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Föderalismus auch fiir Gemeinden und Bezirke!

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FURCHE: Herr Landeshauptmann, Ihre Partei hat bei den letzten Landtagswahlen in Salzburg ein Mandat dazugewonnen. Worin sehen Sie nun - mit einigem zeitlichen Abstand - die Hauptursache für diesen Mandatsgewinn?

MORITZ: Es war nicht allein das Mandat, das diese Wahlen und ihren Ausgang so bedeutsam für uns gemacht hat. Es war ein Stimmenzuwachs von etwas mehr als drei Prozent, der uns nach dem Durchlauf der Landtags wählen des letzten Jahres als die beste SPÖ-Landesorganisa- tion erscheinen läßt.

Die Ursachen zu analysieren ist sicher nicht einfach, auch nicht im Rückblick. Eine der wesentlichsten scheint mir zu sein, daß bei unserem Hauptgegner, der ÖVP, ein personeller Wechsel stattgefunden hat. Der neue Landeshauptmann hat bei aller Agilität, die er entwickelt hat, sicher den altbewährten Landeshauptmann Lechner nicht sofort ersetzen können.

Der zweite Punkt aber scheint mir einfach in einer total verfehlten Taktik der ÖVP gelegen gewesen zu sein. Landeshauptmann Haslauer hat alles darauf gesetzt, ständig die Bundesregierung zu attackieren, und das ist vom Wähler nicht akzeptiert worden.

FURCHE: In Vorarlberg ist die SPÖ mit ihrer ablehnenden Haltung gegenüber der Aktion „Pro Vorarlberg“ bei den Landtagswahlen relativ gut gefahren. Glauben Sie, daß damit die Föderalismus-Diskussion wieder vom Tisch ist?

MORITZ: Nein, ganz im Gegenteil, die Föderalismus-Diskussion wird fortgesetzt werden, auch ohne die Provokationen, die da aus dem „fer-

Jinorrt t.'ol,. :s»dßi; . isunen Westen“ zu uns herübergedrungen sind. Ich glaube, daß die SPÖ- Bundesregierung in den nun mehr als neun Jahren ihrer Tätigkeit viel mehr föderalistische Akzente gesetzt hat als andere Bundesregierungen vor ihr.

Eines der wesentlichsten Momente für eine neue Entwicklung war die Einführung des Artikels 15 a des Bundesverfassungsgesetzes mit der Möglichkeit, zwischen den Ländern, aber auch zwischen Bund und Ländern Verträge abzuschließen. Wenn ich nur an die Verträge denke, die etwa das Land Kärnten mit dem Bund abgeschlossen hat, dann wünsche ich mir, daß es auch bei uns in der Landesregierung endlich zur Übereinstimmung darüber kommt, daß man mit dem Bund nicht ständig streiten soll

FURCHE: Wäre es nicht vernünftiger, wenn alle Länder die gleichen Beziehungen zum Bund hätten, und wenn nicht, wie es ja bei diesen „Staatsverträgen“ durchaus der Fall sein kann, ein Land mehr und das andere weniger Rechte gegenüber dem Bund hat?

MORITZ: Sicher besteht Föderalismus vor allem darin, daß die einzelnen Bundesländer gegenüber dem Bund in gleicherweise auftreten und auch vom Bund in gleicher Weise behandelt werden. Ich habe den Eindruck, daß der Bund durchaus bereit ist, so vorzugehen. Wenn ich etwa an die Verwendung der Nahverkehrsmilliarde denke, macht er allen Ländern im Prinzip das gleiche Angebot, nämlich 80 Prozent der Kosten für die Verwirklichung solcher Konzepte zu »src attäl nnkb .birevaingiaai «ssiisraübernehmen und von den Ländern 20 Prozent Beitrag zu erbitten.

FURCHE: Also könnten Sie sich eine Ąrt „Kollektivvertrag“ zwischen Bund und Ländern vorstellen?

MORITZ: Das ist ja auch nach dem Artikel 15 a durchaus möglich. Zum Beispiel wäre es ein wichtiges Feld, gewisse Fragen der Normenbildung im Umweltschutz bundeseinheitlich zu regeln, ohne die Verfassung zu ändern, indem man eben zum Abschluß von Verträgen zwischen Bund und Ländern kommt, die natürlich einheitlich sein müßten.

FURCHE: Sehen Sie konkrete Aufgaben, die derzeit der Bund innehat, die aber das Land ebensogut lösen könnte?

MORITZ: Nun, es gibt eine ganze Reihe von Forderungen der Bundesländer an den Bund, sie sind an und für sich bekannt. Allerdings, meine ich, müßte man zu einer Tauschaktion kommen können. Ich sehe durchaus ein, daß etwa auf dem erwähnten Gebiet des Umweltschutzes der Bund mehr Kompetenzen beansprucht, vielleicht kann man da sinnvollerweise gewisse Kompetenzen abtauschen. Ich würde mich aber schwertun, ein konkretes Beispiel zu nennen, weil ich nicht mit bestimmten Forderungen vorpreschen möchte.

Ich würde aber den Föderalismusbegriff doch ein bißchen weiter sehen. Der Föderalismus kann ja nicht bei den Ländern enden. Ich bin Gemeindereferent der Landesregierung und sehe, wie schwer sich materiell iiiäi tim rbus sodA .sbibw und auch rechtlich die Gemeinden tun.

Und schließlich klafft zwischen der Gemeinde und dem Land, wo es gewählte Vertretungskörperschaften gibt, die Lücke der Bezirksverwaltungen, die autokratisch organisiert sind, die weisungsgebunden sind und keinerlei Vertretungskörper an ihrer Seite haben. Hier müßte meines Erachtens das System demokratisch sich aufbauender Gebietskörperschaften erweitert werden.

FURCHE: Sie sind auch Kulturreferent des Landes. Was geschieht auf diesem Gebiet neben den Salzburger Festspielen?

MORITZ: Wir haben großen Wert darauf gelegt, die Kulturaktivitäten nicht nur im Stadtbereich zu fördern,

sondern besonders in den ländlichen Gebieten die vorhandenen Möglichkeiten aufzuspüren, sie zu wecken und zu fördern.

Wir sind dabei, das ganze Land mit einem System von Kulturzentren zu überziehen und versuchen zum Beispiel im Lungau, im Schloß Mau- temdorf, das dem Land gehört, ein historisches Gebäude mit dem Einbau von kulturellen Räumlichkeiten und Einrichtungen zu revitalisieren. Und das wird in allen Teilen des Landes fortgesetzt werden.

FURCHE: Wie lauten die Zahlen im Budget für die Salzburger Festspiele im Vergleich zum übrigen Kulturgeschehen?

MORITZ: Der Beitrag des Landes zu den Festspielen beläuft sich auf etwa 16 Millionen Schilling bei einem Gesamtvolumen von rund 120 Milhonen Schilling für das Kulturbudget, aber Sie müssen das auch in Beziehung zum Zeitraum der Veranstaltung sehen.

FURCHE: Stimme es, daß sich in Salzburg die Parteizeitungen kaum halten können?

MORITZ: Bitte, die erste Zeitung, die pleite gegangen ist, war keine Parteizeitung, sondern das seit 1870 bestehende „Salzburger Volksblatt“, eine unabhängige Zeitung. Es war das nicht der Typ der Parteizeitung als solche, auch wenn es zuletzt das Instrument einer Partei geworden war.

FURCHE: Und die echten Parteizeitungen sind nicht gefährdet?

MORITZ: Das ist keine Salzburger Spezialität. Parteizeitungen - ich komme ja selbst aus einer - haben es immer relativ schwer. Ich glaube aber, daß sie in einem so lebendigen Spannungsfeld wie Salzburg eine Daseinsberechtigung haben, daß das Monopol einer Zeitung äußerst bedenklich wäre. Und wir bemühen uns nach Kräften, die Vielfalt der Zeitungslandschaft aufrechtzuerhalten.

Mit Landeshauptmannstellvertreter Dr. Herbert Moritz sprach Heiner Boberski.

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