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Niogas — für einen höheren Lebensstandard

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Der Ausbau der Energiequellen Niederösterreichs bildet eine der wesentlichsten Voraussetzungen dafür, daß Ostösterreich den Anschluß an die wirtschaftliche Entwicklung der westlichen Bundesländer findet und eine gesicherte Basis für einen erhöhten Lebensstandard errichten kann.

Niederösterreich hat, neben dem Ausbau der Wasserkräfte, bereits vor dem Abschluß des Staatsvertrages im festen Glauben an die Zukunft den Entschluß gefaßt, das Erdgas, das damals noch unter fremder Verwaltung stand, auszuwerten. Um eine einheitliche Versorgung Niederösterreichs mit Erdgas zu ermöglichen, wurde die Niogas als Landesgesellschaft im Oktober 1954 gegründet. Das junge Unternehmen begann mit Planungsarbeiten und Projektierungen, als weite Kreise der Oeffentlich- keit die Verwirklichung der Bauten auf Grund der politischen Lage überhaupt für unmöglich hielten.

Heute steht in Baden der erste Kugelgasbehälter, der in Oesterreich errichtet wurde, die Erdgasleitung der Niogas geht über die Kurstadt hinaus, zur Zeit finden Rohrverlegungen im Raume von Kottingbrunn statt. In westlicher Richtung ist eine Teilstrecke vom Gasfeld Bockfließ bis nach Tulln soweit fertiggestellt, daß die Druckproben begonnen haben und mit der Inbetriebnahme anfangs Oktober gerechnet werden kann. Die Ueberquerung der Donau ge- staltete sich hier einfach, die Rohre konnten unterhalb der Straßenbrücke Tulln montiert werden. Die Leitung wird in westlicher Richtung bis nach Krems mit einer Abzweigung nach St. Pölten, Wilhelmsburg, Lilienfeld und Hainfeld weitergeführt.

Bei Schwechat entsteht eine kühne Rohrbrücke über die Donau, die das Erdgas aus dem nördlichen Niederösterreich nach Süden bringen soll. Die Anregungen zu diesem modernen Brückenbau, der jetzt durch die OeMV durchgeführt wird, geht ebenfalls auf die Initiative der Niogas zurück, die auch die Fortsetzung der

Fernleitung über Pottendorf, Wiemy Neustadt, Neunkirchen, Gloggnitz bis an die Landesgrenze durchführt. Die Projektierung erfolgt bereits mit Berücksichtigung des Erdgaskontingents, das die Steiermark erhalten hat. Der Bau dieser Ferngasleitung erfordert von Niederösterreich eine gewaltige Kapitalsaufbringung. Für den Transport des Erdgases in die Steiermark sind dieselben Peagierungskosten vorgesehen, wie sie zwischen OeVM, Niogas und der Gemeinde Wien errechnet wurden. In den Verhandlungen mit der OeMV konnten als Erdgaskonsumenten in der Hauptsache nur die Alpine Montan-Ge- sellschaft und die Böhlerwerke berücksichtigt

werden, und das nur unter Einschränkung der Kontingente für Niederösterreich und Wien.

Es wurde einmal in einer Fachzeitschrift ganz richtig festgestellt, man möge keine Luftgeschäfte mit dem Erdgas machen. Es ist nicht

möglich, alle Wünsche zu erfüllen, man muß daher möglichst rationell und gerecht zu Werke gehen. Es wäre weder rationell noch gerecht, wollte man den Erdgasbedarf Niederösterreichs noch weiter einschränken. Solange nicht neue Erdgasquellen erschlossen und die derzeitige Produktion erhöht worden ist, kann eine weitere Berücksichtigung der Steiermark nicht erfolgen.

Die Niogas hat schon jetzt fast ihr gesamtes Kontingent vergeben, zahlreich Wünsche müssen jedoch trotzdem offen gelassen werden. Neben den Industriebetrieben sind es vor allem auch die Städte, die ihre Ansprüche anmelden.

Niederösterreich hat einen langen und schweren Kampf um einen gerechten Anteil an den heimischen Bodenschätzen geführt. Es ist eine Pflicht gegenüber der niederösterreichischen Bevölkerung, den nunmehr mit der OeMV geschlossenen Vertrag nach besten Kräften für das Land auszuwerten. Deshalb wäre es auch nicht verantwortbar. auf Kosten des niederösterreichischen Kontingentes die Wünsche anderer Bundesländer zu befriedigen.

Für die niederösterreichische Industrie bildet das Erdgas als rationeller Energieträger die besten Voraussetzungen für eine Erweiterung oder Neugründung von Betrieben. Im Raume von Wiener Neustadt zum Beispiel liegt ein durch den Krieg völlig vernichtetes Industriegelände, in diesen Gebieten besteht immer noch die Gefahr der Arbeitslosigkeit. Krisenfeste Betriebe, die auch nicht durch den ausländischen Kohlenmarkt gefährdet werden können, sollen dort mit Hilfe des heimischen Erdgases neu entstehen. Mit rund 200 Millionen Kubikmeter Erdgas könnte die kostspielige Auslandskohle in Niederösterreich zur Gänze ersetzt werden.

Aber auch die Kleinkonsumenten stellen berechtigte Erwartungen an die Niogas, sie erhoffen vor allem einheitliche niedrigere Gaspreise in Niederösterreich. In Baden, das von der Niogas versorgt wird, kostet ein Kubikmeter Erdgas 87 Groschen, in Wiener Neustadt, das ein eigenes Gaswerk besitzt, muß man 1.90 Schilling bezahlen. Die Bürgermeister sind daher bestrebt, die Gasversorgung, die den Gemeinden große Kosten verursacht, an die Niogas zu übergeben. Der wirtschaftliche Nutzen, den die heimischen Bodenschätze bieten, soll der gesamten Bevölkerung zugute kommen. Darum geht es der Niogas sowohl bei der Belieferung der Industriegebiete als auch bei der Ueber- nahme der städtischen Versorgung.

Der Beitrag, den das Erdgas für die weitere Entwicklung der niederösterreichischen Wirtschaft leisten kann, bedeutet eine große Chance für das gesamte Land. Um sie voll zur Auswirkung zu bringen, bedarf es allerdings noch eines großen Arbeitseinsatzes der Landesgesellschaft, aber auch der Bereitschaft und der Initiative der Wirtschaft selbst. -j-

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