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Energiewirtschaft in Niederösterreich

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Es ist nichts Neues, Zeitabschnitte nach der Materie zu benennen, die bestimmend für die Grundlagen der Menschen sind. Mit derselben Berechtigung, wie man von der Steinzeit oder der Bronzezeit spricht, könnte man heute von dem Energiezeitalter sprechen. Denn Energie bildet für das Weltbild unserer Tage die Voraussetzung für den Frieden und auch für den Krieg. Dieser Bogen reicht von der Atomenergie bis zur Kohle, er berührt die Vielfalt unseres Lebens, in den verschiedensten Bereichen, vom wirtschaftlichen bis zum hoch politischen.

Die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes hängt heute wesentlich von dem Ausbau seiner Energiequellen ab. Der Verbrauch an Energie ist geradezu als ein Gradmesser des Lebensstandards zu bezeichnen. Was in den großen Räumen gilt, das darf auch innerhalb von kleinen öffentlichen Verwaltungen nicht außer acht gelassen werden. Niederösterreich, das größte Bundesland Österreichs, hat sich stets an diesen Grundsatz gehalten. Die Koordinierung der Wirtschaftspolitik mit der Energiewirtschaft hat sicherlich wesentlich dazu beigetragen, die besonderen Schwierigkeiten, die es im Lande unter der Enns nach dem Ende des zweiten Weltkrieges gab, zu überwinden.

Die Voraussetzungen dafür waren von den westlichen Bundesländern wesentlich verschieden, nicht nur was die Finanzierung der Kraftwerksbauten betroffen hatte —, bis zum Abschluß des Staatsvertrages standen Niederösterreich dafür keine ausländischen Geldmittel zur Verfügung. Unser Land zählt auch nicht zu den klassischen Ländern der weißen Kohle, mit tosenden Gebirgsbächen und Talsperren zwischen schneebedeckten Gipfeln. Wir haben uns darum bemüht, alle uns zur Verfügung stehenden Energiequellen auszunützen, und man könnte vielleicht Niederösterreich als das klassische Land für die kombinierte Energiewirtschaft verstehen.

Wasser, Kohle, öl und Erdgas, das sind die vier Säulen, auf die wir unsere Energiewirtschaft immer fester und sicherer stellen wollen. Ybbs-Persenbeug als klassisches Lauf kraf twerk nützt die Donauenergie aus, die ungleichmäßige Wasserführung des Kampflusses wird durch eine Kette von Speicherwerken genützt, Erdgas beziehungsweise Erdöl wird in den kalorischen Kraftwerken Korneuburg und Neusiedl/Zaya verwertet. Das einzige in Österreich vorhandene Steinkohlenlager an der Hohen Wand wird für den Betrieb des neuen Wärmekraftwerkes „Hohe Wand“ herangezogen. Gerade dieses Kraftwerk bietet die Möglichkeit, je nach der Energielage, Strom aus Steinkohle, aber auch aus Heizöl und aus Erdgas zu erzeugen. Die harten Winter zeigen schmerzlich genug, wie notwendig es ist, über Kraftwerke zu verfügen, die sich sowohl der Energielage als auch dem momentanen Bedarf anpassen können. Die Energiewirtschaft hat es dabei nicht leicht, denn sie muß um Jahre vorausplanen.

Die Bestrebungen der niederösterreichischen Energiewirtschaft gehen in zwei Richtungen. Einerseits soll der Ausbau der Energiequellen im eigenen Bereich eine Entlastung der Verbundwirtschaft herbeiführen. Bekanntlich liegt ja der Schwerpunkt der Stromproduktion in den westlichen Bundesländern, der Konsumschwerpunkt jedoch im Osten Österreichs. Eben weil Niederösterreich von der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit einer Verbundwirtschaft überzeugt ist, will das Land im eigenen Bereich zu einem Ausgleich beitragen und alle vorhandenen Energiequellen nützen.

Anderseits aber erblickt das Land in dem Ausbau der heimischen Energiequellen eine wesentliche Voraussetzung für die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Die beiden Landesgesellschaften NEWAG (Niederösterreichische Elektrizitätswerke AG.) und NIOGAS (Niederösterreichische Gaswirtschafts AG.) haben diese Aufgaben übernommen, und die enge Zusammenarbeit zwischen Strom- und Gaswirtschaft hat sich bisher äußerst gut bewährt. Wenn man den Energieverbrauch als Gradmesser für die Leistungen anlegt, dann hat Niederösterreich trotz besonderer Schwierigkeiten einiges aufzuweisen. Der Stromverbrauch ist seit 1945 auf das Sechsfache angestiegen und hat 1963 über 1,2 Milliarden, kWh betragen, die Elektrifizierung ist nahezu abgeschlossen, das Leitungsnetz der NEWAG ist über 23.000 km lang. Die Stromerzeugung ist auf das Elffache angestiegen. Bei der NIOGAS ging die Entwicklung noch viel sprunghafter vor sich. 1954 gegründet, 1957 mit dem gerechten Anteil Niederösterreichs an dem heimischen Erdgas betraut, hat sie ein völlig neues Versorgungsnetz ausgebaut und versorgt Industrie und Haushalt mit über einer halben Milliarde Kubikmeter Erdgas. Erdgas wurde neben Wasserkraft, Kohle und Erdöl zu einem selbständigen Energieträger. Gerade auf diesem Gebiet hat die NIOGAS Pionierarbeit geleistet, denn noch vor zehn Jahren gab es in Österreich keine Erdgaswirtschaft, heute hat Österreich bereits in der europäischen Gaswirtschaft einiges mitzureden. Energiewirtschaft soll die gesamte Wirtschaft fördern. NEWAG und NIOGAS waren bemüht, über die Energieversorgung hinaus auch eine wirtschaftlich fördernde Funktion für das Land zu übernehmen.

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