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Warum ich für den Einsatz der Kernenergie bin

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Die Formulierung der Fragestellung für die Volksabstimmung -über die Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Zwentendorf ist auf die Skepsis der Verfassungsjuristen gestoßen - die FURCHE hat ihren Einwänden Platz gegeben. Um aber dem Leser nochmals die Argumente pro und contra Kernenergie zur Bildung der eigenen Meinung vorzulegen, sollen nun bis zum Wahltag noch namhafte Befürworter wie Gegner der Kernkraft zu Wort kommen - als erster derfrür here Rektor der Technischen Universität Wien und Ordinarius für allgemeine Elektrotechnik. Univ.-Prof. Dr. Fritz

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Die Formulierung der Fragestellung für die Volksabstimmung -über die Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Zwentendorf ist auf die Skepsis der Verfassungsjuristen gestoßen - die FURCHE hat ihren Einwänden Platz gegeben. Um aber dem Leser nochmals die Argumente pro und contra Kernenergie zur Bildung der eigenen Meinung vorzulegen, sollen nun bis zum Wahltag noch namhafte Befürworter wie Gegner der Kernkraft zu Wort kommen - als erster derfrür here Rektor der Technischen Universität Wien und Ordinarius für allgemeine Elektrotechnik. Univ.-Prof. Dr. Fritz

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Neue Pro- und Kontraargumente sind in der Kernenergiedebatte wohl kaum zu finden. Ich kann daher nur jene Argumente, vorbringen, die mich vom kritischen Beobachter zum entschiedenen Befürworter der friedlichen Nutzung von Kernenergie gewandelt haben.

Beginnen wir mit dem Energiebedarf: Nach bestem Wissen wird der Energiebedarf in Österreich steigen. Wissenschaftlich annehmbare Untersuchungen erbringen eine jährliche Wachstumsrate von etwa vier Prozent. Diese Zahl soll nicht mit der beträchtlich höher liegenden Wachstumsrate der elektrischen Energie verwechselt werden, die allerdings nur weniger als ein Fünftel des gesamten Energiebedarfs ausmacht. Das Energiewachstum ist mit dem Wachstum des Bruttonationalpro-duktes gekoppelt. Sowohl diese Kopplung, wie auch die Notwendigkeit des wirtschaftlichen Wachstums wird von einigen Kernenergiegegnern in Frage gestellt.obwohl alle empirischen Daten dafür sprechen.

Nun soll nichts gegen Maßnahmen gesagt werden, die auf eine Schwächung der Kopplung zwischen Wirt-schafts- und Energiewachstum führen können, wie etwa simples Energiesparen oder Verbesserungen im Wirkungsgrad der Umsetzung von Primärenergie in Nutzenergie. Mit Rousseau'schem Eifer vorgetragene Attacken gegen das Wirtschaftswachstum ändern jedoch nichts an der harten Tätsache, daß in hochindustrialisierten Ländern derzeit ein Wachstum notwendig ist, um eine wirtschaftliche Verkümmerung und die damit verbundenen politischen und sozialen Spannungen zu vermeiden.

Tragfähige Ideen zur Verbesserung des „Qualitätswachstums“ zu Lasten des quantitativen Wachstums unter Wahrung der wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Bevölkerung wären höchst willkommen, blieben aber bis jetzt aus und könnten sich

GOTT IN TOGO So. 15.10., 19.40, FS 2

In der westafrikanischen Republik Togo sind 70 Prozent der Bevölkerung Animisten -sie verehren „Vudus“ genannte Fetische - und 30 Prozent Christen oder Mohammedaner! Mit dieser Dokumentation gelang es Dr. Kurt Keil erstmals, Gottesdienste der Vudupriester und rituelle Tänze von besonderer Faszination festzuhalten.

WO GEHT'S LANG, KURTI? Mi. 18.10., 20.15, FS 1

Ein Spielfilm, der die Probleme eines 16jährigen behandelt. Kurts Vater will den Sohn unter allen Umständen studieren lassen. Doch Kurt schafft das Gymnasium nicht.

auch durch die innewohnende Trägheit sozio-ökonomischer Systeme nur langfristig auswirken. Weiters ist der erwünschte Aufstieg unterentwickelter Länder zu unserem Wohlstand ein bedeutendes Ziel der Weltwirtschaft, das eher durch starkes Wachstum der Wirtschaft von Industrieländern gefördert wird als durch deren Stagnation. Die Quintessenz aller Überlegungen dieser Art ist die Notwendigkeit des Energiewachstums. Wie kann nun der steigende Bedarf von Energie befriedigt werden?

Die Quellen von herkömmlichen Primärenergieträgern werden rasch versiegen. Bei den einheimischen Quellen rechnet man mit Lebensdauern von 18 Jahren bei Braunkohle, 13 Jahren bei Erdöl und 12 Jahren bei Erdgas. Die Nutzung der Wasserkraft stößt heute schon auf prinzipielle, aber auch durch den Umweltschutz errichtete Grenzen. In anderen Ländern ist die Situation nicht wesentlich günstiger, vielleicht mit Ausnahme der Sowjetunion (in der aber trotzdem ein Kernkraftwerk nach dem anderen gebaut wird).

Der sich abzeichnenden Versorgungskrise steht die Erkenntnis gegenüber, daß in weiter Zukunft Energie die einzige Ressource ist, die nahezu unbegrenzt zur Verfügung steht: In der Nutzung der Sonnenenergie - entweder direkt durch eine heute noch nicht bekannte, aber prinzipiell mögliche Technologie, oder indirekt durch eine Nachbildung der Sonne in der Form des Fusionsreaktors. Die bereits heute mögliche direkte Nutzung der Sonnenenergie kann die Energiewirtschaft nicht wesentlich beeinflussen, aber in der Theorie zeichnen sich großtechnische Lösungen ab. Beim Fusionsreaktor ist man bereits in der experimentellen Phase und erreichte vor wenigen Wochen sogar einen bedeutenden Durchbruch, der die Konstruktion und den Bau einer größeren Anlage nunmehr möglich macht. Die wirtschaftliche Nutzung ist jedoch noch in weiter Ferne - man spekuliert mit der Jahrhundertwende.

Für die Zeit bis dahin verfügen wir nur über eine einzige dauerhafte Energiequelle: die Kernspaltung im Fusionsreaktor. Dieser heute bereits konventionelle Reaktor bietet neben dem Ausweg aus der vorübergehenden Versorgungskrise auch den Vorteil, daß er zur Erzeugung nicht nur von elektrischer Energie, sondern auch von gasförmigen und flüssigen Energieträgern herangezogen werden und damit zur Entlastung der Erdöl- und Erdgasversorgung besonders wirkungsvoll beitragen kann.

Dazu kommt noch die Möglichkeit der Streuung der Importe: Österreich wird in wenigen Jahren zu 80 Prozent vom Import der Primärenergieträger abhängig sein. Daran ist wenig zu ändern, aber in der derzeitigen Abhängigkeit vom Import aus dem COME-CON-Bereich (bei Steinkohle 90 Prozent, bei Erdgas 99 Prozent!) wird eine unerträgliche politische Gefahr gesehen, die durch die Nutzung der Kernenergie vermieden werden kann. Zu den möglichen Lieferanten des Energieträgers Uran zählen in der Reihenfolge des Vorratspotentials die USA, Südafrika und Kanada.

Nun zur Frage der Sicherheit. Es ist wahr, daß die Anwendung der Kernenergie gefährlich ist. Hier ist jedoch zwischen der militärischen und friedlichen Nutzung der Kernenergie zu unterscheiden. Während die militärische Nutzung im höchsten Grade gefährlich ist und keiner wirksamen Kontrolle unterliegt, sind die Sicherheitsmaßnahmen in den 75 in Betrieb und 101 in Aufbau befindlichen Kernkraftwerken Westeuropas vorzüglich geplant und durchgeführt. Ein Vergleich mit den 28 in Betrieb und 34 in Aufbau befindlichen Kernkraftwerken der kommunistisch regierten Länder Europas ist mir nicht möglich, doch ist nach Kenntnis anderer technischer Anlagen in den Ostblockstaaten eher anzunehmen, daß auch dort der Sicherheitsstandard sehr hoch ist.

Freilich ist eine hundertprozentige Sicherheit nicht einmal theoretisch möglich. In jeder technischen Anlage muß daher ein Kompromiß zwischen Sicherheit und Wirtschaftlichkeit geschlossen werden. Nach meiner Meinung liegt bei den westeuropäischen Kernkraftwerken der Kompromiß bei ausreichenden und beruhigenden Sicherheitsfaktoren, wenigstens im konstruktiven Teil der Kraftwerke.

Ob die Sicherheitsmaßnahmen dann in der langjährigen Praxis beachtet und aufrechterhalten werden, ist eine andere Sache. Eine öffentliche Kontrolle ist daher angebracht und im Kraftwerk Tullnerfeld (Zwentendorf) auch vorgesehen. Ich werde

jedenfalls die Mitgliedschaft in der parlamentarischen Sicherheitskommission für das Kraftwerk Zwentendorf nicht als Blindekuh-' spiel auffassen, sondern meinen ganzen technischen Sachverstand für die Aufrechterhaltung der Sicherheit einsetzen.

Die Inbetriebnahme eines österreichischen Kernkraftwerkes bringt großen wirtschaftlichen Nutzen bei geringem Risiko und erhält angesichts der weltweiten Entwicklung der Energieversorgung unserem Land die Uberlebenschance als Industriestaat. Österreich ist keine Insel der Seligen, kein Schlaraffenland, in dem man Energie aus Wind, Boden und Sonne billig und in ausreichendem Maße gewinnen könnte, wenn nur die verblendeten Ingenieure wollten, und Österreich ist auch kein Paradies: Adam hat den Apfel vom Baum der Erkenntnis gegessen - es gibt kein Zurück, kein Verharrren, sondern nur ein Vorwärts mit Herz und Verstand.

Neue Projekte für Ephesos

Nach der Wiederaufrichtung der 2000 Jahre alten Fassade der Cel-sus-Bibliothek in Ephesos planen Österreichs Archäologen gemeinsam mit Architekten die Schaffung des ersten wiedererrichteten antiken Ensembles. Das Mazaeus-Mithridates-Tor, das sich im rechten Winkel an die Celsus-Bibliothek anschließt und ursprünglich den südlichen Ausgang der Agora bildete, soll wiederaufgestellt werden. Es würde dann gemeinsam mit der Celsus-Bibliothek ein einmaliges Ensemble ergeben.

Bisher sind 455 Teile des zerstörten Tores wissenschaftlich erfaßt, letztlich rechnet man mit rund 700 Teilen. Das zehn Meter hohe und 18 Meter breite Tor, das drei Bögen aufwies, wurde kurz vor Christi Geburt erbaut, gestiftet von den ehemaligen Sklaven Mazaeus und Mithridates, die sich als Verwalter von Gütern des Kaisers Augustus in Ephesos offensichtlich bewährt haben und später freigelassen wurden.

Daneben laufen etliche weitere Projekte, über die Prof. Dr. Hermann Vetters berichtet:

• Die Erforschung des „Varius-Ba-des“, einer großen Therme östlich des Staatsmarktes.

• Die Publikation der Forschungsergebnisse über die Baugeschichte des vor einigen Jahren entdeckten Staatsmarktes von Ephesos.

• Die Bearbeitung der Mosaiken von Ephesos und die Aufnahme der bisher nicht publizierten christlichen Bauten aus der Spätantike.

• Die Untersuchung des „Felsspalten-Tempels“ sowie die Erstellung einer Dokumentation der ephesi-schen Münzen.

• Die Erarbeitung einer zusammenfassenden Publikation über die Inschriften der Stadt Ephesos.

• Die Untermauerung der These, daß die Epheser deshalb nicht in die neugegründete Stadt des Lysima-chos siedeln wollten, weil sich genau an dieser Stelle ein archaisches Gräberfeld befand.

• Die Vorarbeiten für die Erstellung eines neuen Grundplanes von Ephesos mit Hilfe von Luftphotos, die von türkischer Seite aufgenommen wurden.

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