die „Grenzen des Wachstums“ gelesen und als ich einmal darüber diskutieren wollte, wurde mir gesagt: Na, so ernst wird es nicht sein. Inzwischen deutet nichts mehr darauf hin, daß dieses Problem kein ernstes ist.

Wir in der Steiermark haben einen Energie-Koordinierungs-Ausschuß eingesetzt, in dem alle Energieträger zusammenarbeiten. Uber das Energiesparen haben die Landeshauptleute eine Vereinbarung getroffen, nach Artikel 15a der Bundesverfassung. Wir werden außerdem verstärkt darauf schauen, daß beim Wohnhausbau von vornherein energiesparend gebaut wird. Ich hoffe sehr, daß das auch Schule macht.

Wir wollen auch heimische Energiequellen weitgehend ausnutzen. In erster Linie steht die Nutzung der Wasserkraft, wir haben auch Kohle und nun auch die Versuche der Sonnenenergie. Aber hauptsächlich ist es die Wasserkraft. Im Süden von Graz wird jetzt auch noch ein kalorisches Kraftwerk errichtet, weil ja die Atomenergie nicht zur Verfügung steht. Es wird dies ein Kraftwerks-Projekt sein im Umfang von zweieinhalb bis drei Milliarden Schilling. Die Beheizung wird mit Kohle erfolgen, allerdings nicht mit inländischer, sondern wahrscheinlich mit polnischer Kohle.

Dieses Kraftwerk muß übrigens deshalb in der Nähe von Graz stehen, weil die entstehende Abwärme durch Kraftwärmekupplung für die Grazer Fernheizung genutzt werden soll. Durch die'zu vergebenden Aufträge werden fünf Jahre lang 1000 Arbeitsplätze gesichert, beim Kraftwerk selbst werden 120 Dauerarbeitsplätze geschaffen.

Wenn das Kraftwerk steht, wird der steirische Energiebedarf, einschließlich des zu erwartenden Zuwachses bis zum Jahr 2000 gesichert sein.

FURCHE: Dieses kalorische Kraftwerk ist eine direkte Konsequenz aus Zwentendorf?

NIEDERL: Es ist eine direkte Konsequenz aus der Volksabstimmung über Zwentendorf.

FURCHE: 1982 werden in der Steiermark die Ski-Weltmeisterschaften durchgeführt. Was bedeutet das für die Steiermark?

NIEDERL: Es ist das für uns ein sehr großer Erfolg. Ich glaube, daß diese Weltmeisterschaft, es ist ja nach Badgastein das zweite Mal, daß ein österreichisches Gebiet diese Weltmeisterschaft bekommt, eine ungeheure Umwegsrentabilität hat. Die Weltmeisterschaft macht nicht nur Schladming oder die Region bekannt, sondern sie ist für ganz Österreich wichtig.

(Mit Landeshauptmann Friedrich Niederl sprach Alfred Grinschgl.)

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