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Der „ Oko- Rucksack“

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Die Baubranche verbraucht die größten Mengen an Rohstoffen, deren Gewinnung bereits erheblich die Umwelt belasten.

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Die Baubranche verbraucht die größten Mengen an Rohstoffen, deren Gewinnung bereits erheblich die Umwelt belasten.

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REDAKTIONELLE GESTALTUNG: MARGARETE ARNOLD

Schaffe, schaffe, Häusle baue!“ Dieses alemannische Motto galt jahrzehntelang als Leitbild der Mitteleuropäer der Nachkriegszeit. Egal was gebaut wurde, Bauen galt schlichtweg als produktiv - bis heute. Daß wir uns alle freuen, wenn wir im Wirtschaftsteil der Tageszeitungen über zweistellige Zuwachsraten in der Baubranche lesen, verwundert eigentlich niemanden so richtig. Angesichts der globalen Umweltkrise muß dies aber in einem anderen Licht gesehen werden. Denn in kaum einem Wirtschaftszweig werden solche Mengen an Rohstoffen verbraucht wie in der Baubranche. So wurden nach einer Abschätzung des Wiener Interuniversitären Instituts für interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (iff) 1990 für jeden Österreicher etwa acht Tonnen Sand, Kies und Schotter „verbaut“.

Längst ist klar, daß der Energie- und Rohstoffverbrauch, wie sie die Industrieländer des Nordens an den Tag legen, nicht auf die ganze Welt übertragbar ist. Seit der UN-Um- weltkonferenz von Rio 1992 ist ein Schlagwort in aller Munde: Sustain- ability. Die deutschen Hilfsausdrücke „Nachhaltigkeit“ oder „Tragfähigkeit“ beschreiben zwar nur ungefähr, was damit gemeint ist. Trotzdem ist es groß in Mode gekommen, Nachhaltigkeitskonzepte zu erstellen. „Nachhaltige Entwicklung“ bedeutet, daß unser Lebensstil die Möglichkeiten eines lebenswerten Lebens auf der Erde auch für zukünftige Generationen nicht in Frage stellen darf.

Derzeit sind es hauptsächlich die Industriestaaten, die diese Lebensgrundlagen zerstören - auch wenn auf der Bevölkerungskonferenz Anfang September 1994 in Kairo im Schatten der Abtreibungsdebatte viel über Umweltprobleme durch Überbevölkerung die Rede war: Es sind (derzeit) nicht die Massen des Südens, die unseren Planeten „versauen“, sondern es ist der Lebensstil des Nordens. Der Grüne Wiener

Stadtrat Christoph Chorherr drückt dies so aus: „Für die Umwelt ist nicht entscheidend, wie viele Menschen auf der Erde leben, sondern wie viele welcher Menschen.“ Vier Milliarden Österreicher wären jedenfalls zuviel. Denn würde der derzeitige Lebensstil der Alpenländler auf die ganze Welt übertragen, käme dies einem Öko-Kollaps gleich.

Nachhaltige Entwicklung ist somit leichter gesagt als getan. Als Schlagwort befindet sich „Sustain- ability“ zwar bereits in fast jedem Sonntagsredenkonzept, die politische Realität sieht aber anders aus. Denn die bisherigen Strategien zur Lösung der Umweltkrise konnten zwar manches akute Problem entschärfen, sie setzten aber meist nur am Symptom an und nicht an den Ursachen. Ein Musterbeispiel für eine solche „End- of-Pipe-Maßnahme“ ist der vielgefeierte Auto-Katalysator. Durch seine Einführung konnten zwar manche Schadstoffe reduziert werden, das klimagefährdende Kohlendioxid jedoch nicht. Hinzu kommt die Umweltbelastung bei der Herstellung eines Kats. Um zwei bis drei Gramm Platin für einen Katalysator zu gewinnen, muß die ungeheure Masse von etwa einer Tonne Gestein bewegt und bearbeitet werden. Friedrich Schmidt-Bleek, Direktor am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie, bezeichnet diese

Tatsache als den „ökologischen Rucksack“ des Käts.

Aber ganz ohne Rucksack läßt sich auch unser Bautrieb nicht befriedigen. Stefan Bringezu, ebenfalls ein Forscher aus dem Wuppertal, rechnet vor, daß bei der Gewinnung der meisten Rohstoffe (auch der Baustoffe) ein Vielfaches an Material als „Abraummaterial“ oder ähnliches anfällt. Er fordert demnach die Industrieländer auf, ihren Rohstoffverbrauch auf ein Zehntel des derzeitigen Verbrauches zu reduzieren. Tristan Jorde vom Österreichischen Ökologie-Institut ergänzt, daß die Zementindustrie einen der Großver- schmutzer Österreichs darstellt. Sie produziert allein 25 Prozent der Kohlendioxid- und 30 Prozent der Stickoxidemissionen der gesamten Industrie.

GROBER FLÄCHENVERBRAUCH

Auch der Flächenverbrauch stößt zunehmend an seine Grenzen. So waren etwa im Jahre 1991 allein fünf Prozent der Fläche Westdeutschlands mit Straßen, weitere sechs Prozent mit Gebäuden bedeckt, Tendenz weiter steigend. Auch in Österreich werden durch Verbauungen riesige Flächen unwiederbringlich versiegelt und natürliche Systeme dauerhaft gestört. Die Baubranche hat auch hier die Nase vorn.

Erst langsam setzt sich die Erkenntnis durch, daß die Entsorgung eines Hauses bereits bei der Planung beginnt. Wer sich bei Materialauswahl und -kombination auch Gedanken über mögliche Recycling- und Entsorgungswege macht, wird sich zahlreiche Sorgen der Zukunft ersparen. Viele Baustoffe haben zudem eine sehr bewegte ökologische Geschichte hinter sich. Sie verbrauchen entweder bei der Herstellung enorme Energiemengen, enthalten selbst problematische und gefährliche Stoffe, bereiten Entsorgungsprobleme oder führen zu einem schlechten Raum- und Wohnklima.

Findige Architekten haben schon vor Jahren begonnen, ökologische Komponenten in ihre Planungen miteinzubeziehen. Inzwischen gibt es zahlreiche Bauobjekte, die nach ökologischen und baubiologischen Kriterien errichtet wurden. Eines dieser Objekte ist die Ökosiedlung Gänserndorf bei Wien von Architekt Helmut Deubner.

Ökologisches Bauen geht sparsam mit Ressourcen um — auch mit Grund und Boden —, versucht klimatisch angepaßt und landschaftsgebunden zu sein und berücksichtigt Infrastrukturfolgen wie etwa Ver- und Entsorgungswege. Aber auch vielen herkömmlichen Baumaterialien erteilen die „Öko-Bauer“ eine klare Absage. Sie versuchen, ihre

Wohnobjekte hauptsächlich aus langlebigen, ohne prall gefüllten „ökologischen Rucksack“ hergestellten Stoffen zu erstellen, die auch nach Abbruch ihrer Häuser wiederverwendet oder kompostiert werden können. So läßt sich in den letzten Jahren - zaghaft aber doch - ein Trend zu Naturfarben, Holz- und Naturmaterialien feststellen. Auch die Solararchitektur feiert noch vor einigen Jahren ungeahnte Blüten.

Daß sich diese Trends aber noch nicht zum Normalfall entwickelt haben, liegt nach der Meinung vieler Experten weniger am fehlenden ökologischen Verständnis als vielmehr an den Rahmenbedingungen der Wirtschaft. Solange Umweltzerstörung fast zum Nulltarif zu haben ist, wird sich auch am Bausektor nicht allzuviel ändern. Wie die Entwicklung weitergehen wird, läßt sich schwer prophezeien. Aber immerhin steht eine ökologische Steuerreform an erster Stelle der Herausforderung, die die bei der heurigen Nationalratswahl angetretenen Kandidaten auf Anfrage des Öko-Büros für ihre Arbeit im Umweltbereich sahen. Auf deren Umsetzung dürfen wir gespannt sein. Denn bereits vor vier Jahren bekannte sich die damalige Bundesregierung in ihrem Arbeits- übereinkommen zu der Formulierung, „daß die Umwelt nicht mehr kostenlos verschmutzt werden darf“.

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