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Mit Atomkraft gegen die Klimakrise?

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Die Atomkraft ist zurück im Gespräch: Ihren Verfechtern gilt sie als sauberste Lösung der Energiekrise – und als unverzichtbare Stütze zum Erreichen der Klimaziele. Aber auch die neue Generation der Atomreaktoren ist mit einem alten Problem behaftet.

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Die Atomkraft ist zurück im Gespräch: Ihren Verfechtern gilt sie als sauberste Lösung der Energiekrise – und als unverzichtbare Stütze zum Erreichen der Klimaziele. Aber auch die neue Generation der Atomreaktoren ist mit einem alten Problem behaftet.

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Es ist eine unerwartete Mahnung, wenn Klimaaktivisten und Wissenschafter ein glühendes Statement für die Atomkraft abgeben: „Es gibt keine plausible Möglichkeit, den globalen CO₂-Ausstoß ohne einen massiven Ausbau der Kernenergie zu reduzieren. Sie ist die einzige uns heute verfügbare kohlenstoffarme Technologie, die nachweislich in der Lage ist, große Mengen zentral erzeugten Stroms zu liefern.“ Damit haben sie es schließlich auch in Steve Pinkers Buch „Aufklärung jetzt“ (S. Fischer 2018) geschafft. Heute äußern Forschende zunehmend die Sorge, dass erneuerbare Energieträger den steigenden Strombedarf – zumindest mittelfristig und ohne verbesserte Speichertechnologien – nicht alleine abdecken können.

Steigender Energiebedarf

Um die Welt bis 2050 frei von CO₂- Emissionen zu gestalten, wird es viel Elektrizität brauchen. Einerseits muss das heutige Stromnetz aus regenerativen Energieträgern gespeist und der steigende Energiebedarf aufstrebender Nationen wie Indien oder Indonesien emissionsfrei gedeckt werden. Hinzu kommt weltweit rund eine Milliarde Menschen, die bislang ohne Zugang zu Elektrizität lebt. Andererseits müssen Sektoren wie Industrie, Mobilität oder Bauwesen durchgehend von fossilen Energieträgern auf Elektrizität umgerüstet werden. Der Energieanalytiker Robert Bryce schätzt, dass allein das Schritthalten mit dem global wachsenden Energiebedarf jährlich die Umwandlung eines Gebiets der Größe Deutschlands in Windparks erfordern würde. Um den weltweiten Gesamtbedarf an erneuerbaren Energien bis 2050 decken zu können, brauche es eine Fläche so groß wie die USA, inklusive Alaska, Mittelamerika und der bewohnte Teil Kanadas, vollgepflastert mit Windparks und Solaranlagen. Als umweltfreundlicher gilt vielen ein Verdichtungsprozess, der auf möglichst kleiner Fläche möglichst große Energiemengen erzeugt. Und als ergiebigste CO₂-freie Energiequelle der Welt repräsentiert Atomkraft durch die nukleare Reaktion der Kernspaltung eben die ultimative Dichte.

Sonne und Wind unterliegen durch Wetter und geografische Lage natürlichen Versorgungsgrenzen. Für den Ausgleich saisonaler oder nächtlicher Schwankungen braucht es entsprechende Speichersysteme. Die Hoffnungen ruhen derzeit auf leistungsstarken Lithium- oder Natrium-Ionen-Batterien, deren Entwicklungszeit allerdings auf bis zu 20 Jahre und mehr geschätzt wird. Bis diese Innovation geschafft ist, empfiehlt eine wachsende Zahl Forschender, neben erneuerbaren Energien eine weitere emissionsfreie Quelle in den Mix aufzunehmen: Kernenergie könnte helfen, Kohlekraftwerke so schnell wie möglich vom Netz zu nehmen, da sie rund um die Uhr, zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter eine stabile Stromversorgung garantiert. Anstatt den Umweg über Kohle zu nehmen, könnten aufstrebende Weltregionen CO₂-freie Atomenergie nutzen und damit auch die Bevölkerung vor Umwelt- und Luftverschmutzung durch Kohlekraftwerke bewahren. Mindestens 100.000 Todesfälle pro Jahr werden mit dem Kohleabbau und den verursachten Emissionen assoziiert.

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