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Die Sonne genügt
Versucht man, eine optimale Energieversorgung zu beschreiben, gilt es, neben der sicheren und sauberen Bereitstellung der Energieträger auch die Entsorgung der Endprodukte des Energienutzungsprozesses zu bedenken. Nachdem man sich über Jahrzehnte darüber überhaupt nicht den Kopf zerbrochen hat und später nur daran ging, durch möglichst hohe Kamine eine größtmögliche Gleichverteilung der Schadstoffe zu erzielen, konzentrieren sich heute viele Aktivitäten auf die Emissionsseite, wie etwa Rauchgaswäscher. Durch Ereignisse wie den Golfkrieg kommt jedoch auch die Versorgungslage wieder ins Spiel.
Längerfristig gesehen ist unsere Art zu wirtschaften und zu leben wesentlich gravierender durch eine mögliche Klimaänderung bedroht. Diese entsteht durch die Abfallprodukte - vorwiegend C02 - die bei der Nutzung der fossilen Energieträger Erdöl, Erdgas und Kohle anfallen Heute ist man sich in Kreisen der Wissenschafter weitgehend einig, daß aus dieser Nutzung kohlenstoffhaltiger Energieträger eine wesentliche Gefahr für das Leben auf der Erde erwachsen ist. Als eine Konsequenz fordert die zu diesem Zwecke eingesetzte Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages eine Reduktion der C02-Emissionen um 80 Prozent bis zum Jahr 2050.
Was heißt das für die Energieversorgung? Nachdem diese Kommission im gleichen Bericht feststellt, daß seitens der Kernenergie kein nennenswerter Beitrag zur Minderung des Treibhauseffektes zu erhoffen ist, bleiben zur Erreichung dieses Zieles nur zwei Wege offen: die Reduktion des Energieeinsatzes durch effizientere Techniken (Energiesparen) und der Übergang auf eine intensive Nutzung aller Arten der Sonnenenergie.
Was kann die Sonne beitragen?
Nehmen wir an, daß es weiterhin ein Wirtschaftswachstum gibt, so wird in Zukunft auch ein größerer Bedarf an Energiedienstleistungen bestehen. Unter Ausnutzung von Energiespartechniken sollte es aber möglich sein, den Energiebedarf langfristig konstant zu halten. Die Sonne muß somit die Energiemenge von cirka 450 Petajoule pro Jahr, die heute als Nutzenergie benötigt wird, bereitstellen können. Diesem Bedarf steht eine solare Einstrahlung auf das Gebiet von Österreich gegenüber, die etwa dem 700fa-chen dieser Leistung entspricht.
Ein Teil des heutigen Energie-
Verbrauches wird bereits jetzt durch regenerierbare Energie - bei uns fast ausschließlich Wasserkraft und Holz - gedeckt, was Österreich in dieser Hinsicht eine ausgezeichnete Stellung unter den Industriestaaten einräumt. Soll der Anteil der Sonnenenergie am Energieverbrauch erweitert werden, so erfordert das grundsätzlich neue Wege, da davon ausgegangen werden muß, daß Wasserkraft und Holznutzung nur mehr begrenzte Ausbaupotentiale haben.
Eine vollsolare Energieversorgung verlangt die Ausnutzung aller Pfade der Sonnenenergienutzung. In Brennstoffen gebundene Energie, auch bei Biomasse, hat wegen ihrer vielseitigen Umwandelbarkeit eine hohe Wertigkeit und sollte dementsprechend eingesetzt werden. Das heißt also nicht in Heizungen zur ausschließlichen Erzeugung von Niedertemperaturwärme, sondern für industrielle Anwendung im höheren Temperaturbereich beziehungsweise zur gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme. Desgleichen hat die hochwertigste Energieform, der elektrische Strom, im Bereich der Raumwärmeversorgung nur in Ausnahmefällen ein sinnvolles Einsatzgebiet.
Für die Heizung und Warmwasserbereitung, mit rund 40 Prozent am Endenergieverbrauch der größte Brocken, sollten vorwiegend Techniken der direkten und indirekten Nutzung der Wärmestrahlung der Sonne Anwendung finden. Hier gibt es viele Ansätze, wie klimagerechtes Bauen, Warmwasser-und Warmluftkollektoren, transparente Isoliermaterialien und Saisonspeicher. Wie viele bereits bestehende Häuser zeigen, läßt sich so, bei einem relativ geringen Mehraufwand von zehn bis 20 Prozent der Baukosten, der Heizenergieaufwand auf zehn Prozent des heutigen Wertes senken.
Neue Techniken, wie Photovol-taik, zur direkten Umwandlung von Strahlung in Elektrizität, sowie die Wasserstofftechnik und neue Methoden der Biomassenutzung (Biosprit, Biodiesel, ...) werden in einigen Anwendungsgebieten, vor allem im Verkehr, eine Rolle spielen. Von der Windenergie ist für Österreich leider nicht allzuviel zu erwarten.
Nimmt man an, daß die heute schon aus regenerativen Quellen über Wasserkraft und Holz bereitgestellte Energiemengen unverändert weiter genutzt werden können, so läßt sich der Bedarf an Ener-gieflächen für eine vollsolare Energieversorgung Österreichs berechnen. Um die heute über Öl, Gas und Kohle abgedeckten Energiedienstleistungen unter der Voraussetzung bestehender Techniken befriedigen zu können, sind 130.000 Hektar erforderlich. Diesem Bedarf stehen in Österreich unproduktive Flächen von 1.400.000 Hektar gegenüber.
Berücksichtigt man, daß ein großer Teil der benötigten Solaranlagen praktisch ohne zusätzlichen Flächenbedarf auf heute brachliegenden Arealen wie beispielsweise auf Hausdächern, Fassaden und Autobahnrändern untergebracht werden kann, so erkennt man, wie machbar eine Utopie der vollsolaren Energieversorgung Österreichs ist. Sie zu realisieren, sind zu einem geringen Teil die Techniker gefordert.
Der Autor ist Dozent ander AbteilungGrund-lagen der Verfahrenstechnik der Technischen Universität Graz
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