Die Sonne stellt keine Rechnungen aus

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Der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine mit den Folgen, dass in Osteuropa die Menschen in ihren Wohnungen frieren, lässt den Ruf nach Alternativen lauter erschallen. Der unpolitischste Energielieferant - die Sonne - wird aber noch sehr selten genannt.

Der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine hat wieder einmal verdeutlicht, wie abhängig die europäischen Länder von den fossilen Energieträgern noch immer sind. Wenngleich in Österreich bis dato noch keine Wohnung ungeheizt blieb, (er-)frieren in Teilen Osteuropas Menschen seit Tagen in ihren kalten Wohnungen. Das Konflikt-Potenzial ist groß. Manche Experten sprechen davon, dass die aktuelle Wirtschaftskrise nichts ist im Vergleich zu den noch bevorstehenden Konflikten auf Grund der Energie-Verknappung. Zeit umzudenken?

Die Furche ging der Frage nach wie es um den Einsatz des zuverlässigsten Energielieferanten - der Sonne! - bestellt ist. Der Energieexperte Hans Kronberger aus Wien, als Präsident des Verbandes Photovoltaik Austria ein ausgewiesener Verfechter der Nutzung der Sonnenenergie, rechnet zunächst vor, dass die EU im Jahr 2020 eine Gas-Unterdeckung von 27 Prozent aufweisen wird. Man könne deshalb den Russen nur dankbar sein, denn der aktuelle Gas-Streit solle als Warnsignal verstanden werden, um nun die Weichen in Richtung Energie-Eigenständigkeit zu stellen. Kronberger setzt hierbei auf den Mix: Sonne, Wind und Wasser.

Fragliche AKW-Renaissance

Doch soweit ist es noch nicht. Zuvor wird, wie aus vielen Ländern zu hören ist, die Kernenergie ins Treffen geführt. Das alte AKW Bohunice in der Slowakei belastet die diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich und der Slowakei aufs Neue und ist doch nur ein Symptom dafür, dass gerade in Zeiten der Krise auf Altbewährtes gesetzt wird, ungeachtet der Folgen. Kronberger mahnt zur Vorsicht, denn auch der Rohstoff Uran geht zur Neige. Uran wird vor allem in Kasachstan, Kanada und Australien abgebaut. Wobei in Australien nur 0,04 Prozent des Erzes uran-haltig ist. Der Abbau lohne sich nur, da auch das mitabgebaute Kupfer verwendet wird, so Kronberger. Bereits 2006 veröffentlichte Peter Diehl für Greenpeace Deutschland einen Bericht, der besagt, dass die bekannten Uran-Vorräte bei niedrigem Bedarf bis 2040 reichen. Wolle man aus Klimaschutzgründen alle fossilen Energieträger für die Stromgewinnung durch den Einsatz von Atomkraft ersetzen, seien die Uran-Vorräte bereits 2026 erschöpft. Die viel beschworene Renaissance der Kernenergie würde sich somit selbst das Wasser abgraben.

Mehr Energie als benötigt

Neue Energiequellen müssen rasch erschlossen werden, soll der Lebensstandard in den industrialisierten Ländern gehalten werden. Einmal davon abgesehen, dass die Effizienz-Steigerung im Energie-Verbrauch noch ein erhebliches Einsparungs-Potenzial bietet: Was kann nun mit Hilfe der Sonne erreicht werden? Schließlich beträgt die Strahlungsleistung der auf der Erde auftreffenden Sonnestrahlen mehr als das 6000-fache des weltweiten Energiebedarfes. Zunächst muss zwischen der Nutzung der Sonne zur Erhitzung von Wasser (Solarthermie) und der Erzeugung von Strom (Photovoltaik) unterschieden werden, wobei moderne Solarthermie in Form von Parabolrinnenkollektoren (großes Bild) ebenso zur Stromerzeugung eingesetzt wird. In Österreich kommt Solarthermie vor allem im Bereich der Erhitzung von Brauchwasser und in Form von Zusatzheizungen vor. Dieser Industriezweig weist in Österreich enorme Wachstumsraten auf. So schätzt Roger Hackstock, Geschäftsführer des Branchenverbandes Austria Solar, dass 2008 ein Marktwachstum von rund 25 Prozent erreicht wurde (die Zahlen für das 4. Quartal stehen noch aus). Die derzeit rund 240.000 Haushalte, die ihr Brauchwasser zu einem Großteil mittels Sonnenkollektoren erhitzen, sparen laut Hackstock etwa 110 Millionen Euro an Heizkosten pro Jahr. Bei drei Millionen Haushalten ist die Verbreitung dieser Technik aber noch gering. Den Kinderschuhen entwachsen sei sie aber allemal. Moderne Anlagen können mindestens 25 Jahre betrieben werden und amortisieren sich in zehn bis 15 Jahren, je nach Größe. Hierbei helfen vor allem die Förderungen beim Einbau durch die öffentliche Hand, die bis zu einem Viertel der Anschaffungskosten betragen können. Autark ist ein Haushalt mit dieser Technik allerdings noch nicht. Es ist aber heute möglich, zwei Drittel des Jahresverbrauches an Warmwasser (ohne Heizung) eines entsprechend gedämmten Einfamilienhaus mit Hilfe von Solarthermie zu erzeugen.

Ein schlechteres Image hat die Photovoltaik. Die direkte Stromerzeugung durch Solarzellen gilt gemeinhin noch immer als zu teuer und nicht wirtschaftlich. Diese Meinung vertritt Professor Niyazi Serdar Sariciftci vom Linzer Institut für organische Solarzellen naturgemäß nicht. Der "Österreicher des Jahres 2008" im Bereich Forschung (© Die Presse) fordert aufgrund der aktuellen Gas-Krise ein systematisches Umdenken.

Es fehlt der Wille

"Was heute geschieht, wäre in etwa so, als würde man die eigenen schönen Möbel verbrennen. Stellt dies doch die, billigste' Heizvariante dar: Die Kosten sind bereits abgeschrieben und an morgen wird nicht gedacht." Sariciftci prangert vor allem die Kurzsichtigkeit der Entscheidungsträger an, denn es stimme zwar, dass der Einsatz der Solartechnik um den Faktor fünf teurer sei, als Erdgas zu verbrennen. Der Einsatz von fossilen Energieträgern sei somit verständlich, wenn eine Volkswirtschaft in Geldnöten ist. Doch, wenn innerhalb kürzester Zeit Bankenrettungspakete in der Höhe von Hunderten von Milliarden Euro geschnürt werden können, dann will der Physiker das Argument, man habe kein Geld für Zukunfts-Investitionen, nicht mehr gelten lassen.

Es sei erschreckend, wie wenig auf erneuerbare Energieträger gesetzt wird. Es werde zwar darüber diskutiert, dass die Lagerung von Gas das eigentliche Problem sei, dass dieser Energieträger aber zur Neige geht, werde negiert. Der Linzer Professor geht davon aus, dass durch Sonne und Wind der Gesamtenergiebedarf der EU-Länder zwischen 20 und 50 Prozent gedeckt werden könne.

Die Wertigkeiten spiegeln sich auch im 7. Rahmenprogramm der EU für Forschung wider (gültig bis 2013). Darin wird Grundlagenforschung außerhalb des Nuklearbereiches mit 1,7 Milliarden Euro gefördert. Euratom erhält allerdings allein 2,7 Milliarden Euro für die Jahre bis 2011. Der Großteil entfällt auf die Erforschung der Kernfusion (1,9 Milliarden Euro).

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