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Sparen im Staatenverbund

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Der internationale Stromaustausch ist ein Beispiel dafür, daß ökonomische Überlegungen und ökologischer Nutzen vereinbar sind und praktiziert werden. Wegen seiner Grenzen im Osten und Westen nimmt unser Land im internationalen Stromverbund als Stromdrehscheibe Europas eine Sonderstellung ein. In Dürnrohr können, erstmals in Mitteleuropa, das ost- und das westeuropäische Verbundnetz — obwohl sie nicht synchron arbeiten — zusammengeschlossen werden. Weitere „Gleichstromkurzkupplungen“ zu tschechischen und ungarischen Knotenpunkten werden projektiert.

Die Verbindung mit dem tschechoslowakischen Verbundnetz in Dürnrohr war Voraussetzung für langfristige Stromlieferungsverträge mit Polen und der Sowjetunion, die bisher stets voll erfüllt wurden. Österreich erspart sich damit zunächst den Bau eines weiteren kalorischen Großkraftwerkes.

Wir haben gelernt, mit Energie sparsamer umzugehen. Aber Rückgang des Gesamtenergieverbrauches ist nicht gleichbedeutend mit Abnahme des Stromverbrauchs, weil in vielen Fällen elektrische Energie weniger wirtschaftliche Energieformen abgelöst hat. Zum Beispiel spart eine elektrische Wärmepumpe, richtig eingestellt, ein Vielfaches an fossiler Energie.

Der steigende Strombedarf bedingt nicht nur zusätzliche Kraftwerkskapazitäten, sondern auch mehr Stromimporte. So wurden 1984 noch 5.400 Gigawattstunden importiert, 1985 bereits 6.051. Die Stromimporte haben mit etwa 12 Prozent dreimal so stark zugenommen wie der Stromverbrauch mit 4,2 Prozent.

Der steigende Bedarf an importierter Energie und die Preisschocks von 1973 und 1979 schlugen sich in gravierenden Belastungen der Zahlungsbilanz nieder, 1981 in der Höhe von 62 Milliarden Schilling und im Vorjahr 64 Milliarden. Von 1973 bis 1984 schnellte die Energieimportrechnung von 10 auf 60 Milliarden, also um 500 Prozent hinauf, während der gesamte Primärenergieverbrauch nur um 5 Prozent stieg. Nicht nur in Österreich, in allen westlichen Industriestaaten stagniert oder sinkt der Energieverbrauch. Der Stromverbrauch steigt hingegen infolge der Zunahme der Substitutionsprozesse und wegen des anhaltenden Nachholbedarfs gegenüber hochentwickelten Industriestaaten.

Das ursprüngliche Konzept der österreichischen Elektrizitätswirtschaft sah die Nutzung der heimischen Wasserkräfte und den Einsatz der Kernenergie vor. Nach dem Verbot der friedlichen Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung mußte dieses Konzept umgearbeitet werden. Da Österreich durch seinen Beitritt zur Internationalen Energieagentur die Verpflichtung zur Reduktion des ölverbrauches übernommen hatte, blieben nur noch Gas, Kohle und die Wasserkraft.

Im nunmehrigen Ausbaukonzept hat die Wasserkraft als einziger inländischer Rohenergieträger von Bedeutung Priorität. Darüber hinaus kommt es zum Einsatz inländischer Braunkohle sowie ausländischer Steinkohle. Der Einsatz von Gas in bestimmten Bereichen ist ebenfalls einge-' treten.

Unsere spärlichen Vorräte an Erdöl und Erdgas neigen sich dem Ende zu. Unter der Voraussetzung, daß keine neuen Vorkommen entdeckt werden und die Förderung gleichbleibt, reichen die Vorräte an Erdgas noch etwa sechs bis zehn Jahre, Erdöl noch zehn bis fünfzehn Jahre, auch die inländischen Vorkommen an Braunkohle nur noch 20 bis 25 Jahre.

Allein die bereits ausgebaute Wasserkraft (rund 30.000 Gigawattstunden pro Jahr) erspart jährlich den Import von 6,6 Millionen Tonnen Heizöl schwer. Das entspricht 20 Milliarden Schilling oder 330.000 Waggons zu 20 Tonnen, einem Zug von etwa 5000 Kilometer Länge.

Welche Bedeutung die Wasserkraft für einen erschwinglichen Strompreis hat, kann man aus den niedrigen Erzeugungskosten der alten Kraftwerke ersehen. Hier wirkt sich positiv aus, daß insbesondere die westlichen Bundesländer auch in Zeiten des „billigen Öls“ am Wasserkraft-Ausbau festgehalten haben. Daraus resultiert das heutige innerösterreichische Ost-West-Gefälle beim Strompreis.

Die Elektrizitätswirtschaft baut Kraftwerke, weil sie verpflichtet ist, ausreichend und kostengünstig den Strom bereitzustellen, den der Konsument verlangt, zu jeder Stunde, an jedem Ort. Diese Verpflichtung ist gesetzlich klar geregelt.

Das derzeitige Koordinierte Kraftwerksausbauprogramm basiert nicht mehr auf einer Zuwachsprognose von sieben Prozent wie in den frühen siebziger Jahren, sondern im Durchschnitt auf drei Prozent jährlich in den nächsten zehn Jahren. Es wäre für die Elektrizitätswirtschaft sicher leichter, müßte sie nicht bauen. Nur müßte sie dann aus der Bedarfsdeckungspflicht entlassen werden. Als Alternative würde sich dann eine strenge Strombewirtschaftung ergeben.

Der Autor ist Pressesprecher des Verbandet der österreichischen Elektrizitätswerke.

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