6594234-1952_46_14.jpg
Digital In Arbeit

Energiewirtschaftlidie Planung

Werbung
Werbung
Werbung

Es wird jetzt schon wieder als Selbstverständlichkeit betrachtet, daß elektrische Energie jederzeit in der benötigten Menge vorhanden ist.

Ist es wirklich so selbstverständlich? Wenn wir bedenken, daß sich die elektrische Energie nicht auf Lager legen läßt wie so mancher andere Grundstoff unserer Produktion, dann werden wir verstehen,, daß eine umfangreiche Organisation zur Verfügung stehen muß, um je nach dem tages- und jahreszeitlich schwankenden Bedarf immer gerüstet zu sein. Hiezu kommt aber noch der Umstand, daß der Bedarf ständig ansteigt. Die durchschnittliche jährhche Bedarfssteigerung betrug bisher rund 10 Prozent. Es ist klar, daß es, um diesen im Tages- und Jahresablauf wechselnden und dabei ständig ansteigenden Bedarf decken zu können, einer umfangreichen Planung bedarf.

Die Voraussetzungen für den Bau neuer Kraftwerke müssen in Anbetracht der langen Bauzeit von Wasserkraftwerken so rechtzeitig geschehen, daß zum Zeitpunkt des anfallenden Bedarfes diese Kraftwerke kl Betrieb genommen werden können. Hiebei ist zu beachten, daß nicht jedes Wasserkraftwerk gleiche Eigenschaften besitzt. Es muß unterschieden werden zwischen Laufkraftwerken an Flüssen, die meist ohne wesentliche Speicherungsmöglichkeit das Wasserdarbieten so abarbeiten müssen, wie es gerade ankommt. Bei solchen Werken besteht keine Möglichkeit, die Erzeugung an die Verbrauchsschwankungen anzupassen. Sie liefern allerdings relativ billigen Strom, der zur teilweisen Deckung der sogenannten Gnindlasf, das ist jenes Bedarfes, der ständig vorhanden ist, dient. Speicherkraftwerke im Hochgebirge sind schon eine wesentlich teurere Angelegenheit. Sie haben aber auch den Vorzug, daß die Energie sozusagen auf Abruf bereitliegt — in der Form des auf möglichst hohem Niveau gespeicherten Wassers’ ist also doch eine Speicherung der Energie mög- glich — und bei einsetzendem Spitzen bedarf zur Verfügung gestellt werden kann.

Dampfkraftwerke können wohl leichter den Belastungsschwankungen folgen als Laufkraftwerke, sie haben aber im Rahmen der österreichischen Energiewirtschaft nur dann Berechtigung, wenn sie einheimische minderwertige Braunkohle verwenden, die sonst nirgends mdhr ausgenützt werden kann.

Die Planung hat nun erstens die Aufgabe, unter den gegebenen Möglichkeiten jene Projekte auszuwählen, die den Bedarfsanforderungen der nahen Zukunft möglichst entsprechen. Auf weite Sicht ist es schwer möglich, die Bedarfsentwicklung abzuschätzen, da sie sehr abhängig von Konjunkturschwankungen und sonstigen Ereignissen, die außerhalb unserer Einflußsphäre liegen, ist. Damit aber die Möglichkeit besteht, unter vorhandenen Projekten eine Auswahl zu treffen, muß zweitens unabhängig von der Planung für die „nahe Zukunft" der Wasserschatz unseres Heimatlandes ständig studiert und durchforscht werden, denn auch die technischen Möglichkeiten des Ausbaues der Wasserkräfte ändern sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt. Die zweite Art der Planung wollen wir als eine solche auf „weite Sicht" bezeichnen.

Da sich die Interessen der mit dem Ausbau der Wasserkräfte befaßten Stellen bereits überschneiden und diese daher manchenorts in einen Wettbewerb um günstige Möglichkeiten eingetreten sind, kann die Planung auf weite Sicht nur mehr von Stellen betrieben werden, die über den Einzelinteressen stehen.

Es wäre abwegig, wenn in einem Zeitpunkt, da sich bereits eine internationale Zusammenarbeit in der Energiewirtschaft zu entwickeln beginnt, lokale Interessengruppen eine eigene Strompolitik treiben würden.

Dieser Gedanke einer den Einzelinteressen übergeordneten Elektrizitätswirtschaft fand bereits im Zweiten Verstaat- lichungsgesetz aus dem Jahre 1947 seinen legistischen Niederschlag. Dieses Gesetz bestimmt grundsätzlich, daß die Versorgung der Allgemeinheit, soweit sie über die Kleinversorgung hinausgeht, nur in öffentlicher Hand sein darf. Die Bezeichnung für dieses Gesetz, nämlich Verstaatlichungsgesetz, ist nicht ganz zutreffend, da als Eigentümer der Elektrizitätsversorgungsunternehmen je nach ihrer räumlichen Bedeutung nicht nur der Bund, sondern auch — entsprechend dem föderalistischen Charakter unserer Verfassung — die Länder und die Landeshauptstädte in Betracht kommen. Andererseits wurde das gesamtstaatliche Interesse dadurch berücksichtigt, daß die Initiative zum Bau von Großkraftwerken, also deren Planung im oben dargestellten Sinn, der dem Bund allein gehörigen Verbundgesellschaft übertragen wurde. Solche Großkraftwerke gehen über die Aufgaben der Landesversorgung hinaus; sie beeinflussen durdi ihre Energieproduktion die gesamte Verbundwirtschaft und erfordern beträchtliche finanzielle Mittel. Beträge von einer halben Milliarde Schilling und darüber übersteigen ja auch schon erheblich die finanziellen Möglichkeiten einer Landesgesellschaft. Es seien nun ganz kurz einige Kraftwerke beschrieben, die im Rahmen der allerdings sehr engen finanziellen Möglichkeiten für die nähere Zukunft zur Auswahl bereitstehen.

Als erstes verdient das Donaukraftwerk Jochenstein erwähnt zu werden. Einleitende Arbeiten wurden bereits begonnen und Aufträge für die maschinelle und elektrische Einrichtung vergeben. Die Donau bildet hier die Grenze zwischen Österreich und Deutschland. Das Nutzungsrecht steht daher den beiden Partnern zu gleichen Teilen zu. Die Zusammenarbeit bringt bei diesem umfangreichen Bauwerk wesentliche Vorteile. Für Österreich wird sich ein Energie zuwachs von 460 Mio. kWh und ein Leistungszuwachs von 70.000 kW ergeben. Mit diesem Laufwerk wird das im Bau befindliche Speicherwerk Kaprun eine vorteilhafte Ergänzung finden. Der österreichische Anteil an den Baukosten beträgt rund eine halbe Milliarde Schilling.

Als ein wirtschaftlich günstiges Speicherwerk kann das Bauvorhaben im Dorfertal (Osttirol) betrachtet werden. Eine äußerst günstige Sperrenstelle in der Dabaklamm wird einen Speicherraum von 95 Mia m3 schaffen. Die Energieausbeute beträgt bei einer Leistung von 120.000 kW 313 Mio. kWh. Die Baukosten belaufen sich auf zirka 760 Mio. S.

In Vorarlberg beabsichtigen die 111- werke im Rahmen der schon bestehenden Anlagen den Lünersee zur Speicherung von 76 Mio. m3 Wasser auszubauen.

Die Ennskraftwerke finden an anderer Stelle eine eingehende Würdigung.

Als letztes sei noch ein aktuelles Projekt eines teilweisen Ausbaues der günstigen Gefällsstrecke des Inn von Prutz bis Roppen, durch welches die vorhandene Innschlinge bei Landeck abgeschnitten werden soll, erwähnt. Es handelt sich hiebei nur um einen Teilausbau. Erst nach Ausbau der Speichermöglichkeiten am oberen Inn, insbesondere auf Schweizer Gebiet, wird an einen Vollausbau gedacht.

Abschließend sei noch erwähnt, daß an der Enns, knapp vor der Mündung in die Donau, das Kraftwerk St. Pantaleon und zwischen den schon bestehenden Kraftwerken Großraming und Ternberg das Kraftwerk Losenstein sowie an der Salzach unterhalb von Kaprun das Kraftwerk Schwarzach für den Ausbau vorbereitet werden. Ebensolche Planungen werden beispielswese auch an der Drau sowie am Tiroler und am bayrisch-österreichischen Inn durchgeführt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung