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Dörfer und Umwelt erneuern
Dorferneuerung: Ein seit mehr als 10 Jahren erfolgreicher Ansatz zur Belebung des ländlichen Raumes setzt Akzente auch in der Umweltsanierung.
Dorferneuerung: Ein seit mehr als 10 Jahren erfolgreicher Ansatz zur Belebung des ländlichen Raumes setzt Akzente auch in der Umweltsanierung.
Die Dorferneuerung in Niederösterreich ist wahrscheinlich deshalb so erfolgreich, weil sie umsetzungso-rientiert arbeitet. Bewußtseinsbildung wird auf verschiedenen Ebenen durchgeführt:
■ durch das Zusammenarbeiten von Fachleuten mit aktiven Bürgern
■ durch eine Vielzahl von Diskussionen in kleinem und großem Bahmen
■ durch die Organisation von Vorträgen, Ausstellungen, Seminaren zu verschiedenen Themenbereichen, sehr oft zu Umweltthemen.
So hat 1994 der Verein in Tatten-dorf eine große Ausstellung zum Thema Wasser organisiert. Vorträge über Biologische Landwirtschaft, über Energiesparmaßnahmen, den Bau von Solaranlagen zur Warm Wasseraufbereitung wie zur teilsolaren Heizung, über den Naturgarten bis zur Grünraumgestaltung in der Gemeinde und viele mehr werden besonders in den Wintermonaten durch viel Dorferneuerungsvereine organisiert.
■ Wanderungen von Familien mit einem Ökologen und dem Motto „Natur-, Naturpotentiale und Naturschutz in deiner Gemeinde” werden vom Dorferneuerungsverein in Saubersdorf organisiert. Und daß bei einer Umweltrally nicht das Auto, sondern das Fahrrad als Fortbewegungsmittel dient, ist zumindest beim Dorferneuerungsverein Semmering eine Selbstverständlichkeit.
1995 erhielten die Dorferneuerungsaktivisten von Haderswörth, Gemeinde Lanzenkirchen den Hans-Czettel-Preis für Natur und Umweltschutz für die Errichtung von Wanderwegen. Die Wanderwege wurden vorbildhaft angelegt, das Umfeld kaum gestört.
Aktivisten von Schranawand bauten eine Mausburg für Waldohreulen. Vogelkistchen unter Anleitung eines Biologen werden unter anderem in der Katastralgemeinde Veitsau (Berndorf) regelmäßig mit Kindern gebaut und auf verschiedenen Stellen aufgehängt.
Im Zuge von Dorferneuerungsverfahren werden viele Bepflanzungs-maßnahmen im Siedlungsgebiet wie auch in der Flur vorgenommen. Hier wird besonders darauf geachtet, daß heimische, standortgerechte Gehölze gepflanzt werden - denn heimische Pflanzen sind nicht nur dem Klima sondern auch der heimischen Tierwelt angepaßt und bieten damit vielen Tierarten einen Lebensraum. Durch die Anpassung an unser Klima sind sie robuster, weniger anfällig für Krankheiten. Sie müssen nicht stänaig - meist mit wertvollem lrmx-wasser - gegossen werden. In Göttles-brunn wurde ein umfassendes Landschaftskonzept für die Flur erstellt, das unter anderem Brachflächen und die Bepflanzung von Flurwegen mit alten, typischen Obstbäumen aus der Gegend vorsieht. Über 300 Obstbäume wurden bereits gepflanzt.
Im Zuge von Straßenrückbauten beginnt man allmählich, verrohrte Bäche wieder aufzumachen. Ein wichtiger Schritt, denn Wasser, ein dynamisches, belebendes Element, steht für Leben. So wurden im Zuge der Neugestaltung der Hauptstraße in Mitterndorf an der Fischa verrohrte Bäche auf Teilstrecken wieder geöffnet, genauso wie in Tattendorf.
Löschteiche, die heute ihre Funktion großteils verloren haben, können wertvolle Feuchtbiotope bilden, wenn sie entsprechend gestaltet werden, wie etwa in Oberdürrnbach, in der Gemeinde Maissau. Ein umweltbewußtes Freizeitzentrum besteht
Leitsätze für die Gestaltung im Ort
Die Gestaltung der innerörtlichen Freiräume im Dorf hat sowohl im vorderen Bereich der Straße als auch im Hof- und Hausgartenbereich erhebliche Bedeutung für das Ökosystem und das Ortsbild.
Ziele einer ökologischen, am dorftypischen Leitbild orientierten Grünplanung:
■ Natürliche Landschaftselemente: Schonung,' Erhaltung, Entwicklung und Pflege der natürlichen I .andschaftselemente, insbesondere der Einzelbäume, Baumgruppen, Feldgehölze. Freilegen wichtiger Landschafskonturen, die Dorf und Landschaft verbinden.
■ I^ebensstätten: Erhaltung und Schaffung von Lebensstätten für die freilebende Tier- und Pflanzenwelt
■ Gärten: Naturnahe Bewirtschaftung und Gestaltung der privaten Grünflächen durch die Berücksichtigung der traditionellen Gestaltungselemente dörflicher Hausgärten.
■ Flächenversiegelung: Minimierung des Anteils versiegelter Flächen bei größtmöglicher Verwendung kleinteiliger Flächenstrukturen (Pflasterung). heute nicht mehr aus Pools mit chloriertem Wasser, sondern aus Teichen. Vorbilder in dieser Bichtung sind die Gemeinden Innermanzing oder St. Oswald im Most- und Waldviertel.
Der Rückbau von Bächen und Gräben, meist in der Flur, oft in Kombination mit der Errichtung eines Feuchtbiotopes waren Einstiegsprojekte in die Dorferneuerung für die Gemeinde Reisenberg oder die Kastraigemeinde St. Margarethen am Moos.
Abwasser wird meist zentral geklärt. In Gegenden, wie etwa der Buckligen Welt oder im Wechselgebiet, aber auch im Most- und Waldviertel gibt es viele Einzelhöfe, bezie hungsweise Rotten mit zehn bis 15 Häusern, wo allein der Bau von Abwässerkanälen Millionen verschlingen würde - für diese Höfe oder kleinen Rotten mit zehn Haushalten einfach nicht finanzierbar. Hier versucht man, neue Wege zu gehen. So wird in Krumbach für eine Rotte mit 15 Häusern eine Pflanzenkläranlage errichtet: Reinigung der Abwässer mit Hilfe von Bakterien - als Sauerstofflieferanten dienen Pflanzen. Pflanzenkläranlagen im Selbstbau, wie etwa Solaranlagen im Selbstbau soll im nächsten Jahr ein regionaler Schwerpunkt der Dorfwerkstätten im Mostviertel und Industrieviertel (für die Bucklige Welt und das Wechselgebiet) werden.
Immer öfter, und besonders in Ortschaften, die die Biotonne führen, werden im Zuge der Dorferneuerung Kompostparties organisiert. Richtig kompostieren im Garten, wertvollen Dünger gewinnen und im Garten verwenden, und wieder schließt sich ein Kreis.
Wie bereits erwähnt, werden über die Dorfwerkstätten auch regionale Schwerpunktthemen bearbeitet. So wurde 1992 das Solarprojekt Mostviertel über die zuständige Dorfwerkstatt ins Leben gerufen. 106 Referate, 65 Exkursionen, 57 Selbstbaugruppen, 8.200 Sonnenkollektoren, eine Investition von 40 Millionen Schilling, eine jährliche Energieeinsparung von 4,3 Millionen Kilowattstunden oder 860.000 Liter Heizölersparnis pro Jahr bilden eine stolze Bilanz. Der Bau von 3009 Adsorber für 409 Anlagen wurden über das Projekt Sonnenklar im Waldviertel durch die Zusammenarbeit von Dorferneuerung und Umweltberatung in den Jahren 1992 bis 1994 möglich gemacht.
Mit der Dörrhausaktion im Mostviertel, ebenfalls ein regionales Projekt, initiiert durch die Dorfwerkstatt Mostviertel wurden über 400 Dörrhäuser renoviert und vor dem Verfall gerettet. Ein wichtiger Schritt, nicht nur um Denkmäler der dortigen Kulturlandschaft zu retten, sondern ganz bewußt Dörrobst auch als Wirtschaftszweig, und die Neupflanzung alter Obstbaum-Sorten wieder in Erinnerung zu rufen.
45 Prozent der Energiekosten können beim normalen Einfamilienhaus im ländlichen Bereich eingespart werden. Möglich ist dies durch richtige Wärmedämmung und sinnvollen, sparsamen Umgang mit Energie. Die Gemeinde Katzelsdorf versucht im Zuge der Dorferneuerung unter anderem dieses Einsparpotential zu verwirklichen. Ein Energiesparkonzept für die Gemeinde sieht neben den Maßnahmen für Privatpersonen auch die Reaktivierung von bestehenden Kleinkraftwerken vor. Das erste soll noch heuer „Strom für die Gemeinde, aus der Gemeinde” liefern.
In Kautzen (siehe Seite 13), Eschenau, Unternalb öder in der Gemeinde Göttlesbrunn werden nicht, nur kommunale, sondern auch private Haushalte mit Wärme aus erneuerbaren Rohstoffen versorgt. Durch die Verwendung solcher Energieträger wird der CO, Kreislauf nicht gestört. Nur durch fossilen Energieträger, wie etwa Öl oder Gas kommt mehr C02 in die Atmosphäre, als durch Pflanzenwelt und Meer gebunden werden kann.
Eine Palette verschiedener Maßnahmen und Umweltprojekte werden im Zuge der Dorferneuerung in Gemeinden umgesetzt. Seitens der einzelnen Betreuer wird ganz bewußt versucht, mit vielen bestehenden Institutionen aktiv zusammenzuarbei-Gemeinsam, miteinander für eine positive Veränderung lautet oft das Motto. Wertvoll sind alle diese Aktionen, von der Bewußt-””””””^~~”””” seinsbildung bis hin zur Umsetzung einer konkreten Maßnahme, ganz einfach deshalb, weil alle diese Vorhaben mit aktiven Menschen in einer Gemeinde geplant, besprochen und schließlich auch umgesetzt werden. Ich glaube, daß bei allen Personen, die sich im Zuge der Dorferneuerung für ihren Ort engagieren, sehr viel im Kopf passiert.
Diese neuen Gedanken werden an Kinder, Bekannte und Verwandte weitergegeben. Auf dieses Weise kann es uns gelingen, daß der Mensch wieder mehr Verantwortung übernimmt, nicht nur für sein Haus und den Garten rundherum, sondern Verantwortung für seinen unmittelbaren, überschaubaren Lebensraum.
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