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Erhöhung der Lebensqualität hat 1976 Vorrang

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Seit meiner Berufung vor über 20 Jahren in die oberösterreichische Landesregierung bin ich als Baureferent tätig. Es ist ein Ressort, das sich in Planung und Ausführung in wesentlichem Maße mit der Bewältigung von Aufgaben befaßt, die eine Verbesserung der gesamten Infrastruktur, eine optimale Gestaltung des Lebensraumes auf Landes-, Regional- und Gemeindeebene zum Ziel haben. Dieser überaus komplexe Problemkreis, der auch die Forderung nach steter Verbesserung der Lebensqualität enthält, ist fast ausschließlich zukunftorientiert und liegt mir deshalb ganz besonders am Herzen.

Im Verlauf dieser zwei Jahrzehnte war es möglich, im Interesse einer wirkungsvollen Hebung der Lebensqualität Maßnahmen zu setzen, deren Erfolge auch jenseits unserer Landesgrenzen Anerkennung finden. So hat beispielsweise das von mir 1972 proklamierte ,„Umweltschutz-jahr“ durch eine umfassende Aufklärungkampagne nachhaltig zur Verankerung des Umweltschutzbewußtseins in der Bevölkerung beigetragen. Die logische Folge daraus war — neben einer Reihe anderer bereits bestehender gesetzlicher Grundlagen, wie Mülabfuhr, Kanalisation, Tierkörperverwertung usw. — die Verabschiedung eines neuen Abfallbeseitigungsgesetzes (1974), das seinerseits wiederum den Anstoß für zahlreiche, von durchschlagendem Erfolg begleitete Aktionen geworden ist: darunter „Saubere Landschaft“, „Altglas“, „Altpapier“, „Plastiksäcke“ .Autowracks“ und nunmehr „Altreifen“.

Diese vom Land initiierten Aktivitäten konnten natürlich nur unter Einsatz beträchtlicher Mittel und mit Hilfe der gesamten Bevölkerung gelingen, haben dafür aber maßgeblich zu Verständnis und Selbstverantwortlichkeit für ein „sauberes Oberösterreich“ beigetragen.

Es ist jedoch meiner Auffassung nach unbedingt erforderlich, die vorrangigen Bereiche des Umweltschutzes, wie Luft, Wasser, Müll oder Lärm, gemeinsam zu erfassen, weil sie auch gemeinsam die Lebensbedingungen von Mensch, Tier und Pflanze beeinflussen. Alle Gesetze, Konzepte und sonstigen Aktionen der oberösterreichischen Landesregierung, die sich in irgendeiner Form den Schutz dieser Existenzfaktoren angelegen sein lassen, müssen daher aufeinander abgestimmt werden, um so, auch auf lange Sicht gesehen, die Voraussetzungen zur Erhaltung oder — wo nötig — Verbesserung der Lebenbedingungen zu erwirken.

Abwasserbeseitigung heute Existenzfrage

Einen integrierenden Bestandteil des Umweltschutzes bildet die Abwasserbeseitigung. Sie ist deshalb so wichtig geworden, weil die Selbstreinigungskraft unserer Flüsse längst nicht mehr ausreicht, um den Abwasseranfall insbeondere in Ballungszentren und Fremdenverkehrsgebieten zu neutralisieren. Oberösterreich hat diese Gefahr schon früh erkannt und schwerpunktmäßig mit dem Bau von Kanalisationen und in unmittelbarer Folge von Kläranlagen begonnen, weil sonst auch noch das bislang reine Grundwasser in Mitleidenschaft gezogen worden wäre.

Der Umfang dieser Vorsorgemaßnahmen hat seit 1949 ein gigantisches Ausmaß erreicht: Seit dieser Zeit wurden in Kanalisationen und biologische Kläranlagen über 3200 Millionen Schilling investiert, mit dem Ergebnis, daß heute bereits mehr als 60 Prozent aller Oberösterreicher an eine Abwasserbeseitigunganlage angeschlossen sind.

Geradezu zur Existenzfrage ist In diesem Zusammenhang die Reinhaltung der Salzkammergutseen geworden, die, weltweit betrachtet, noch immer zu den saubersten Seen zählen. Zu ihrem Schutz wird nach einer Berechnung der Landesbaudirektion die runde Summe von 2000 Millionen Schilling erforderlich sein. In überregionaler Zusammenarbeit bei Planung, Bau und Finanzierung haben sich auf der Basis von „Reinhaltungsverbänden“ im Einzugsbereich dieser Seen die Gemeinden zusammengefunden, um dieses Problem in den Griff zu bekommen. Dazu einige Beispiele:

Attersee: Unterhalb des Seeausflusses wurde in Lenzing eine biologische Kläranlage für 60.000, Bewohner errichtet, die im Frühjahr 1976 den Betrieb aufnehmen soll. Zu dieser Kläranlage führt eine Sammelleitung, an die alle Atteseeanlieger-gemeinden angeschlossen werden. Die Rohre wurden in Nußdorf gleich an Ort und Stelle im Endlosverfahren produziert, mit Gewichten versehen und auf den Seegrund abgesenkt. Die Seeleitung wird bis Saisonbeginn 1976 fertiggestellt sein und an den Sammelkanal in Schörfling angeschlossen. Die Ortskanalisationen der Atterseegemeinden sind auch zum Großteil fertig. Allein für diese Verbandsanlage wurden bis jetzt über 110 Millionen Schilling ausgegeben, die zu 70 Prozent vom Wasserwirtschaftsfonds und zu 30 Prozent vom Land gefördert werden.

Mondsee: Eine zentrale Reinigungsanlage mit einer in Österreich noch neuen dritten (chemischen) Reinigungsstufe nimmt sämtliche Abwässer aus der Nordbucht auf. Die Anlage verkraftet die Abwässer von 11.000 Einwohnern und erzielt einen Reinigungsgrad von 98 (!) Prozent. Am Ausbau der Ortskanalisation der Mondseegemeinden wird derzeit intensiv gearbeitet.

Traunsee: Der Sammelkanal zwischen Traunkirchen, Altmünster, Gmunden und der Kläranlage Traun-see Nord ist schon in Funktion. An den Ortskanalisationen wird mit Hochdruck gearbeitet. Zur weiteren Verbesserung der Abwassersituation in diesem Bereich wird derzeit eine biologische Stufe für die Verbandskläranlage errichtet. Die Baukosten für diese Anlagen betragen allein für 1975 über 18 Millionen Schilling.

Wolfgangsee: Die Ortskanalisation und die biologische Kläranlage von St. Wojfgang sind in Betrieb. Im Rahmen eines Reinhalteverbandes, dem Bad Ischl, St. Wolfgang, Strobl und die Salzburger Gemeinde St. Gilgen angehören, sollen in absehbarer Zeit sämtliche Abwässer zu einer unterhalb von Bad Ischl liegenden gemeinsamen Kläranlage geleitet werden.

Hallstättersee: Auch an diesem See wird noch heuer mit dem Bau einer Verbandskläranlage begonnen. Für die ersten Baumaßnahmen stehen fünf Millionen Schilling bereit.

Umweltfreundliche Müllbeseitigung

Einen besonderen Schwerpunkt innerhalb der oberösterreichischen Bemühungen zur Erhöhung der Lebensqualität bildet die Lösung der Müllfrage, für die das neue Abfallbeseitigungsgesetz eine hervorragende Handhabe gibt. Unser Ziel ist es, möglichst im ganzen Land höchstens neun regionale Mülldeponien anzulegen. Die Verhandlungen hiefür konnten mit den in Frage kommenden Gemeinden zum Teil schon abgeschlossen werden. Ein kleines Exempel mag demonstrieren, wieviel Mist in einem Jahr anfällt: Jeder Oberösterreicher wirft täglich mindestens ein halbes Kilo Abfall weg, das ergibt pro Jahr rund 200 Kilo oder, auf die gesamte Bevölkerung umgerechnet, 240.000 Tonnen — ein Berg in der Größe der Cheopspyramide. Dabei ist in diesen Zahlen der Sperrmüll, wie Matratzen, Öfen, Möbelstücke, Autowracks usw. noch gar nicht enthalten! Die zahlreichen, schon eingangs erwähnten Umweltschutzaktionen geben dazu näheren Aufschluß: So wurden bis jetzt als die ärgsten Umweltverschandler an die 6000 Autowracks beseitigt, und weitere drei Millionen Autoreifen — vielfach noch auf Dachböden, in Kellern und Hinterhöfen oder in der Landschaft „abgelegt“, warten auf eine umweltfreundlichere Liquidierung.

Mit Hilfe des Landes konnte dafür im Bezirk Gmunden, in Ohlsdorf, eine Altreifendeponie geschaffen werden, die seit 1. August in Betrieb ist und seitdem 310.000 Stück aufgenommen hat. Die Reifen werden dort mit einer Spezialmaschine zerkleinert und so aufbewahrt, daß keine Umweltschäden entstehen können.

Gefahren der Luftverschmutzung rechtzeitig erkennen

Nicht übersehen werden dürfen ferner die Anstrengungen des Landes zur Reinhaltung der Luft und zu ihrer Überwachung. Im Jahr 1974 wurde über meine Initiative beim Amt der Landesregierung eine Dienststelle für Inrmissionsschutz geschaffen. Zur Überwachung des Schwefelgehaltes der Luft wurden inzwischen in den oberösterreichischen Ballungsräumen an 300 Meßpunkten „Bleikerzen“ aufgestellt oder zur Staubmessung „Berghofkörbe“ installiert. Für Labors, Meßgeräte usw. wurden bisher schon 10,3 Millionen Schilling aufgewendet. Seit einigen Tagen steht dieser Dienststelle der modernste Luftmeßwagen Österreichs zur Verfügung, der schwerpunktmäßig und unabhängig von stationären Energieträgern eingesetzt werden soll. Für dieses Fahrzeug hat das Land weitere 2,2 Millionen Schilling ausgegeben. Damit ist jedoch die Ausstattung des Immissionsschutzes beim Land Oberösterreich noch lange nicht komplett: So ist vorgesehen, im Jahr 1976 zusätzliche Meßgeräte und Laboreinrichtungen anzuschaffen, für die zirka 5 Millionen Schilling ausgegeben werden müssen.

Um diesem Immissionsschutz die notwendige Wirkung zu ermöglichen, habe ich heuer im Frühjahr beim Landtag den Entwurf eines Luftrein-haltegesetzes eingebracht, der gegenwärtig in den zuständigen Ausschüssen beraten wird und die Erfahrungen, wie sie beispielweise im Ruhrgebiet gemacht wurden, berücksichtigt. Das Gesetz soll bis Sommer 1976 in Kraft treten. Zweck des Luftrein-haltegesetzes ist es, die natürliche Zusammensetzung der freien Luft zu erhalten, das heißt, luftfremde Stoffe, wie Dämpfe, Gase, Staub, Rauch, Ruß und andere gesundheitsgefährdende Bestandteile aus der Atemluft fernzuhalten. Daraus ergibt sich also für jedermann die Verpflichtung, die freie Luft nicht zu verunreinigen. Das Land wird dabei im Sinne des Immissionsschutzes die erforderlichen Luftmessungen vornehmen, während die Gremien im.örtlichen Wirkungbereich durch Beobachtungen und andere Maßnahmen an der Vollziehung des Luftreinhaltegeset-zes beteiligt sein werden. Zur besseren Handhabung des Gesetzes werden nach dessen Inkrafttreten auf dem Verordnungswege generelle Vorschriften erlassen werden.

Mit all diesen Gesetzen, Aktionen und Investitionen kommen wir dem gesteckten Ziel eines „Sauberen Oberösterreich“ näher, denn unsere gemeinsamen Bemühungen um den Umweltschutz geben die Gewähr dafür, daß uns auch in Zukunft ein hoher Stadard in der Lebensqualität erhalten bleibt. +

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