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Energiebewußtsein und Stromversorgung

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Spätestens seit der Ölkrise des Jahres 1973 durchzieht die Energiediskussion in vielfältiger Form die Massenmedien einmal mehr, einmal weniger heftig. Kaum hatten sich Westeuropas Bürger vom öl-schock erholt und mit den höheren Benzinpreisen abgefunden, trat eine andere Energieart in den Mittelpunkt der Debatte, nämlich der elektrische Strom. Nicht zu Unrecht! Keine andere Energieform hat unser wirtschaftliches und unser privates Leben in diesem Ausmaß durchdrungen wie die Edelenergie Elektrizität. Weder die Wirtschaft noch der private Haushalt würden ohne Strom funktionieren, d. h. die Menschheit hat sich in den letzten 70 Jahren dieser Energieform völlig „ausgeliefert“.

In dieser Situation wurde erstmals ein Energiebewußtsein im wahrsten Sinne des Wortes geboren. Die Menschen wurden sich der Energie bewußt. Sie sahen plötzlich, wie notwendig und wichtig eine gesicherte Energieversorgung ist.

Viele Ideen wurden geboren, die darauf abzielten, die plötzlich bewußt gewordene Abhängigkeit von importierten Energieträgern wenigstens zu lockern. Sehr bald schlich sich aber in diese Debatte ein bedauerlicher Irrtum ein. In vielen Artikeln und Gesprächen wurde der Begriff Energie mit elektrischer Energie gleichgesetzt, so daß die Energiedebatte immer mehr zu einer Stromdebatte wurde, obwohl der elektrische Strom nur etwa 15 Prozent des österreichischen Energiebedarfes deckt.

Als Generaldirektor eines Elektrizitätsunternehmens begrüße ich einerseits diese Energiediskussion, anderseits auch das Sich-Gedanken-machen um einen vernünftigen Energieeinsatz und um Alternativenergien. Ich glaube aber, daß es an derzeit ist, die Dinge im rechten Licht zu sehen und den Effekt mancher vielgepriesener Alternativenergien richtig einzuschätzen. Die Sonnenenergie wird sicherlich in den kommenden Jahrzehnten die Strombilanz nicht wesentlich entlasten. Natürlich ist der Einsatz dieser sauberen Energieform, wo immer er möglich ist, zu begrüßen. Er wird sich aber in erster Linie auf das Gebiet der Warmwasserbereitung beschränken. Windenergie dürfte in Österreich kaum eine große Bedeutung erlangen, ebenso wie die Erdwärme. Der Einsatz der Wärmepumpe wird ebenfalls der Wärmeaufbereitung dienen und kann in erster Linie in jenen Bereichen einspringen, die heute vom öl oder Gas dominiert werden. Für die Elektrizitätsversorgung der nächsten Jahrzehnte werden alle diese sogenannten Alternativenergien keine wesentliche Rolle spielen. Es ist im Gegenteil zu erwarten, daß deren vermehrter Einsatz einen Zuwachs des Stromverbrauches bedeutet. Man braucht ja auch zum Betrieb einer Wärmepumpe Strom, und in jenen Jahreszeiten, in denen diese Energieformen nicht zur Verfügung stehen - speziell im Winter - wird teilweise der elektrische Strom dafür einspringen müssen. Die OKA verfolgt die Entwicklung dieser Alternativenergien sehr genau. In ihrem Versorgungsgebiet ist schon eine Reihe von Sonnenkollektoren und Wärmepumpen im Einsatz. Für die künftige Stromerzeugung werden wir uns aber zumindest vorläufig mit den traditionellen Energieträgern begnügen müssen.

1400 Millionen Schilling wird die OKA im laufenden Jahr für die Sicherung der Stromversorgung Oberösterreichs investieren müssen. 641 Millionen werden davon dem Bau von eigenen Erzeugungsanlagen bzw. Beteiligungen (vorwiegend am Donaukraftwerk Abwinden-Asten) zufließen. 630 Millionen Schilling kommen dem Ausbau des Netzes zugute, das bei ständig steigendem Strombedarf immer enger geknüpft werden muß.

Da Kraftwerke nicht von heute auf morgen aus dem Boden gestampft werden können und Bauzeiten von mehreren Jahren haben, muß die Elektrizitätswirtschaft vorausplanen. Im koordinierten Ausbauprogramm ist die Kraftwerksplanung für die nächsten zehn Jahre festgelegt. Sie wird laufend auf die sich verändernden wirtschaftlichen Gegebenheiten abgestimmt. Grundsätzlich ist für die kommenden zehn Jahre mit einer jährlichen Steigerungsrate von 5,7% zu rechnen, was aus genauen Sektorenanalysen errechnet wurde. Daß die Stromverbrauchsprognose der Elektrizitätswirtschaft einen sehr hohen Genauigkeitsgrad hat, wurde durch die Praxis in den vergangenen Jahren bewiesen.

Für die künftige Stromversorgung unseres Bundeslandes ist die OKA bemüht, so weit wie möglich heimische Energieträger, hier vor allem die oberösterreichischen Wasserkräfte, auszunützen. Die großen Flüsse unseres Landes, wie Donau, Inn und Enns, sind bereits ausgebaut. Die OKA errichtet derzeit an der Traun das Kraftwerk Marchtrenk, das im Winter 1979/80 erstmals Strom erzeugen wird. Mit seiner jährlichen Stromproduktion von 200 Millionen Kilowattstunden kann man etwa eine Stadt von 40.000 Einwohnern versorgen. Bezogen auf die österreichische Handelsbilanz erspart dieses Kraftwerk jährlich rund 75 Millionen Schilling. Dieser Betrag müßte für ölimporte aufgewendet werden, würde man dieselbe Menge Strom in einem öl-kraftwerk erzeugen.Weitere Wasserkraftwerke an der Traun sind noch im Raum Hörsching und Lam-bach-Saag geplant. Speziell die Kraftwerke Marchtrenk und Hörsching werden neben der Stromerzeugung auch eine Reihe anderer Aufgaben, die vor allem für die Umwelt von großer Bedeutung sind, erfüllen. Die Hochwassergefahr an der Traun wird gebannt, das weitere Absinken des Grundwassers verhindert. Durch spezielle Isoliermaßnahmen an den Seitendämmen wird in Zukunft kein belastetes Traunwasser mehr in den Grundwasserstrom des Flusses eindringen können. An der Salzach sollen ebenfalls vier Kraftwerksstufen errichtet werden, an denen sich die OKA beteiligen wird. Es handelt sich um die Kraftwerke Eching, Tittmoning, Laufen und Burghausen. Weiter Beteiligungen sind an den Donaukraftwerken Melk und Greifenstein vorgesehen.

Neben den Wasserkraftwerken sind zur Stromversorgung auch Dampfkraftwerke erforderlich, die vor allem in den Wintermonaten, wenn die Wasserführung der Flüsse absinkt und die Wasserkraftwerke nur einen Teil ihrer installierten Leistung erzeugen können, die Stromversorgung zu sichern. Die Verwendung von Kohle zur Stromerzeugung hat in Oberösterreich eine sehr alte Tradition. Die OKA ist heute der größte Abnehmer der oberösterreichischen Braunkohle und kauft rund zwei Drittel der Jahresproduktion der Wolfsegg-Traunthaler Kohlen-werks-AG und etwa die Hälfte der Jahreserzeugung der Salzach-Kohlenberg-bau-Ges. m. b. H. Im nächsten Jahrzehnt wird die OKA voraussichtlich auch eine 150 MW Dampfkraftwerksleistung benötigen, um das Bundesland auch im Winter sicher mit elektrischem Strom versorgen zu können. Wo dieses Kraftwerk entstehen und womit es betrieben werden soll, ist noch nicht endgültig festgelegt.

So weit in kurzen Worten die Stromzukunft Oberösterreichs.

Die Bewältigung der Stromzukunft wird sicherlich nicht einfach sein. Viel wird davon abhängen, ob es gelingt, die geplanten Kraftwerksbauten termingerecht fertigzustellen. Noch mehr aber könnte der Elektrizitätswirtschaft die gesamte Bevölkerung, also ihre Kunden, helfen, einerseits durch vernünftigen und sparsamen Einsatz der elektrischen Energie, anderseits durch Verständnis für die Planungen und Investitionen der Elektrizitätswirtschaft. Wenn wir uns mit diesem Artikel an die Öffentlichkeit wenden, so möchten wir auch Sie, geschätzter Leser, bitte, sich mit den Argumenten der Elektrizitätswirtschaft auseinanderzusetzen und diese in Ihre Überlegungen einzube-ziehen. Wir sind uns der Verantwortung für die künftige Stromversorgung bewußt. Wir wissen, daß ein eventueller Mangel an elektrischer Energie nicht nur große wirtschaftliche, sondern auch soziale und damit politische Probleme und Umwälzungen mit sich bringen würde.

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