7133513-1997_37_16.jpg
Digital In Arbeit

40 Jahre Planung, zehn Jahre Streit

19451960198020002020

Die Mühen der OKA mit einem kleinen Kraftwerk namens Lambach, dem Eigentümer Politik und dem Zwang, sich zu verbessern.

19451960198020002020

Die Mühen der OKA mit einem kleinen Kraftwerk namens Lambach, dem Eigentümer Politik und dem Zwang, sich zu verbessern.

Werbung
Werbung
Werbung

Genug der Proteste, die Bagger starten und endlich bauen, sagen die einen. Und die Mehrzahl der Oberösterreicher steht im Lager derer, denen genug verhandelt, zuviel diskutiert, berufen und verzögert worden ist. Im oberösterreichischen Lambach an der Traun sollen endlich die Baumaschinen anrollen, dort ein Kraftwerk mit 71 Megawatt Jahresleistung errichten. Ein vergleichsweise winziges Projekt, dessen Planungsursprünge 40 Jahre zurück reichen und um dessen Notwendigkeit seit 10 Jahren gestritten wird.

Bauherr des Traunkraftwerkes, das knapp 700 Millionen Schilling kosten wird, ist die Oberösterreichische Kraftwerke AG, OKA. Lambach ist Politikum, wie der oberösterreichische Landeskonzern OKA selbst es immer war und heute noch ist. Erst unter dem jüngsten Generaldirektor Leopold Windtner, gleichwohl als Florianer Ex-Bürgermeister ein ehemaliger VP-Politiker, hat im Unternehmen eine Entwicklung eingesetzt, die wirtschaftlicher, nicht politischer Ausrichtung Priorität einräumt.

Was nicht heißt, daß politischer Einfluß auf den sieben Umsatzmilliarden starken Konzern zur Gänze ausbleibt. Noch immer ist es so, daß die Führungspositionen zwischen VP und SP vergeben werden. Das Amt des Generaldirektors steht der Volkspartei zu, jenes seines Stellvertreters der SP. Unter den Mitarbeitern der OKA hat die Volkspartei die absolute Mehrheit inne.

Als vor zwei Jahren der neue Generaldirektor Windtner Unternehmensberater von A. T. Kearney ins Haus holte, konstatierten diese, was ohnedies alle ahnten und regelmäßig in Prüfberichten nachzulesen war: Der Konzern, schwerfällig, schlecht geordnet, mit zu vielen Mitarbeitern, die beileibe nicht zu den schlechtest bezahlten zählen, muß Hand an sich legen, soll er die kommende Liberalisierung der Energiemärkte ab 1999 eigenständig überleben.

Seit dieser späten Erkenntnis, die Windtners Vorgänger Simbrunner fehlte, sind zwei Jahre vergangen. Das Unternehmen wurde seither neu organisiert, rationalisiert, mehr als 60 teure Manager wurden vorzeitig in den Buhestand versetzt, Abteilungen zusammengelegt, sodaß die letzte Bilanz 1996 bereits zur besten der Firmengeschichte geriet.

Nun, 1997, sollte der Konzern mit vorerst 24,5 Prozenten neue Eigentümer erhalten. Doch erneut wird die OKA eingeholt von ihrer politischen Verstrickung. Die Landes-SP will der VP diesen noch vor der Landtagswahl am 5. Oktober geplanten Verkaufserfolg nicht gönnen und blockiert die vom zuständigen Landeshauptmann-Stellvertreter Christoph Leitl geplante Veräußerung im Alleingang.

Leitl hat zwei Angebote in Händen, nur eines - von Verbund, Wienstrom und EVN über 5,1 Milliarden Schilling - wird als chancenreich erachtet. Das zweite stammt von der ebenfalls unter „zu verkaufen” etikettierten Energie-Steiermark. Hinter den Steirern steht das Bayernwerk als Geldgeber, wird vermutet. Kommt das erstgenannte Konsortium zum Zuge, erhielte die OKA eine Schlüsselrolle bei der Neugestaltung der österreichischen E-Wirt-schaft. Denn im Gegenzug, so das Diktum aus Oberösterreich, müßte der Verbund bei einem späteren Verkauf von Anteilen diese an die Landesfirmen wie die OKA abgeben. Österreichs Stromfirmen wären - unabhängig von politischer Orientierung-plötzlich miteinander verflochten.

Diesen Paukenschlag wollte sich Christoph Leitl noch vor den Landtagswahlen gönnen. Doch nun muß er, auf Druck der Landes-SP als auch der FP, den Landtag darüber abstimmen lassen. Auch weitere Zugeständnisse ™ eine Strompreissenkung, der Verzicht auf Verkauf von mehr als 50 Prozent - wurden Leitl abgepreßt. Wer sich als Min -derheitsaktionär bei der OKA um viel Geld und gegen wenig Gegenleistung einkaufen darf, soll im Herbst entschieden werden. Schon zuvor könnte der Beschluß zum Weiterbau von Lambach fallen.

Ginge es nach der Mehrheit der Oberösterreicher, würde das Kraftwerk zügig errichtet werden. Mehr als 60 Prozent der Wähler würden diesen Kurs mittragen, ließ die im Lande noch immer führende Volkspartei wissen. „Ja zu Lambach und Nein zu Temelin”, heißt es auf den Wahlplakaten der VP vor dem Urnengang am 5. Oktober.

Zwar ruhen seit Monaten, und zwar zum zweiten Male, die Arbeiten auf der Kraftwerksstelle, weil die Höchstgerichte über Einsprüche von Anrainern entscheiden müssen. Wie zum Hohne wurden die Bauarbeiten aber nicht bloß auf juristischem Wege unterbrochen. Ganz Österreich blickte im Vorjahr an die Traun, als auf der Kraftwerksbaustelle die Gräber von vermeintlich jüdischen KZ-Opfern aufgefunden worden waren. Ein Wink von oben - die Gegner bezeichneten es als pietätlos, hier weiterbauen zu wollen. Längst ist die wahre Identität der Toten geklärt - es handelt sich um protestantische Opfer der Bauernkriege, die hier bestattet worden waren. Sie wurden erst vor wenigen Wochen umgebettet und in einer feierlichen Zeremonie neu begraben.

Zum Kraftwerks-Weiterbau braucht es damit nur mehr, daß die Höchstrichter Berufungen gegen den letzten Wasserrechtsbescheid nicht stattgeben. *” Endgültige Freigabe könnte schon Mitte September erfolgen. Wird sie mündlich bekanntgegeben, könnten die Bauarbeiten noch vor den Landtagswahlen Anfang Oktober wieder aufgenommen werden. Dies jedoch wird die im Wahlkampf so gerne Entschlossenheit zeigende VP scheuen. Wer riskiert schon gerne Tage vor dem Wahltermin Bilder von Demonstranten, die sich an Bagger oder Bäume ketten.

Die Kraftwerksgegner, geführt von Grünen, WWF, Global 2000, agieren nach bewährter Dramaturgie. Sie sehen ihren Widerstand als Neuauflage der Proteste von Hainburg. Auch seltsame Allianzen bildeten sich in der Traunau heraus: Grüne, sonstige Umweltgruppen, dazu die Landesfreiheitlichen, die unter Hans Achatz das Kraftwerk ebenso ablehnen wie SP-Chef Fritz Hochmair. Letzterer hat dabei die eigenen Genossen in Gewerkschaft und Arbeiterkammer gegen sich, die die simple Bechnung „Lambach ist gleich Arbeitsplätze am Bau” eröffneten. Alle hatten sie -auch das eine Parallele zu Hainburg -in der „Kronen Zeitung” Unterstützung. Diese wußte von Frauen und Kindern zu berichten, die sich „an todgeweihte Bäume ketten”, während zwei Seiten weiter die Lokalredaktion der „Krone” vehement für den Weiterbau der Pyhrnauto-bahn eintrat...

Als der Rechnungshof in einem ersten Entwurf eines OKA-Prüfberich-tes, aus dem die „OÖ Nachrichten” im Juni zitierten, das „Bemühen der OKA, ökologisch zu handeln” lobte, heulten die Gegner auf. Veraltet seien die Daten des Rechnungshofes, die Effekte der Strom-Liberalisierung nicht berücksichtigt, meinte ausgerechnet der Grün-Abgeordnete Rudi Anschober, der seine politische Arbeit sonst auf eifriges Zitieren aus Rechnungshof-Berichten stützt. Im nunmehr vorgelegten Endbericht, abermals in den OÖN abgedruckt, fehlen diese Wertungen, nicht jedoch die grundwegs positive Einschätzung des Kraftwerksprojektes durch die Prüfer des Rechnungshofes. Das Kraftwerk würde sich nach 28 Jahren amortisieren -und sei ökologisch eine bessere Alternative als der weiter forcierte Bau von Gaskraftwerken.

Verbrauchsprognosen zeigen, daß die OKA nicht bloß Lambach sondern weitere Kraftwerke zur Deckung des Bedarfs benötigen wird. Die bevorstehende Liberalisierung wird die Preise senken - und damit den Verbrauch weiter fördern. Windkraft, Strom aus Biomasse können nur mit hohen Subventionen in den Markt gepreßt werden. Bliebe die Alternative Gaskraftwerk mit ihren deutlich höheren negativen Einflüssen auf die Biosphäre und dem in aller Munde befindlichen Treibhauseffekt. Antworten der Lambach-Gegner darauf stehen aus.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung