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von morgen: und wirksam

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Wieso kommen diese sinnvollen Lösungen nicht zustande? Ein Versagen der Marktwirtschaft? Durchaus nicht, wenn- wir uns klarmachen, daß nicht alle Probleme über den Markt zu lösen sind. Vieles bedarf der politischen Wegweisung.

Daher sprechen wir ja auch von der Sozialen Marktwirtschaft. Diese vertraut nicht nur auf Angebot und Nachfrage, sondern setzt deren Spiel einen festen Rahmen. Und um diesen Rahmen geht es auch bei einer zukunftsträchtigen Energiepolitik.

Auf eine neue Schwerpunktset-zung müßten wir uns möglichst rasch demokratisch einigen. Verwirklichen ließe sie sich dann durchaus im Rahmen unseres Systems, das dem einzelnen eine möglichst große Entscheidungsfreiheit einräumt.

Worum geht es also? In der Marktwirtschaft wird der Wert eines Gutes im Preis ausgedrückt. Wertvolles kostet viel. Bei Energie und Umwelt stimmen jedoch Wert und Preis heute nicht überein. Energievergeudung und Umweltverschmutzung kosten viel zu wenig im Vergleich zum Schaden, den sie anrichten. Diese Lücke gilt es zu schließen.

Dies geschieht am besten durch die staatliche Steuerpolitik, und zwar durch eine Umschichtung der Besteuerung. Statt wie bisher das Einkommen hoch zu besteuern, könnte man ebensogut dieselben Mittel durch Energiebesteuerung hereinbringen. Uber die Folgen solcher Umschichtungen gibt es ausführliche Untersuchungen (FURCHE 50/1985).

Eine solche Umschichtung würde die Arbeit verbüligen (günstig in einer Zeit mit vielen Arbeitslosen) und die Energie verteuern. Je mehr diese kostet, umso rentabler werden aber energiesparende Investitionen. Das gilt besonders auch für den Verkehrssektor.

Wird der Kraftstoff teurer, so erhöht sich die Attraktivität der öffentlichen Verkehrsmittel -vorausgesetzt, ihr Angebot wird verbessert, vor allem im Nahverkehr. Mit demselben Energieaufwand kann man nämlich sieben Personen im Autobus, 14 in Straßen-, Schnell- oder U-Bahn, aber nur eine Person im PKW befördern.

Wieviel Umweltverschmutzung könnten wir uns außerdem ersparen, wenn Autos mit geringem Kraftstoffverbrauch und hoher Abgasreinigung beim Kauf begünstigt würden: Statt einheitlich 32 Prozent Mehrwertsteuer auf Autos einzuheben, könnte man eine Staffelung einführen.

Ähnliche Überlegungen gelten für Stromtarife. Je mehr einer verbraucht, umso weniger zahlt er heute (etwa das Aluminium werk Ranshof en, das rund zehn Prozent des Industriestroms verbraucht). Ein progressiver Stromtarif würde hingegen die Großverbraucher zum Sparen animieren, und Elektroheizungen wären im Vergleich zur Fernwärme, die steuerlich zu begünstigen wäre, unattraktiv.

Die Bereitschaft, sich an ein Fernwärmenetz anzuschließen, könnte auch dadurch erhöht werden, daß Luftverschmutzung durch Hausbrand Rechnung getragen wird: Wer ungefiltert Rauch in den Himmel bläst, wird zur Kassa gebeten. Das schränkt niemandes Freiheit ungebührlich ein. Vielmehr nehmen sich heute die Luftverschmutzer zu Unrecht die Freiheit heraus, unsere Wälder und sonstiges Volksvermögen zu zerstören.

Weil wir die Auslandsabhängigkeit bei Energie verringern wollen, sollte die Besteuerung nach inländischer und ausländischer Provenienz unterscheiden: Steinkohle, Erdöl und Erdgas, die zum Großteil importiert werden, sollte man besonders stark verteuern.

Dadurch würden die Entwicklung und der Einsatz von Alternativtechnologien inländischer Herkunft erst rentabel: Die Verwen dung von Holz, Holzabfällen, Stroh, der Einsatz von Biosprit und pflanzlichen ölen würde ökonomisch attraktiv (laut Schätzungen des „Grünen Energiekonzepts für Österreich“ könnten bis zu 20 Prozent des Endenergieverbrauchs auf diese Weise gedeckt werden). Und außerdem fiele die Uberschußproduktion der Landwirtschaft weg.

Diese erneuerbaren Energiequellen sollten ebenso wie die direkte Auswertung der Sonnenenergie als Forschungsschwerpunkte gezielt gefördert werden. Wie viele Gelder wurden doch weltweit ohne Rücksicht auf Rentabilität in die Atomforschung gesteckt! Sollte uns die Umrüstung auf erneuerbare und umweltverträgliche Energiequellen diese Anstrengung nicht wert sein?

Mittelfristig gilt es, Energie effizienter zu nützen, nicht mehr zu vergeuden und sparsamer einzusetzen. Damit läßt sich der Verbrauch so weit reduzieren, daß der Rückgriff auf inländische, erneuerbare Energiequellen (die in der Zwischenzeit zu entfalten sind) langfristig unsere Versorgung sicherstellt.

Der Schlüssel zu all dem ist eine dramatische Verteuerung der Energie. Erst sie wird uns zu sparsamem Umgang und wirksamer Nutzung erziehen. Das geht ganz ohne staatliche Gängelung der Wirtschaft. Es genügt, die Tatsache wiederzuentdecken, daß man mit Steuern steuern soll.

Das würde einen Weg eröffnen, auf dem bis zum Jahr 2000 selbst bei steigender Nachfrage nach Energiedienstleistungen bis zu ein Fünftel des Energieverbrauchs eingespart werden könnte (Berechnungen der österreichischen Gesellschaft für Ökologie).

Literaturhinweise:

SANFTE ENERGIE. Von Amory Lovins. Rowohlt-Verlag, Reinbek bei Hamburg 1978. ENERGIE-WENDE. Von Florentin Krause, Hartmut Bossel und Karl-Friedrich Müller-Reißmann. S. Fischer-Verlag, Frankfurt 1980. DIE GIGANTISCHE VERSCHWENDUNG. Von Frank Haenschke und Gerd Schuster. Kindler-Verlag, München 1982.

ENERGIE 2030 - DER SANFTE WEG. Eine umweltfreundliche Variante der künftigen Energieversorgung Österreichs. Osterreichische Gesellschaft für Ökologie, Wien 1984.

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