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Eine Bohrplattform -zwei Kernkraftwerke

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„Werden wir in zehn Jahren noch mit dem Auto fahren?" Die Frage steht für die Frage nach unserer Energiezukunft überhaupt. Wie wird es weitergehen? Werden wir auf jene uns so angenehme Bequemlichkeit namens Auto verzichten müssen, die uns wie die unbeschränkt vorhandene Energie selbstverständlich erscheint?

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„Werden wir in zehn Jahren noch mit dem Auto fahren?" Die Frage steht für die Frage nach unserer Energiezukunft überhaupt. Wie wird es weitergehen? Werden wir auf jene uns so angenehme Bequemlichkeit namens Auto verzichten müssen, die uns wie die unbeschränkt vorhandene Energie selbstverständlich erscheint?

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Nach am Welterdölkongreß 1979 in Bukarest vorgelegten Zahlen, können wir bei Erdöl mit 113 Milliarden Tonnen an bestätigten und weiteren 134 Milliarden Tonnen an vermuteten Reserven rechnen. Dazu kommen die derzeit bekannten Reserven an Ölschiefern bzw. Teersanden sowie jene Vorräte an fossiler Energie, die eine Substitutionsrolle für Erdöl übernehmen könnten. Bei Erdgas kann man mit 72.000 Milliarden Kubikmetern an bestätigten und 200.000 Milliarden an vermuteten Reserven rechnen. Bei Kohle, die allgemein als unerschöpfliche Energiequelle gilt, nach einer Studie der Montanuniversität Leoben mit Vorräten von 600 Milliarden Tonnen.

Diese Vorräte könnten, geht man nur von der Reservelage aus, bei vernünftiger Nutzung - der derzeitige Weltverbrauch beträgt allein bei Erdöl 3 Milliarden Tonnen im Jahr -weit in das nächste Jahrhundert hinein zur Verfügung stehen. Der eigentliche Krisenfaktor liegt weniger im Nichtvorhandensein von Reserven als in deren Verfügbarkeit.

Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß die Staaten des OPEC-Kartells heute 70 Prozent der Welterdölexporte kontrollieren und rund 60 Prozent der bekannten heute wirtschaftlich förderbaren Reserven in ihrem Bereich liegen. Genaue Voraussagen für die politischen Kriterien, die die ölförderpolitik dieser Länder in hohem Maße beeinflussen, können schwer getroffen werden.

Diese auf den ersten Blick so unangenehme Abhängigkeit hat aber auch Vorteile, die eng mit der technologisch-wirtschaftlichen Komponente sowie mit unserer Hoffnung auf Alternativenergien zusammenhängen.

In der Tat bringt uns jeder Versuch, dieser Abhängigkeit zu entrinnen, nahe an die Grenzen unserer technologischen Kapazität und darüber hinaus. Die dafür in Frage kommenden bekannten und vermuteten Reserven müssen zum größten Teil unter sehr schwierigen Bedingungen gesucht und gefördert werden. So kostet eine der modernsten Produktionsplattformen im norwegischen Teil der Nordsee rund 18 Milliarden Schilling, das entspricht fast den Kosten für zwei Atomkraftwerke vom Typ Zwentendorf. Der Kapitalbedarf der Erdölindustrie zwischen 1970 und 1985 liegt angesichts solcher Projekte bei rund 12.000 Milliarden Schilling.

Alle derzeit bekannten sogenannten Alternativenergien werden sehr kostenintensive Energieformen darstellen und uns erst in einiger Zeit zur Verfügung stehen. Ihre Entwicklung unterliegt wirtschaftlichen Überlegungen, die eng mit dem ölpreis verknüpft sind. Darüber hinaus werden diese Energieformen sicherlich nicht sofort zu einer lückenlosen Substituierung des Erdöls als Energieträger führen.

Die wichtigste Alternative jedoch ist die sinnvolle, kreative Verwertung vorhandener Energie. Hier gibt es auch auf dem Automobilsektor bereits durchaus verwertbare Ergebnisse. Die größeren „Sparziele" freilich setzt sich die Industrie im Rahmen der „Entkoppelung" (dem Verhältnis von Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch), und auch bei der Raumheizung kann es zu beträchtlichen Einsparungen kommen, ohne daß wir auf etwas verzichten müßten.

Der Vorstandsvorsitzende der deutschen Mobil Oil AG prägte das Wort vom „geordneten Rückzug aus dem Erdöl". Gemeint ist die sinnvolle Verwertung von Erdöl in den nächsten Jahren in Bereichen, in denen es (noch) nicht substituierbar ist, also etwa im Verkehr. Dafür wäre es notwendig, stationäre Kraftwerke z. B. auf Kohle umzustellen und das dadurch freiwerdende Schwere Heizöl weiter zu verarbeiten. Investitionen für verbesserte Raffinerieausbeuten sind sehr hoch; so wird die deutsche Mineralölwirtschaft in den nächsten Jahren über 10 Milliarden Schilling in verbesserte Konversionsanlagen investieren. Auch die ÖMV plant die Errichtung einer solchen Anlage. Investitionen, die natürlich in den Preis des Produkts mit eingehen müssen.

Diesen Überlegungen würde ich nun gerne den Satz „Erdöl - die beste Alternative" hintanstellen. Die beste Alternative dann, wenn sie unter der Devise sparen, bohren und allmählich substituieren und den Implikationen auf der Kostenseite existieren kann. Es ist wirtschaftlich sinnlos, Kohle zu verflüssigen, solange stationäre Kraftwerke mit Heizöl statt Kohle betrieben werden. So kann und muß die Frage „Autofahren - wie lange noch?" mit einem eindeutigen „noch sehr lange" beantwortet werden. Für das Auto und Bereiche wie etwa die Chemie ist öl die einzige Alternative. Freilich muß auch verstanden werden, daß diese Produkte nur dann zur Verfügung gestellt werden können, wenn sie einen angemessenen Preis erzielen.

Obwohl Österreich einen Teil des Rohöls selbst fördert, ist es doch in überwiegendem Maße, nämlich zu 85

Prozent, von Importen abhängig. (Anteil des Mineralöls am Energiebedarf: 47 Prozent.) Eine Insel der Seligen kann es also im Energiebereich und speziell im Bereich der Mineralölversorgung nicht geben.

Dieser Erkenntnis wird sich auch die österreichische Energiepolitik anschließen müssen. Wie jedes andere und vor allem jedes knappe Gut, muß auch Energie ihren Preis haben. Ebenso ist es auf lange Sicht für Österreichs Energieversorgung sicherlich sinnvoller, eine betriebswirtschaftlich gesunde Mineralölwirtschaft zu erhalten, als über niemals genau definierte I.volkswirt-schaftlich gerechtfertigte Preise" dieser Industrie die Mittel für die notwendigen Investitionen, die nur in weltweitem Rahmen sinnvoll sein können, zu entziehen.

(Dr. Friedrich Ebeling ist Generaldirektor der Mobil Oil Austria und Sprecher der Mineralölfirmen in Österreich)

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