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Österreich könnte ohne Energieimporte leben
Energie ist ein wichtiger Faktor zur A ufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit unserer Gesellschaft. Österreichs Versorgung mit Energie hängt sehr stark von Importen aus politisch sehr instabilen Regionen ab. Langfristig gilt es, diese Abhängigkeit abzubauen. Daher sind Überlegungen über eine möglichst weitgehend autarke Energieversorgung von großer Wichtigkeit.
An Konzepte für die zukünftige Energieversorgung werden in allen Ländern folgende zwei Forderungen gestellt werden müssen: •ökologische Gleichgewichte dürfen durch sie nicht gestört werden und •sie dürfen zu keiner Abhängigkeit von anderen Ländern führen.
Diese Forderungen können nur durch die Nutzung der Sonneheinstrahlung erfüllt werden. Für Österreich, einem Land mit relativ geringer jährlicher Sonnenstundenzahl bietet sich besonders die indirekte Nutzung der Sonnenenergie über Wasserkraft und Biomasse an.
Die Sonneneinstrahlung in Richtung Erde hat einen kaum vorstellbar großen Energieinhalt, dessen Größenordnung allerdings geschätzt werden kann. Nur etwa die Hälfte dieser Energie trifft tatsächlich auf die Erdoberfläche. Diese ist nur zu etwa 20 Prozent mit Nutzpflanzen, die Energie speichern können, bewachsen. Nimmt man einen niedrigen Wert für den Wirkungsgrad der Assimilation von nur 0,25 Prozent an, so kann man auf dieser Basis berechnen, wieviel Energie jährlich in den Nutzpflanzen der Erde gespeichert wird: Dabei kommt man auf einen Wert, der dem sechsfachen Weltenergieverbrauch des Jahres 1976 entspricht und in Zahlen ausgedrückt 54 Milliarden Tonnen (to) Steinkohleneinheiten (SKE) beträgt.
Durch Pflanzen mit besserem Assimilationswirkungsgrad wie schnellwüchsige Pappeln, Weiden, Mais, etc ... kann dieses Energieaufkommen noch erweitert werden. Hier steht also ein enormes Energiepotential, das es zu nutzen gilt, zur Verfügung.
Welche Möglichkeiten der ökologischen Eigenversorgung bieten sich in Österreich an? Es ist zunächst interessant festzuhalten, daß Österreich vor 20 Jahren immerhin noch kaum Energie importieren mußte. Es sollte daher gelingen, die seither eingetretene und m itt-lerweile erkannte Fehlentwicklung zu enormer Abhängigkeit vom Ausland zu korrigieren. \
Um Ansatzpunkte für sinnvolle Maßnahmen zu erkennen, ist es interessant, den Verlauf des österreichischen Energieflusses näher zu untersuchen. Im Jahr 1975 zeigt sich etwa, daß die Energieverluste ziemlich genau der Menge der importierten Energie entsprechen. Man muß sich vor Augen halten, daß es sich hiebei um eine Menge von 62,5 % der gesamten Energie handelt.
Wir brauchen also die Energie gar nicht wirklich, sondern sie geht auf Grund einer allzu sorglosen Verwendung verloren. Gerade darin aber liegt unsere größte Chance, da sich jede Maßnahme in Richtung auf bessere Energieverwendung sofort positiv auswirkt. Unsere Energieprobleme können daher rn drei Schritten gelöst werden:
1. Schritt: Reduzierung des Primärenergieeinsatzes um mindestens 50 % durch Energieeinsparung.
2. Schritt: Ausbau der Wasserkräfte
3. Schritt: Nutzung der Biomasse 1. Einsparungsmöglichkeiten
An Hand der Verbraucher- und Verlustschwerpunkte im österreichischen Energiefluß lassen sich kurz- und mittelfristig realisierbare Möglichkeiten der Einsparung von Nutz- und Verlustenenergie erkennen:
Maßnahmen bieten sich in den verschiedensten Bereichen an, wobei ein besonderer Schwerpunkt bei der Heizung liegt (Isolierung der Räume, höherer Wirkungsgrad und niedrigere Raumtemperaturen). Neue technische Entwicklung können die Energiezufüh-rung und Erzeugung verbessern (Kleinkraftwerke, Kraft-Wärmekoppelung, Sonnenkollektoren, usw..) oder ihre Nutzung verbessern.
Diese Maßnahmen ändern am gewohnten Komfort nichts, sondern nützen lediglich die physikalischen Erkenntnisse im Umgang mit der Energie voll aus. Auch gewisse Fehlentwicklungen im gesamten Wirtschaftsbereich, Konsum und Freizeitverhalten werden eingebremst. Bei konsequenter Inangriffnahme der aufgezeigten Möglichkeiten erscheint eine Einsparung von 20 % der Primärenergie schon irf wenigen Jahren möglich. Bis zu 70 % ließen sich wahrscheinlich in 15-20 Jahren einsparen.
Kurz notiert
Die österreichische Kommunalkredit A.G. hat im Rahmen einer Pressekonferenz ihren Geschäftsbericht 1979 vorgestellt. Mit 337 Million Schilling bewilligter Darlehen erzielte sie das bisher höchste Jahresergebnis seit ihrem Bestehen. Ihre wichtigsten Anliegen sind: Modernisierung überalteter Betriebsstätten, Förderung von Innovation und Forschung, sowie Steigerung der Ex-portfähigkeit von Unternehmen. 2. Ausbau der Wasserkräfte In Wasserkraftwerken vollzieht sich wohl die sauberste Art der Energieumwandlung in Österreich. Sie liefern zirka 12 % der Primärenergie, entsprechend 3,6 Mill. to SKE. Der maximal mögliche Ausbau der Wasserkräfte in Österreich wird auf mehr als das Doppelte geschätzt.
Das Hauptproblem beim Ausbau der Wasserkräfte ist die Veränderung von für den Naturfreund und -Schützer besonders interessanten Gebieten. Andererseits sind aber zum Teil auch reizvolle Erholungszentren dadurch geschaffen worden. In Zusammenarbeit mit den Naturschutzverantwortlichen muß hier die richtige Wahl getroffen werden.
Unter Berücksichtigung der derzeit als ausbauwürdig angesehenen Kapazitäten ließe sich die Wasserkraft mittelfristig auf zirka 5 Mill. to SKE erweitern. Da der erste Schritt eine Senkung des Primärenergiebedarfes mittelfristig auf 9 Mill. to SKE/Jahr in Aussicht stellt, bleibt nach Abzug der möglichen Wasserkräfte eine Energie von ca. 4 Mill to SKE jährlich. Mittelfristig wäre sie nur durch Nutzung der Biomasse zu decken.
3. Nutzung der Biomasse
In der Land- und Forstwirtschaft wird ein Teil der Biomasse nicht genutzt. Es handelt sich vor allem um die sogenannte Abfallbiomasse, wie Zweige, Äste, Wurzeln, Baumstümpfe, Rinde, Sträucher, Stroh und Maiskolben. Die Abfallbiomasse könnte, eine entsprechende Organisation (neue Arbeitsplätze) vorausgesetzt, sofort ohne Konkurrenzierung anderer Branchen, verwendet werden.
Der Einwand, die Abfälle dürfen nicht genützt werden, da sie einen wertvollen Dünger darstellen oder zur Bodensicherung dienen, stimmt nur bedingt. Denn viele Abfälle werden derzeit aus produktionstechnischen Gründen im Wald oder auf den Feldern unrationell verbrannt (kostenaufwendig vernichtet).
Die Ernte von Baumstümpfen und großen Wurzeln wird in Skandinavien und Ubersee versuchsweise betrieben. Sie war bei uns noch vor 20 Jahren im flacheren Gelände durchaus üblich, wurde jedoch aus Kostengründen bzw. wegen des Angebotes billigerer Energieträger eingestellt. Im steilen Gelände wäre eine Stumpf- und Wurzelnutzung nur mit aufwendigen, bodensichernden Ersatzmaßnahmen möglich.
Im Krisenfall wird man die Holzexporte stoppen und auch die schwerer bringbaren Abfälle nutzen.
Es ist selbstverständlich, daß einer umfassenden Nutzung der Biomasse für Energiezwecke die Erforschung des unbedingten Bedarfs der Böden an organischen Dünger (zur Aufrechterhaltung der Humusschichten und des Bodenlebens) sowie der optimalen Mineralienkreisläufe, vorauszugehen haben.
Die Abbildung gibt einen Überblick über die Nutzungsmöglichkeiten der Biomasse. Sie zeigt, daß eine Deckung des österreichischen Energiebedarfs aus eigenen regenerierbaren Quellen grundsätzlich durchaus möglich erscheint, in erster Linie aber von der konsequenten Durchführung des ersten Schrittes, der besseren Energienutzung abhängt. Ohne diesen ersten Schritt besteht wenig Hoffnung, uns in Zukunft aus eigenen erneuerbaren und ökologisch unbedenklichen Quellen mit Energie zu versorgen.
(Univ.-Doz. Dr. August Raggam ist Oberassistent an der Technischen Universität in Graz)
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