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„Lichtjahre-100 Jahre Strom in Österreich

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Im Jahre 1886 installierte die Gemeinde Scheibbs in Niederösterreich die erste Straßenbeleuchtung mit Strom. Das war für unser Land der Start in ein neues technisches Zeitalter. Der Verband der Elektrizitätswerke und die Verbundgesellschaft richten zu diesem Jubiläum im Wiener Künstlerhaus die Ausstellung „Lichtjahre“ ein. Eröffnet wird am 4. Juni 1986.

Die Gliederung der Darbietungen erfolgt in zwei Bereichen. Im Parterre des Lokales-wird sowohl auf die technischen Phänomene als auch auf die historischen Auswirkungen der Elektrizität in sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Bereichen eingegangen. Was die Nutzung der elektrischen Energie alles bewirkt hat, wird nicht zuletzt aus der Tatsache ersichtlich, daß man anfänglich die rationell arbeitenden strombetriebenen Maschinen als „Arbeitsplatz-Killer“ betrachtet hat. Erst nach und nach erkannte man die Möglichkeiten, die sich wirtschaftlich der ganzen Menschheit auftaten und mittlerweile die Basis unserer Zivilisationsstufe und unseres Wohlbefindens geworden sind.

Wesentliches Anliegen der Ausstellung wird die Präsentation der drei Grundformen in der Anwendung von Elektrizität sein: Licht, Kraft und Wärme. Das elektrische Licht verdrängte die Nacht und veränderte den Rhythmus des öffentlichen Lebens. Die Elektrifizierung des Haushaltes brachte die Ablösung alter und beschwerlicher Arbeitsvorgänge. Der Elektromotor revolutionierte, siehe oben, den industriellen Fertigungsprozeß. Der historische Teil i wird mit Hilfe alter Originalfotos, mit Plakaten und natürlich mit Kleinobjekten dokumentiert, welche uns aus heutiger Sicht vielleicht schon kurios erscheinen. Ständig von Zuschauern „belagert“ wird sicher ein aufgebauter Plasmablitz sein. Dieser langsam in einer Röhre fließende Blitz kann durch Berühren der Glaswand in seiner Bewegung gelenkt werden. Aber auch an anderen Exponaten und physikalischen Versuchsanordnungen wird der Besucher Gelegenheit zu eigenen Aktivitäten und Experimenten vorfinden.

Ein eigener Raum enthält die modernen Anwendungen des elektrischen Stroms auf allen Gebieten der Informatik. Ergänzend zum Stiegenhaus, wo über 20 Monitoren verschiedene Videoclip-Programme laufen, werden hier die „neuen Medien“ gezeigt. Eine eigene Konstruktion veranschaulicht die weltweite elektronische Kommunika-. tion, und zeitweise wird es sogar möglich sein, hier Satellitenprogramme einzuspielen.

Die neuen, von der Elektronik bestimmten Produktionsformen und die Entwicklung der Halbleitertechnologie dürfen in der Darbietung der modernen Entwicklung des Stromes nicht fehlen. Ein Größenver-gfeich zwischen einem herkömmlichen Informationsträger und einem 1 MB-Chip, bezogen auf die speicherbare Datenmenge, wird einiges Erstaunen hervorrufen. Auch verschiedene Computerspiele werden dem interessierten Eresucher-zut Verfügung stehen, so ein „Stromsparspiel“, bei dem der Spieler verschiedene Situationen vorfindet und Entscheidungen treffen muß, um den Energieverbrauch eines ganzen Haushaltes zu optimieren.

Phantastisch geht es im zweiten Bereich der Ausstellung zu, wo abseits der Hauptnut zung des Stromes für Licht, Kraft und Wärme künstlerische Akzente gesetzt werden. TV-Aufnahmen werden über einen Computer verfremdet und projiziert wiedergegeben. Harmonische Tonfolgen werden abgestrahlt, mit lichtdramaturgischen Räumen synchronisiert, dort überlappt, sodaß sich die Klänge aufheben und wie durch Zauberei Inseln der Stille entstehen. Daß die Verwendung elektrischen Stromes völlig neue künstlerische Ausdrucksformen geschaffen hat, wird an den Beispielen kinetischer Lichtobjekte bis zu Laserkunst vorgeführt. Unter anderem gestaltet Valie Export ein Kunstvideoprogramm mit Arbeiten internationaler Künstler.

Ein anderer Ausstellungsbereich behandelt Mythen und Legenden, die mit dem elektrischen Strom in Verbindung stehen. Unter anderem wird es einen „Flüsterkegel“ geben, in den der Besucher durch einen Spalt hineinschlüpfen kann. Elektrische Mythen, Legenden und Visionen werden hier im Flüsterton erzählt. Die Überleitung zur Moderne ist der „Galaxienraum“ mit den Darstellungen der gerade jetzt aktuellen

Utopien. Hier kann man über Kopfhörer Radiosignale ausgewählter Sternbilder abhören. Auf einer Projektionswand läuft der amerikanische Film „Powers of Ten“.

100 Jahre sind eine relativ kurze Zeitspanne in der Entwicklung der Menschheit. Aber gerade innerhalb der letzten 100 Jahre gab es jene wissenschaftlichen Fortschritte, die nunmehr unsere Welt prägen. Und elektrischer Strom war überall dabei.

Von 1976 bis 1985 erhöhte sich das Einkommen der Österreicher im Durchschnitt um 70%. Mit den Löhnen und Gehältern gingen aber auch die Preise hinauf - manche weniger, manche mehr. Überdurchschnittlich teuer wurden unter anderem Mieten und Betriebskosten (+ 94%), Maschinensemmeln (+ 88%), die KFZ-Steuer (+ 126%) und Energie. So stieg der Preis für Heizöl leicht um 160%, für Gas um 96% und für Brennholz um 133%.

Ausnahme: Strom. Mit einer Preissteigerung von 65% war Strom 1985 in Relation zur Kaufkraft 5% billiger als vor 10 Jahren. Das heißt: Sie müssen heute weniger lang arbeiten, um eine Kilowattstunde bezahlen zu können, als 1976.

Fünf Stunden TV für S 1,75...

1985 bezahlte man durchschnittlich S 1,75 für eine Kilowattstunde Strom (inkl. 20% MWSt.) - eine Energiemenge, mit der man drei Stunden lang bügeln, fünf Stunden lang fernsehen oder zwei Tage lang einen 150-l-Kühl-schrank betreiben kann. Diesen günstigen Preis hat die E-Wirtschaft seit Jahren relativ stabil gehalten. Übrigens: zwei der letzten „Preiserhöhungen“ seit 1980 waren in Wirklichkeit Steigerungen der gesetzlichen Mehrwertsteuer von 8 auf 13 und von 13 auf 20%.

Die geringen Stromkosten in Österreich verdanken wir der heimischen Wasserkraft.

Zurzeit nutzen wir 60% dieser unerschöpflichen, konkurrenzlos billigen und völlig sauberen Energiequelle. Der Ausbau der restlichen 40% gewährleistet auch in Zukunft akzeptable Strompreise. Wasserkraft ist darüber hinaus die einzige zukunftssichere, heimische Energiequelle. Mehr als 70% des gesamten Energiebedarfes müssen wir ohnehin schon im Ausland kaufen. 1985 mußten wir 64,1 Milliarden Schilling an Devisen dafür aufwenden - rund 20.000 Schilling pro erwerbstätigem Österreicher. Auch die gegenwärtigen Preissenkungen auf dem Energiesektor gönnen uns nur eine kurze Atempause. Nach einhelliger Ansicht von Experten werden die Rohstoffpreise in absehbarer Zeit wieder anziehen und unser Handelsbilanzdefizit weifer vergrößern. Derzeit entstehen rund 75% dieses Defizits durch Energie-Importe.

Wir haben daher zu entscheiden:

Entweder wir akzeptieren einen unnötigen Anstieg unserer Strompreise, unseres Handelsbilanzdefizits und unserer Auslandsabhängigkeit. Oder wir begegnen dieser Entwicklung durch einen weiteren, möglichst umweltschonenden Ausbau unserer heimischen Wasserkraft.

In einem Vergleich mit den 10 EG-Staaten des Jahres 1984 hatte Österreich den drittniedrigsten Strompreis - obwohl der Mehrwertsteuersatz mit 20% zu den höchsten Europas gehört. Gemessen an der Kaufkraft war Strom 1985 in Österreich 5% billiger als vor 10 Jahren. Für diesen erfreulichen Umstand gibt es drei Ursachen:

1. Die E-Werke arbeiten wirtschaftlich.

Trotz geringer Strompreise, voller Versorgungssicherheit und zahlreicher Umweltschutz-Investitionen in Milliardenhöhe brauchen die staatlichen E-Werke keine Subventionen aus dem Steuertopf. Hochqualifizierte Fachleute, eine straffe Organisation und der Einsatz modernster Technik sollen sicherstellen, daß

dies auch in Zukunft so bleibt. Dazu wörtlich im letzten Rechnungshofbericht über die Verbundgesellschaft: „Insbesondere verdient das erfolgreiche Bemühen um eine sichere, großräumige Stromversorgung im gesamten Bundesgebiet, die Verwirklichung weit vorausschauender Investitionen im Hinblick auf die Aufgabenstellung Österreichs als Stromdrehscheibe zwischen Ost und West sowie die Bedeutung der antizyklischen Investitionen im Verbundbereich für die gesamte Wirtschaft Österreichs ausdrückliche Erwähnung. Die Sicherstellung der Stromerzeugung aus heimischen Energiequellen zu etwa 82 Prozent brachte eine Verringerung der Abhängigkeit von ausländischen Energien, eine Devisenersparnis, eine Erhöhung der inländischen Wertschöpfung sowie eine langfristige Kostenstabilisierung mit sich.“

Die Finanzgebarung der E-Wirtschaft wird vom Rechnungshof laufend überprüft und ist für jeden Österreicher transparent. Eventuelle Fehler - bei rund 30.000 Beschäftigten nicht immer vermeidbar -werden publiziert und nach Möglichkeit sofort beseitigt.

2. Die E-Werke sind nicht profitorientiert.

Als Kunde zahlen Sie nur das, was zur Deckung der Unkosten und erforderlichen Investitionen notwendig ist. Die Errichtung neuer Kraftwerke erfolgt nicht aus Profitgier, sondern ausschließlich zur Sicherung des ständig steigenden Strombedarfes. Dabei kommt dem Umweltschutz zentrale Bedeutung zu.

3. Die E-Werke verfügen über die beste Energiequelle der Welt.

Bisher werden 60% unserer unerschöpflichen, billigen und vollkommen sauberen Wasserkraft zur Stromerzeugung verwendet. Ein weiterer Ausbau eröffnet die Chance, Strom auch in Zukunft wirtschaftlich zu erzeugen - primäre Voraussetzung für die Konkurrenzfähigkeit unserer Betriebe im internationalen Wettbewerb.

Das Konzept der E-Wirtschaft:

Umweltfreundliche und preisgünstige Energieversorgung in ganz Österreich durch optimale Nutzung heimischer Wasserkraft.

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