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MIT ENERGIE HAUSHALTEN

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Österreich verbraucht heute mehr Energie als je zuvor. Diese steigende Verbrauchsentwicklung steht im krassen Gegensatz sowohl zu den umweltpolitischen Erfordernissen, als auch zu den politisch fixierten Zielen.

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Österreich verbraucht heute mehr Energie als je zuvor. Diese steigende Verbrauchsentwicklung steht im krassen Gegensatz sowohl zu den umweltpolitischen Erfordernissen, als auch zu den politisch fixierten Zielen.

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FURCHE: Österreich hat sich verpflichtet, bis 2005 seinen CO Ausstoß um20 Prozent abzusenken. Wird das gelingen?

ALFRED JÖCHLINGER: Alles deutet derzeit darauf hin, daß wir den CO2-Ausstoß, der ja wesentlich vom Energiesystem bestimmt ist, nicht einmal stabilisieren können. Er wird vielmehr aller Voraussicht nach um 20 bis 30 Prozent höher liegen als 1988. Es bedarf daher einer umfassenden Energiesparpolitik.

FURCHE: Wo muß man ansetzen?

JÖCHLINGER: Beim Bedarf an Licht, Raumwärme, mechanischer Arbeit... Es geht nämlich um die Energiedienstleistungen. Denn sie lösen die Nachfrage nach Energie aus. Aus dieser Sicht wird erst die Bedeutung des Handelns des Endverbrauchers ins Zentrum der Betrachtung gestellt. Sieht man das Problem nur vom Energieaufkommen her, so bleibt der eigentlich entscheidende Sektor ausgeblendet. Statt von einer Energiesparpolitik würde ich daher lieber vom Haushalten mit dem kostbaren Gut Energie reden.

FURCHE: Wo muß dieses Haushalten ansetzen?

JÖCHLINGER: In drei Bereichen: Zunächst beim Energiesparen im engeren Sinn: Darunter verstehe ich alles, was mit oder ohne Verzicht auf Komfort zu weniger Verbrauch führt. Hier geht es um das individuelle Verhalten: Absenken der Raumtemperaturen, Umsteigen vom motorisierten Individual- auf den öffentlichen Verkehr....

Zweitens geht es um eine rationellere Energienutzung: Darunter versteht man alle Aktivitäten, die eine effiziente Energie Verwendung, -Umwandlung und -aufbringung umfassen. Das bedeutet: minimaler Energieeinsatz bei gegebener Leistung, also energieeffiziente Blockheizkraftwerke, Verbrauchsvorgaben für neuzugelassene Autos, bessere Dämmung des Althausbestandes und Forcierung von energieeffizienten Neubauten (Ansatzpunkt Bauordung)...

Schließlich geht es um eine Substitution bei den Energieträgern: fossile Energieträger und -quellen (Erdöl, Kohle, Gas) sind zugunsten erneuerbarer (Wasserkraft, Biomasse, Sonnen- oder Windenergie...) zurückzudrängen.

FURCHE: Was bedeutet das nun konkret für die Politik? JÖCHLINGER: Entscheidende

Fortschritte wird man nur in einer konzertierten Aktion der Gebietskörperschaften erzielen - etwa im Bereich der Althaussanierung. Weiters sollten die Programme (insbesondere wenn es um Konjunkturbelebung geht) nicht auf einzelne Großprojekte beschränkt werden. Energie- und umweltpolitisch sinnvoll ist vor allem die Sanierung der in den Jahren 1955 bis 1975 gebauten, besonders schlecht gedämmten Häuser.

Darüber hinaus muß die Bauordnung verschärft werden, um für höhere Standards der Wärmedämmung zu sorgen. Heute werden noch Bauten errichtet, die das Doppelte von dem an Energie für Raumwärme verbrauchen, was technisch mit geringstem Mehraufwand erreicht werden könnte. Hier geht es um politischen Gestaltungswillen und um die Bereitschaft, die Einhaltung der Vorgaben zu überwachen. In diesem Bereich gibt es große Vollzugsdefizite.

FURCHE: Wo könnte man noch ansetzen?

JÖCHLINGER: Eine weitere Stoßrichtungist in der Herstellung einer bestimmten Chancengleichheit zu sehen: Die Ausweitung des Energieaufkommens darf nicht gegenüber dem Energiesparen weiterhin so bevorzugt bleiben: Hunderte Millionen Schilling werden ausschließlich in die Vorplanung von Kraftwerken gesteckt. Demgegenüber fristen Aktivitäten, die sich um höhere Energieeffizienz oder um das Haushalten mit Energie bemühen, ein kärgliches Dasein.

Auch im Verkehrsbereich sind Maßnahmen überfällig. Neben der Erhöhung der Attraktivität des öffentlichen Verkehrs sollte der technische Fortschritt im Individualver-kehr besser genutzt werden: Das heißt Flottenverbrauchsvorgabe für neuzugelassene Fahrzeuge - ob durch gesetzliche Regelung oder freiwillige Vereinbarung ist nebensächlich.

FURCHE: Wird man ohne Energiesteuern auskommen? JÖCHLINGER: Die niedrigen Energiepreise sind ein wesentliches Hemmnis für das Haushalten mit Energie. Bevor man an die Einführung von Energie- oder COz-Steuern herangeht, sollte man die vorhandenen Handlungsspielräume auf dem Steuersektor ausschöpfen. Österreich hebt mit Ausnahme der Mehrwertsteuer (die ja für Unternehmen nicht relevant ist) keine Steuern auf Gas und Elektrizität ein - ganz im Gegensatz zu den Nachbarländern. Hier gibt es ebenso Spielräume für Besteuerung, wie bei der im internationalen Vergleich niedrigen Mineralölsteuer. Wesentlich ist aber, daß dieses Instrumentarium gezielt aus energie-und umweltpolitischen Zielsetzungen eingesetzt wird, nicht jedoch als Mittel zum Stopfen von Budgetlöchem.

Mit Dipl. Kfm. Dr. Alfred Jöchlinger, dem stellvertretenden Leiter der Energieverwertungsagentur, sprach Christof Gaspari.

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