6983426-1986_17_21.jpg
Digital In Arbeit

Die Vorschau hielt

Werbung
Werbung
Werbung

Rund 5000 Jahre geschriebene Menschheitsgeschichte und davon bloß 100 Jahre menschlicher Gebrauch der elektrischen Energie! Und dennoch — können wir Menschen des ausgehenden zweiten Jahrtausends uns ein Leben ohne den Nutzen dieser allseitig verwendbaren Energieform noch vorstellen, geschweige denn darauf verzichten?

Nicht nur Tageslicht in jede Wohnung unserer Mitbürger ohne jede schädliche Nebenwirkung und zu für jedermann erschwinglichem Preis, nein, auch das Ersetzen menschlicher Mühsal, von enormem Arbeitsleid durch elektrisch erzeugte Kraft, durch eine Unzahl von Maschinen, die Erschließung sogar der bildhaft bewegten Information über unsere ganze Welt und Entspannung vom Alltag bis in unser Heim, all das hat die technische Nutzbarmachung dieser elementaren Energie im Zuge eines Entwicklungsprozesses dreier Generationen dem Menschen gebracht. Die sauberste Form der Nutzenergiewärme durch elektrischen Strom rundet das Bild ab.

Eine überwältigende Ingenieurleistung von nur 100 Jahren liegt hinter uns. Wenn wir einmal auch nur kurz darüber nachdenken, muß sich wohl jedem positiv denkenden Menschen ein Gefühl größter Bewunderung dieser großartigen Leistung österreichischer und ausländischer Techniker aufnötigen. Allerdings besinnen wir uns alle dessen kaum jemals, denn der Gebrauch elektrischer Energie für die verschiedensten Sphären unseres täglichen Lebens, im Beruf und in unserer Freizeit, ist fast ebenso selbstverständlich geworden wie das Atmen der Luft: bewußt wird uns nur deren Fehlen.

Innerhalb dieser hundert Jahre öffentlicher Stromversorgung in Österreich, begonnen mit dem Mut der zukunftsgläubigen und tatkräftigen Gemeindebürger von Scheibbs in Niederösterreich, wurden in Österreich aber nicht nur technische Erfindungen und Großleistungen erbracht. Sehr früh wurde auch die gesellschaftliche Dimension des neuen Hilfsmittels des Menschen erkannt. 1909 schon wurde nach vielen Jahren der Vorarbeiten schriftlich ei-, ne „Enquete über legislative und administrative Angelegenheiten des Elektrizitätswesens“ vom K. K. Ministerium für öffentliche Arbeiten herausgegeben. Neben der Auseinandersetzung mit den Produktionsproblemen war

Raum gegeben dem Interesse der Allgemeinheit, der Universalität der Verwertung elektrischer Energie für die Landwirtschaft, für die gewerbliche und industrielle Gütererzeugung, das Verkehrswesen und die „Gedankenübertragung“ (Telegraphie und Telephonie), nicht zuletzt aber auch: den Einflüssen auf die gesundheitliche und soziale Lage der Bevölkerung einschließlich der Frage der Verwendung von Elektrizität für hauswirtschaftliche Arbeiten.

Zitiert nach dem geradezu mit Sehergabe begabten Mentor dieser Untersuchungen, Arnold Krasny („Die Aufgäbe der Elektrizitätsgesetzgebung“, Wien 1910), betrug die Gesamtleistung aller zwischen 1886 und 1909 entstandenen Werke Zisleithaniens bloß 285.353 Kilowatt (Vergleich heute: 14,951.000 Kilowatt allein auf unserem Staatsgebiet). Geradezu prophetisch mutet die Prognose Krasnys für den Stromverbrauch der österreichischen Alpenländer für das Jahr 1970 mit 10.700 Millionen PS-Stunden (7.870 Millionen Kilowattstunden) an, wenn man dem den effektiven Verbrauch an elektrischer Energie des Jahres 1970 in Österreich mit 24.622 Millionen Kilowattstunden gegenüberstellt. Eine in der Größenordnung so treffende Prognose über 60 Jahre Entwicklung- ist woH -einmalig zu nennen.

Und prophetisch schrieb und verlangte der einflußreiche Professor im Jahre 1910: „Die erste und wichtigste wirtschaftspolitische Aufgabe ist demnach auch in Österreich, die Ausnützung der Elektrizität mit allen Kräften zu fördern, die Entstehung neuer Unternehmungen zu begünstigen, ihre Lebensbedingungen zu verbessern, ihre Rentabilität und ihre dauernde und ersprießliche Wirksamkeit sicherzustellen.“

Uns Verantwortlichen der Gegenwart, dem Management und den Technikern der Elektrizitäts-Versorgungsunternehmen von heute ist ein großes Erbe überantwortet. Nicht nur all die Annahmen des beginnenden 20. Jahrhunderts in bezug auf die Strorn-anwendung haben zugetroffen, die moderne Kommunikationstechnik sowie eine Fülle von damals unvorhersehbaren Nutzanwendungen elektrischer Energie haben die Bedeutung unseres Wirtschaftszweiges noch weit darüber hinaus erhöht. Wir werden gemeinsam mit unseren Mitarbeitern all unsere Kraft und Einsatzbereitschaft aufzubieten haben, um den uns jetzt und in Zukunft . gestellten Aufgaben auch voll gerecht zu werden.

So können wir mit Stolz auf eine höchst erfolgreiche Vergangenheit zurückblicken, und wir werden nach bestem Wissen und Gewissen die uns heute und für die nächsten Jahrzehnte gestellten Aufgaben nicht nur der Bedarfsdeckung, sondern auch einer relativ optimalen Umwelt und damit der sozialen Verträglichkeit unserer Arbeit zum Wohle von Wirtschaft und Bevölkerung Österreichs gerecht zu werden suchen. Dies muß im Geist der großartigen gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Leistungen der unmittelbaren Nachkriegszeit und eines umfassenden Konsensus geschehen, wie er etwa das Zweite Verstaatlichungsgesetz entstehen,ließ.xa0o xn«/

Der Autor ist Generaldirektor der Osterreichischen Verbundgesellschaft.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung