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Industrie zahlt für den Umweltschutz

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Die Politik hat den Umweltschutz „entdeckt". Doch die Industrie? Diese Frage wird in jüngster Zeit häufiger gestellt. Sie ist aber müßig, denn in der Industrie bestimmt der Umweltschutz schon seit Jahren das Investitionsgeschehen mit.

Obwohl in der Hitze des Gefechtes von vielen immer wieder als „Umweltverschmutzer“ apostrophiert, befaßt sich die Industrie längst mit der Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Und dies in zweifacher Hinsicht:'

• Sehr strenge gesetzliche Auflagen sorgen dafür, daß die Industrie sehr viel in Umweltschutzanlagen aller Art investierte. Derzeit sind es in Österreich rund 13 Mio. S täglich - also eine stattliche Summe!

• Eine Reihe von Industrien beschäftigt sich mit der Lösung von Umweltschutzproblemen und entwickelt zum Teil sehr aufwendige Verfahren für die Luftrein haltung, für die Reinigung industrieller Abwässer, für die Beseitigung von Schadstoffen, die beim Produktionsprozeß anfallen, sowie mit der Lösung vieler anderer praktischer Umweltschutzaufgaben.

Fast 24 Mrd. S waren es, die allein im letzten Jahrzehnt dafür bereitgestellt wurden - je zur Hälfte für Investitionen und zur Deckung der laufenden Betriebs kosten daraus.

Die heimische Industrie braucht also durchaus keinen internationalen Vergleich zu scheuen. Selbst in großen Industriestaaten - wie Japan, den Vereinigten Staaten oder unserem Nachbarland Deutschland - war der Anteil der Umweltschutzinvestitionen an den gesamten Industrieinvestitionen in den siebziger Jahren nicht höher. Im Schnitt der Jahre liegt er bei etwas über fünf Prozent.

Für die Industrie ist daher der Umweltschutz kein Neuland. Unter hohem finanziellem und ideellem Einsatz werden viele Produktionsstätten von den früher charakteristischen Abgasfahnen befreit. Kläranlagen werden zur Reinigung der Abwässer errichtet, Produktionsprozesse auf umweltschonende Verfahren umgestellt und Lärmschutzmaßnahmen ergriffen.

Ohne Übertreibung läßt sich daher feststellen, daß die Umweltsituation - trotz dem früher sehr raschen Wirtschaftswachstum - in vielen Bereichen stabil gehalten, teilweise sogar verbessert werden konnte.

Die „Fabrik im Grünen“ - früher ein unvereinbarer Gegensatz - ist heute durchaus Realität geworden. Ökonomie und Ökologie leben schon in friedlicher Koexistenz.

Trotz allem: Der Umweltschutz beherrscht heute die politische Szene stärker denn je. Doch in der jetzt laufenden Diskussion besteht die Gefahr, daß das eigentliche Ziel - die Hebung unserer Lebensqualität - „unter die Räder kommt". Denn in weiten Bereichen ist sie von Emotionen, Ängsten, Vermutungen, Phrasen, leider oft auch von klassenkämp-ferischen Parolen beherrscht. Die Leidtragende dieser unsachlichen Auseinandersetzung ist die gesamte Volkswirtschaft. Denn wenn man gelegentlich als Folge der Probleme nicht weiter weiß, dann wird ein „Einfrieren" des technischen Fortschritts vorgeschlagen, es wird ernsthaft die Abschaffung volkswirtschaftlicher Industriezweige diskutiert, letztlich sogar das Ende des Wirtschaftswachstums - unter dem Schlagwort der „Rückkehr zum einfachen Leben", was immer das bedeuten mag - gefordert. Allerdings: So den Schutz unserer Umwelt garantieren zu wollen, heißt in Wahrheit, nicht Naturschützer zu sein, sondern Gesellschaftszerstörer oder Chaot.

Diese Feststellung darf aber nicht zum Anlaß für eine Haltung genommen werden, daß mit unserer Umwelt ohnehin alles zum besten stehe und wir getrost die Hände in den Schoß legen dürften. Denn jede „grüne Bewegung“ hat einen realen Hintergrund. Nur werden diese sich dort artikulierenden, ehrlichen Anliegen leider oft für andere Ziele und Zwecke mißbraucht.

Eine vernünftige und gezielte Umweltpolitik ist daher notwendig. Dafür müssen die technischen, gesetzlichen und wirtschaftlichen Grundlagen geschaffen und die heute immer noch bestehenden Wissenslük- ken beseitigt werden. Denn Halbwissen oder gar Emotionen führen zu Fehlentscheidungen.

• Erste Priorität genießt daher die Feststellung des Zustandes unserer Umwelt. Also: Wer gibt welche Verschmutzungen an die Umwelt ab, woher kommen sie, welche Folgen haben sie?

• Auf Grund solcher Analysen müssen Maßnahmen erarbeitet und vor allem deren Kosten für den Verursacher oder die Gesellschaft abgeschätzt werden.

• Letztlich muß die Politik die wissenschaftlich festgestellten Fakten aufgreifen, die vorgeschlagenen Maßnahmen überprüfen und in die Praxis umset- zen, egal, ob in Gesetzesform oder in Form von Investitionsanreizen für die Wirtschaft und die öffentliche Hand.

Es versteht sich von selbst, daß die Politik, hier insbesondere die Wirtschaftspolitik, ein entscheidendes Wort mitzureden hat.

• Vorbeugung von Gefahren für die Umwelt darf nicht so weit führen, daß Innovationen und Investitionen in der Industrie behindert werden,

• daß Perfektionismus Maßnahmen nach sich zieht, bei denen Kosten und Nutzen von Umweltschutzanlagen in keinerlei vernünftigem Verhältnis zueinander stehen,

• daß Österreichs Wirtschaft durch Umweltauflagen ihre Konkurrenzfähigkeit verliert,

• daß die Lösung eines Umweltproblems unterbleibt, weil man auf die noch bessere warten will.

Es gilt also für die Politik, daraus einen Mittelweg, einen guten und tragfähigen Kompromiß zwischen Umweltschutz und den berechtigten Anliegen der Industrie, der gesamten Wirtschaft, aber auch der Arbeitnehmer, zu finden.

Denn Industrie ohne Umweltschutz bedeutet eine entscheidende Schmälerung unserer Lebensqualität. Andererseits ist Umweltschutz ohne die technischen Leistungen, industriellen Erfindungen und die Entwicklungsarbeit ganzer Industriezweige nicht denkbar.

Im Bereich Umweltschutz stehen große Aufgaben vor uns, die nur gemeinsam und langfristig zu lösen sind. Eine „aus der Hüfte geschossene" oder polemische Umweltpolitik kann ihr Ziel nur verfehlen. Die Grundlage dafür ist, daß in der Gesellschaft das Verständnis für gesamtwirtschaftliche Probleme geweckt wird, Zielkonflikte aufgezeigt und ge-meinsame langfristige Lösungen gesucht werden. Niemand darf dabei „überfahren“ werden, alle müssen zu Wort kommen dürfen. Die Industrie ist sich ihrer Verantwortung für die Umwelt voll bewußt, und sie ist bereit, ihren Beitrag zur Lösung der anstehenden Probleme zu leisten.

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