Konjunktur für Ökostrom

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Biogas- und Windkraftanlagen rechnen sich in Zukunft ebenso wie Kleinwasserkraftwerke. Neu festgesetzte

Mit dem Ökostromgesetz und der Ökostromverordnung hat die Österreichische Regierung erstmals seit mehr als zehn Jahren ein wichtiges politisches Signal an die Wirtschaft, aber auch an die Konsumenten gegeben: Wir wollen uns in der Stromversorgung trotz unseres hohen Wasserkraftanteiles weiter verstärkt neuen erneuerbaren Energieträgern zuwenden, mit der heimischen Wirtschaft die neuen Technologien weiterentwickeln und damit auch die traditionell starke Exportwirtschaft in diesem Bereich unterstützen. Die aktuellen weltpolitischen Ereignisse (Irak-Krise, Venezuela-Krise) und die weltweite Zunahme extremer Wetterereignisse als Folge des fortschreitenden Klimawandels zeigen deutlich die Notwendigkeit einer Neuorientierung unserer Energiewirtschaft. Mehr Nachhaltigkeit ist die Stoßrichtung (Kyoto-Ziele).

Was legt nun das Ökostromgesetz fest? Im Paragraf 4, dass der Anteil von Strom aus erneuerbarer Energie bis 2010 von derzeit 70 auf 78,1 Prozent zu erhöhen ist. Um dieses Ziel zu erreichen, ist festgelegt, dass vier Prozent des von den Netzbetreibern gelieferten Stroms bis 2008 Elektrizität aus neuen Formen erneuerbarer Energie zu sein hat. Vier Prozent mehr Strom aus diesen Energieträgern ist nicht viel, beträgt doch der prognostizierte Strom-Mehrverbrauch bis 2008 rund zehn bis zwölf Prozent. Andererseits entspricht diese Menge rund zwei Milliarden Kilowattstunden (kWh), also dem durchschnittlichen Jahresstromverbrauch von 570.000 österreichischen Haushalten.

Diese zwei Milliarden kWh stellen eine nicht zu unterschätzende Herausforderung für heimische Anlagenbauer und Investoren dar. Landwirtschaftliche Biogasanlagen, Holzverstromungs-, Windkraft- und Fotovoltaikanlagen, aber auch die Erneuerung und der begrenzte Ausbau von Kleinwasserkraftanlagen sind durchzuführen. Das wird eine enorme Dynamik bei den Investoren, Planern, Errichtern und Betreibern solcher Anlagen auslösen.

In Paragraf 11 des Gesetzes wird der Wirtschaftsminister ermächtigt, per Verordnung Einspeisetarife für diesen neuen Ökostrom festzulegen. Was steht nun in dieser Verordnung? Wichtig für Investoren ist, dass die Einspeisetarife für die neuen Anlagen ab Inbetriebnahme der jeweiligen Anlage 13 Jahre gültig sind. Die in der Grafik angeführten Tarife gelten für neue und anerkannte Ökostromanlagen. Für diese Anerkennung ist der jeweilige Landeshauptmann zuständig.

Als neue Ökostromanlage gelten alle zwischen dem 1. Jänner 2003 und dem 31.Dezember 2004 genehmigten Ökostromanlagen, die bis spätestens 30. Juni 2006 in Betrieb gehen. Dieses relativ enge Zeitfenster von zwei Jahren für die Planung und Genehmigung und einem guten weiteren Jahr für die Errichtung wurde vom Gesetzgeber bewusst gesetzt. Er will damit wirtschaftliche Anreize für Investoren geben, aber auch die Steuerungsmöglichkeit für zukünftige Schritte nicht aus der Hand geben.

Das Ökostromgesetz legt fest, dass die Stromversorger bis Ende 2004 einen Ökostrom-Zuschlag von maximal 0,22 Cent je kWh einheben dürfen. Ab 2005 kann der Wirtschaftsminister diesen Zuschlag im Bedarfsfall neu festsetzen. Diese Balance ermöglicht es, einerseits den notwendigen Anschub für Investitionen zu geben, andererseits die Kosten unter Kontrolle zu behalten. Dieser Ökostromzuschlag bedeutet für den durchschnittlichen Haushalt eine Mehrbelastung von zwei bis drei Krügerl Bier pro Jahr und hält sich damit wirklich in Grenzen.

Unterschiedliche Tarife gibt es auch für Kleinwasserkraftwerke, je nachdem ob es sich um bestehende Anlagen handelt oder um solche, die revitalisiert, ausgebaut oder neu errichtet werden: Sie liegen zwischen 3,15 und 6,25 Cent je kWh.

Wie können nun die oben erwähnten vier Prozent Ökostrom aufgebracht werden und was bedeutet dies für die Wirtschaft, die Arbeitsplätze und die Umwelt? Wie das Ziel tatsächlich erreicht wird, das wird man erst in einigen Jahren erkennen. Heute aber lassen sich Szenarien für eine Umsetzung auf Grund der verordneten Tarife abschätzen. Die Tabelle stellt eine solche Abschätzung, eine wahrscheinliche Variante dar.

Nach dieser Übersicht beläuft sich die Gesamtinvestition auf 813 Millionen Euro, verteilt auf fünf Jahre. Es ist damit zu rechnen, dass die Aufträge zu etwa 80 Prozent an heimische, regionale Firmen gehen und damit ein Beschäftigungsvolumen von rund 3.000 Arbeitsplätzen schaffen. Bei den Anlagen, die Biomasse verwerten, entstehen Brennstoffkosten von rund 70 Millionen Euro pro Jahr. Die Bereitstellung dieser Biomasse schafft weitere 2.300 Arbeitsplätze. Durch die Anlagenwartung entstehen schließlich Kosten von rund 46,6 Millionen Euro jährlich, was weitere 1.400 Arbeitsplätze bedeutet. In Summe werden also rund 7.000 heimische Dauerarbeitsplätze geschaffen.

Zu berücksichtigen ist weiters, dass die Unternehmen des Anlagenbaus einen zusätzlichen Markt für die Weiterentwicklung der Technologie erhalten. Das stärkt ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit und bringt verbesserte Chancen im Export.

Der CO2-Einsparungseffekt ist mit 1,075 Millionen Tonnen anzusetzen. Nach der Kyoto-Vorgabe müssen bis 2010 im Strombereich aber rund 1,8 Millionen Tonnen eingespart werden. Will man teure Sanktionen vermeiden, müssen also weitere Einsparungen erfolgen oder es wird zusätzlicher Strom aus erneuerbaren Energieträgern aufgebracht.

Die maximale Kostenbelastung durch die zusätzlichen vier Prozent Strom aus heimischen erneuerbaren Energieträgern macht rund 105 Millionen Euro aus. Das ist ein verschwindend geringer Betrag, wenn man Hochwasserschäden durch Klimaänderung, Kriegskosten für die Sicherung der verbleibenden fossilen Energieträger, Gesundheits- und Wirtschaftsschäden durch Klimaänderung zusammenrechnet.

Viele Jahre lang haben wir neidvoll nach Deutschland geblickt, wo seit 1990 eine gesetzliche Regelung für Strom aus erneuerbarer Energie die Entwicklung der Windkraftindustrie, aber auch von zahlreichen Biomassekraftwerken und Biogasanlagen ermöglicht hat. Durch die neue österreichische Ökostromregelung blicken nun unsere deutschen Kollegen mit ähnlichen Gefühlen nach Österreich.

Darüber hinaus müssen alle neuen EU-Mitglieder ähnliche Maßnahmen zur vermehrten Verwendung von Strom aus erneuerbaren Energieträgern setzen. Die über 10 Millionen Hektar landwirtschaftlich nicht mehr benötigter Flächen lassen die Ökostromerzeugung, vor allem durch landwirtschaftliche Biogasanlagen im Megawatt-Bereich zweckmäßig erscheinen. Auf einer Million Stillegungsfläche können rund 15 Milliarden kWh Strom und gleich viel nutzbare Wärme aus gespeicherter Sonnenenergie nachhaltig gewonnen werden.

Ein Konzept für Osteuropa

Damit könnte man ebenso viel Strom erzeugen wie drei bis vier Atomkraftwerke. Da es in den Beitrittsländer rund zehn Millionen Hektar Überschussflächen gibt, könnte man auf diese Weise alle Atomreaktoren in diesen Ländern ersetzen. Die EU müsste die dafür notwendigen Finanzierungshilfen bereitstellen und entsprechende Rahmenbedingungen für die Stromeinspeiseregelung herbeiführen. Das für diesen Zweck erforderliche Geld ist unvergleichlich besser angelegt als zur Finanzierung weiterer dubioser Atomanlagen.

Der Autor ist Energiereferent der steirischen Landwirtschaftskammer.

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