Besser leben mit weniger Energie!

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Angesichts der Klimaerwärmung und des Gasstreites der letzten Wochen wird der Ruf nach Atom- und Wasserkraft immer lauter. Die Zukunft liegt jedoch im Stromsparen.

Die Krise als Chance begreifen, Veraltetes und Rückwärtsgewandtes loslassen können, den Wandel in eine gute Zukunft einleiten … ein schöner Gedanke! Die aktuellen Krisen von Finanzen bis Erdgas begleiten allerdings andere Phänomene - Angst, Panik, Fehlreaktionen: Wir klammern uns an nicht mehr zeitgemäße Verhaltensweisen, kontraproduktive Interventionen werden gesetzt, oft empfohlen von Zeitgenossen, die nur auf kurzfristigen Gewinn orientiert sind.

Dies zeigt die globale Finanz- und Wirtschaftskrise: Zig Milliarden sollen ihre Verursacher oder maßgeblich Beteiligten unterstützen - zum Beispiel die Banken oder eine Autoindustrie, die ungeachtet der Zeichen der Zeit weiterhin klimaschädliche energiefressende Vehikel, "Saurier" gewissermaßen, produzieren will.

Auch die aktuelle Gaskrise wird von Möchtegern-Krisengewinnlern genutzt, um uns ihre zukunftsschädlichen "Lösungen" zu empfehlen.

Scheinlösungen von Atom- …

Die Atomlobby wittert Höhenluft - obwohl Atomenergie nach wie vor nicht billig, nicht sauber, nicht sicher und nicht auf Dauer verfügbar ist. Tatsächlich ist Atomkraft nicht erneuerbar (folgt man ihren Proponenten und manchen Prognosen auch renommierter Institute, so wären in kurzer Zeit hunderte Atomkraftwerke zu bauen und daher der Brennstoff rasch verbraucht).

Dass AKWs nicht sicher sind, sollte seit Tschernobyl allgemein bekannt sein. Die Dramatik eines Unfalls im dicht bevölkerten Zentrum Europas wäre noch vielfach höher. Dass friedlicher und kriegerischer Einsatz "verwandt" sind (Iran!), steigert die Sicherheit nicht. Neben den außerordentlichen Gefahren der Radioaktivität entstehen durch die vermeintlich saubere Atomenergie auch zahlreiche gefährliche Chemikalien. Schließlich ist sie nicht einmal CO2-frei.

Übrig bleibt das Argument mit dem Preis. Jedoch, der Trick des billigen Atomstroms ist es, schwer kalkulierbare Kosten gar nicht einzunehmen und kommenden Generationen aufzubürden. Das Wuppertal Institut kommt auf Kosten von ca. zwei Euro pro Kilowattstunde, wenn die Risken durch eine Versicherung abzudecken wären.

… bis Wasserkraft

Ein anderes "Patentrezept" ist der Ausbau der Wasserkraft. Und tatsächlich: Sie ist erneuerbar, also auf Dauer verfügbar, sie ist sauber, kostengünstig und risikoarm. Aufgrund seiner Lage und geomorphologischen Gegebenheiten ist Österreich das Wasserkraftland schlechthin. Faktum ist allerdings, dass der Anteil der Wasserkraft an der Stromversorgung aufgrund exorbitanter Verbrauchszuwächse derzeit sinkt. Österreich wurde daher in den letzten Jahren vom Netto-Stromexportland zum Importland Gleichzeitig ist der Stromverbrauch zuletzt manchmal innerhalb eines Jahres um das Arbeitsvermögen eines großen Donaukraftwerks gestiegen.

Dazu kommt, dass die Wasserkraft bei uns weitgehend ausgebaut ist. Selbst der "Vollausbau" der noch verfügbaren Fließstrecken könnte in dieser Wachstumssituation nur ein paar Jahre Aufschub bringen.

Die Vorstöße der Exponenten für Atom- und Wasserkraft weisen durchaus irrationale Züge auf. Der Ausbau größerer Kraftwerke hat eine Vorlaufzeit von zirka zehn Jahren (Planung, Genehmigung, Bau), die Gaskrise beschäftigt uns aber jetzt - und wenn wir nicht gescheiter werden, wird es sicher noch oft ähnliche Krisen geben.

Stecken wir in einem unlösbaren Dilemma? - Nein! Wir können besser leben mit weniger Energie!

Niemand braucht "Energie". Wir brauchen Produkte und Dienstleistungen, die mit ganz unterschiedlichem Energieeinsatz bereitgestellt werden können. "Energiesparen", die effiziente Nutzung der verfügbaren Ressourcen, aber auch Verhaltensänderungen sind wichtige Eckpfeiler einer zukunftsweisenden Energiewirtschaft. Und sie bringen weitere Vorteile.

In thermisch sanierten, gut gedämmten Häusern lebt es sich wesentlich behaglicher - bei niedrigen Energiekosten und gesteigertem Wert des Gebäudes. Moderne Geräte im Haushalt leisten mit Bruchteilen der Energie wesentlich mehr als frühere Modelle. Ein attraktiver öffentlicher Verkehr, die Gestaltung unserer Städte und Ortszentren für Fußgänger und Radfahrer statt für Fahr- und Stehzeuge können die Abhängigkeit vom Auto reduzieren.

Allerdings sind erneuerbare Energieträger wie Wasserkraft, Wind, und Biomasse zwar auf Dauer verfügbar, aber auch begrenzt. So kann der Ausbau der Wasserkraft eher marginale zusätzliche Beiträge liefern; dies besonders dann, wenn neben unserem unstillbaren Energiehunger auch Gesichtspunkte des Naturschutzes, Eigentümerinteressen und demokratiepolitische Überlegungen eine Rolle spielen sollen. Eine aktuelle Studie von Umwelt Management Austria zeigt, dass die Potenziale heimischer erneuerbarer Energieträger bei deren weitestgehender (sozial und ökologisch verträglicher) Nutzung maximal die Hälfte des derzeitigen Gesamtenergieverbrauchs Österreichs decken könnten.

Neben der Klima- und Umweltwirkung bringen die erneuerbaren Energieträger aber auch großen Nutzen für Bürger und Wirtschaft: Investitionen in Gebäude und Infrastruktur, Gewinnung und Nutzung regional verfügbarer Energieträger schaffen Arbeit und Einkommen im Inland, statt Geld in die Länder an den Ölquellen und Gashähnen zu pumpen.

Hinter all diesen erneuerbaren Energien steht die Sonne. Innerhalb weniger Stunden schickt sie den Weltenergiebedarf eines Jahres auf die Erde und auch Putin und Achmadinejad können die Sonne nicht abdrehen!

Der Übergang in eine solche Zukunft ist freilich nicht ganz einfach: Seit Jahrzehnten sind die Erfordernisse und Optionen von Wissenschaftern interdisziplinär erforscht. Seit Jahrzehnten gibt es eine ganze Reihe von Techniken zur Gestaltung einer zukunftsfähigen Energieversorgung, seit Jahrzehnten findet die notwendige und sinnvolle Energiewende nicht statt. Die Grundsätze der effizienten Nutzung erneuerbarer Energieträger finden sich schon im Energiekonzept 1984 der Österreichischen Bundesregierung. Erst die aktuelle Klimaentwicklung der letzten Jahre hat sowohl die Europäische Union wie mit Abstrichen auch die Österreichische Bundesregierung bewogen, einschlägige Schritte mit höherer Verbindlichkeit zu versehen.

2020 wird (hoffentlich) alles besser

So bekennt sich nun auch die Österreichische Bundesregierung zu den Klimaschutzzielen "20-20-20" der Europäischen Union: Bis zum Jahr 2020 soll europaweit der Anteil der erneuerbaren Energieträger auf 20 % gehoben werden (in Österreich aufgrund der wesentlich günstigeren Voraussetzungen auf 34 %), die Effizienz um 20 % gesteigert und der Ausstoß von Treibhausgasen um 20 % gesenkt werden. Für einzelne notwendige Maßnahmen finden sich Ansatzpunkte in der aktuellen Regierungserklärung, die freilich über weite Strecken unverbindlich bleibt und sowohl bezüglich notwendiger rechtlicher Normen (z. B. Schaffung eines vernünftigen und wirkungsvollen Ökostromgesetzes) bis zu den Finanzen (z. B. 100 Millionen für die Sanierung von Altbauten im privaten und betrieblichen Bereich für zwei Jahre - das Wohnbauförderungsvolumen beträgt in Österreich derzeit 2,5 Milliarden pro Jahr!) absolut unzureichend bleibt.

Immerhin hat schon eine wichtige Erkenntnis den Weg ins Regierungsprogramm gefunden: "Die ehrgeizigen Klima- und Effizienzziele können nur mit einer deutlichen Senkung des Energieverbrauchs erreicht werden."

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