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„Kein Engpaß in der Energieversorgung!“

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FURCHE: Herr Landeshauptmann, nach der Volksabstimmung vom 5. November wird nun das Kernkraftwerk Zwentendorf nicht in Betrieb gehen. Was sollte Ihrer Meinung nach mit dem Kraftwerk geschehen?

MAURER: Es ist ein Votum der Bevölkerung gegeben worden. Das hat „Nein“ geheißen. Damit ist für mich an sich diese Ära erledigt, und es werden sich die Fachleute den Kopf zerbrechen müssen, in welcher Form eine Verwertung vorgenommen wird.

FURCHE: Heißt das, daß das Kernkraftwerk „eingemottet“ oder daß es überhaupt abgetragen werden soll?

MAURER: Unter dem Begriff „Einmotten“ versteht man, daß es so stehenbleiben soll, wie es jetzt ist, und erhalten werden soll...

FURCHE: Um es jederzeit in Betrieb nehmen zu können?

MAURER: Um es zum gegebenen Zeitpunkt, wenn die Dinge sich geändert haben, in Betrieb zu nehmen. Auf Grund der Volksabstimmung halte ich dafür, daß das nicht eintritt. Es ist letztlich die Frage, ob es wirklich möglich ist, dieses Kernkraftwerk in ein kalorisches Werk umzubauen.

Wenn es so ist, daß neue Bauten wesentlich büliger kommen und zweckentsprechender, umweltfreundlicher sind, dann kann sich wahrscheinlich niemand entschließen, die Bauten des Kernkraftwerkes tatsächlich zu verwenden. Ich glaube, daß hier die Richtung auf eine Abrüstung des Kernkraftwerkes gehen müßte.

FURCHE: Kann Niederösterreich auf den Strom, den Zwentendorf hätte liefern sollen, verzichten? Oder wird man jetzt die Donaukraftwerke: vorantreiben? Wird es vielleicht sogar ein Kraftwerk Dürnstein geben?

MAURER: Die Gesamtversor-gungssituation Niederösterreichs hat an sich mit den Donaukraftwerken - außer im Gesamtrahmen und mit einer Beteiligung Niederösterreichs an einem Donaukraftwerk - nichts zu tun. Der Ausbau der Donau wird seit Jahren kontinuierlich durchgeführt, das heißt, alle drei Jahre entsteht ein Kraftwerk. Techniker und Fachleute sagen, daß dieses Tempo nicht vorangetrieben werden kann, weil es das maximale Tempo ist, das man verkraften kann. Das heißt, in einem Zeitraum von zehn oder zwölf Jahren wird die Donau voll ausgebaut sein.

In der Energieversorgung Niederösterreichs wird voraussichtlich auch ohne Kernkraftwerk kein Engpaß entstehen, weil die vorhandenen Anlagen in der Erzeugung von Energie ausreichend sind, daß mehr Kapazität abverlangt werden kann.

FURCHE: Und im Bereich Dürnstein wird es kein Kraftwerk geben?

. MAURER: Diese Frage wurde zwei Experten vorgetragen. Die Gutachten hegen heute vor, was sie vorschlagen betreffend den Ausbau der Donau in diesem Bereich. Die Auswertung dieser Gutachten hegt noch nicht vor.

FURCHE: Man hört immer, bis zum Jahre 1981 müsse Niederösterreich 50.000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen...

MAURER: Die jüngsten Untersuchungen haben ergeben, daß wir bis zum Jahre 1986 zirka 70.000 zusätzliche Arbeitsplätze benötigen neben den bestehenden. Nun ist bekannt, uns macht die wirtschaftliche Entwicklung größte Sorgen. Denn auch in Niederösterreich gibt es ja Schwierigkeiten in größeren Betrieben, wie beispielsweise bei Eumig, bei den Glanzstoffwerken - dazu

kommt noch eine Anzahl kleinerer Betriebe, die in Schwierigkeiten sind.

FURCHE: Wieviel kann da das Land machen und wo muß der Bund eingreifen?

MAURER: Das ist natürlich vorwiegend eine Bundesaufgabe, weil ja uns für diese Zwecke relativ wenig Mittel zur Verfügung stehen. Aber wir haben Betrieben Landeshaftung gegeben. Es könnte die Gefahr bestehen, daß wir bei einigen Betrieben für die Haftung zum Zahlen herangezogen werden. Die Grundtendenz kann nur darin bestehen, sichere Arbeitsplätze zu halten, nicht darin, daß man beispielsweise Betriebsabgänge ununterbrochen finanziert Da würden wir unsere Aufgabe wahrscheinlich verfehlen.

FURCHE: Nächstes Jahr sind Wahlen in Niederösterreich, es ist wieder Zeit fax Sie, Bilanz zu ziehen. Auf welche Erfolge Ihrer Landesregierung in den letzten fünf Jahren können Sie verweisen?

MAURER: Sie liegen auf verschiedenen Seiten. Es ist uns gelungen, eine Hebung des Fremdenverkehrs in Niederösterreich

zu erreichen. Das heißt, die niederösterreichische Fremdenverkehrswirtschaft war von der Rezession nicht so betroffen wie andere Bundesländer.

Im Hinblick auf den zweiten Pfeiler in diesem ganzen Getriebe - ich meine hier die Entwicklung der Wirtschaft - ist es so, daß wir für die Schwierigkeiten, die hier eingetreten sind, als Niederösterreich nicht haftbar gemacht werden können. Die Verantwortung für die gesamte Wirtschaft im Land kann weder ein Bundesland Niederösterreich noch ein anderes Bundesland tragen, sondern das ist absolut eine Sache der Bundesregierung.

Der dritte Pfeiler, die Landwirtschaft - ich glaube, es ist unübersehbar, daß die Landwirtschaft einen wesentlichen Rahmen auch der Arbeitsplatzsicherung in Nie-derösterreich einnimmt Ich denke daran, daß wir vom Land her viele finanzielle Ausfälle des Bundes übernehmen mußten, oder es wäre zu einer Katastrophe gekommen.

Zusammenfassend: Das Ziel, das wir uns als Landesregierung gestellt haben, das Programm, das wir der Bevölkerung als Wahlprogramm vorgestellt haben, das haben wir jedenfalls erfüllt und in manchen Sparten überboten.

FURCHE: Es steht derzeit nach Mandaten 31 :25 im Landtag. Können Sie jetzt schon Ihr Wahlzielfür das nächste Jahr bekanntgeben?

MAURER: Kurz und bündig ist natürlich unser Wahlziel, diese 31 Mandate zu halten und darüber hinaus auch zu versuchen, den Stimmenvorsprung von ungefähr 70.000 Stimmen ebenfalls zu halten

FURCHE: Werden Sie die gesamte kommende Legislaturperiode als Landeshauptmann weiteramtieren?

MAURER: Das ist eine Frage, die ich heute noch gar nicht beantworten kann, die ja vom Gesundheitszustand eines Menschen abhängt. Ich bin heute durchaus gesund, ich bin noch nicht sechzig Jahre alt Ich werde jedenfalls voraussichtlich, wenn nicht unvorhersehbare gesundheitliche Fakten eintreten, natürlich diese Periode als Landeshauptmann weiteramtieren. Die Entscheidung liegt aber auch nicht nur bei mir, sondern bei den Parteigremien.

FURCHE: Sie sind jedenfalls nach zwölf Jähren Tätigkeit als „Landesvater“ noch nicht amtsmüde?

MAURER: Davon ist überhaupt keine Rede!

Mit Landeshauptmann Andreas Maurer sprach Heiner Bo-berski.

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