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Atom ström — bereits rentabel?

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Nach neusten. Kalkulationen, die in der BRD angestellt wurden, ist derzeit die Produktion von Atomstrom bereits um 25 Prozent billiger als die Herstellung der konventionellen Energie. Die Erkenntnis dieser Kostendifferenz hat in der BRD zum Entschluß geführt, in Höxter und bei Hamburg zwei Kernkraftwerke zu errichten, die nicht mehr den Charakter von Versuchsobjekten haben, sondern gewinnorientiert betrieben werden sollen. Man schätzt, daß die Abgabe von Atomenergie bereits im Zeitraum 1972 bis 1975 möglich sein wird. Bis 1980 (dieses Jahr kommt immer wieder als Endpunkt der Schätzungen vor) werden in der BRD 30 bis 50 Kraftwerke mit einem Leistungsvermögen von 30.000 Megawatt (1 MW = 1000 Kilowatt beziehungsweise eine Million Watt) errichtet oder in Auftrag gegeben worden sein. (Im EWG-Raum bis zum gleichen Jahr: 60.000 MW.)

Angesichts der Kommerzialisierungsreife der Projekte um die Gewinnung von Energie aus Atom-

kraft spricht „Der Volkswirt“ (Frankfurt am Main, Nr. 28/1967) mit Recht von einem ganz bedeutenden Schritt für die industrielle Entwicklung der Bundesrepublik. In einem gewissen Sinn handelt es eich freilich den USA gegenüber bereits um eine Nachholentwicklung, gibt es doch dort schon 14 Kernkraftwerke. Außerdem sind in den USA 16 Werke in Bau; weitere 24 befinden sich im Planungsstadium. Die bereits fertiggestellten und die in Auftrag gegebenen Atomkraftwerke der USA haben eine Kapazität von 30.000 MW. Bis 1980 soll die Kapazität der US-amerikanischen nuklearen Stromerzeugung auf 110.000 MW gesteigert werden. Gemessen an den Neubestellungen von Energiekraftwerkbauten beträgt in den USA der Anteil der Kernkraftwerkbauten im Jahre 1965 ungefähr 25 Prozent; 1966 sind es mehr als 50 Prozent. In diesem Jahr wird die Quote 60 Prozent übersteigen.

Wenn man von noch nicht kommerzialisierbaren Versuchsobjekten absieht, haben in Österreich als erste die Vorarlberger Kraftwerke AG mit den Nordostschweizerischen Kraftwerken AG Verhandlungen aufgenommen, die auf eine Beteiligung am Atomkraftwerk Bernau, das vor der Vollendung steht, zielen. *

Nach Berechnungen von Euratom wird es im Jahre 1980 möglich sein,

genausoviel Strom durch Nutzung der Kernenergie zu gewinnen wie aus fossilen Brennstoffen. Der bundesdeutsche Minister für Wissenschaftliche Forschung, Dr. Gerhard Stoltenberg, erklärte jüngst einem Publizisten, daß 1980 in der

BRD die Atomkraftwerke mit 40 Prozent an der gesamten Stromerzeugung beteiligt sein werden. Auf diese Weise werden die bundesdeutschen Kraftwerke auf nuklearer Basis in dreizehn Jahren so viel Strom produzieren wie derzeit die gesamten Kraftwerke.

Immer mehr Geld für Atomkraft zu zivilen Zwecken

Die Ziffern zeigen uns, daß die Aufwendungen für die Gewinnung von Atomkraft zu zivilen Zwecken beziehungsweise für die Herstellung von Strom expandieren. In den EWG-Staaten werden derzeit fünf bis sieben Prozent der gesamten Aufwendungen der Volkswirtschaften für die Bereitstellung der zusätzlich erforderlichen Energie eingesetzt; wenig in der Landwirtschaft (drei bis fünf Prozent), extrem viel zum Beispiel in der chemischen Industrie: 20 bis 25 Prozent). Ein wachsender Teil der Bnergdeinvesti-tionen ist auf die Installierung von Atomkraftwerken gerichtet (EWG: 1964 4 Prozent, 1966 14 Prozent).

Im Jahr 2000 sollen in den EWG-Staaten zwei Drittel der Primärenergie aus Kernkraftwerken stammen. Zum gleichen Zeitpunkt wird der Verbrauch an Kohle ungefähr gleich hoch sein wie jetzt. Dagegen wird dreimal soviel an öl und etwas mehr an Wasserkraft als gegenwärtig technisch konsumiert werden. In drei Jahrzehnten werden jedenfalls Kohle, öl und Wasserkraft zusammen lediglich ein Drittel des Energiebedarfes der Staaten der EWG decken.

Der progressive Anstieg des

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