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Auf Josef Joschi?

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„Der Krainer ist halt ein lärchener Stimpfl, wenn der einmal geht, dann bin auch ich schon pensionsreif“, meinte der damalige steirische Landeshauptmannstellvertreter Dr. Friedrich Niederl, 51, vor genau einem Jahr, als er zum Thema Krainer- Nachfolge befragt wurde. — Er hatte sich getäuscht und wurde doch Krainers Nachfolger.

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„Der Krainer ist halt ein lärchener Stimpfl, wenn der einmal geht, dann bin auch ich schon pensionsreif“, meinte der damalige steirische Landeshauptmannstellvertreter Dr. Friedrich Niederl, 51, vor genau einem Jahr, als er zum Thema Krainer- Nachfolge befragt wurde. — Er hatte sich getäuscht und wurde doch Krainers Nachfolger.

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Niederl heute — nach seiner Berufung: „Mir graut vor dieser Aufgabe, aber ich kneife nicht.“ Beobachter glauben, daß diese unguten Gefühle nicht unberechtigt seien, denn der neue Landeshauptmann wird nur dann erfolgreich sein können, wenn es gelingt, die bisherigen „Krainer-Wähler“ auf das Team Niederl-Wegart-Krainer jun. umzustellen und vor allem diese Mannschaft so zusammenzuhalten, daß auch wirklich von einem Team und nicht drei ehrgeizigen Politikern gesprochen werden kann.

Die Berufung Niederls, dem von Freund und Feind bescheinigt wird, ein „netter und kontaktfreudiger“ Mensch zu sein, verwunderte freilich spätestens seit seiner Berufung zum Landeshauptmannstellvertreter im Mai 1970 (nachdem er schon vorher für eine Legislaturperiode als Landesrat die Referate Landwirtschaftsförderung und Wohnbau übertragen bekommen hatte) in der Steiermark niemanden mehr. Denn damit hatte sich Krainer endgültig für den ehemaligen Landarbeiter und späteren Bezirkshauptmann von Feldbach (und gegen seinen vormaligen Kronprinzen Landesrat Franz Wegart, der ebenfalls als Land- und Bauhilfs arbeiter beginnen mußte) ausgesprochen. Den Grund für diesen Meinungsumschwung des verstorbenen Landeshauptmannes glaubt man darin zu sehen, daß der ÖAAB-Lan- desobmann Wegart zusehends den Kontakt zu jenem „kleinen Mann“ verloren habe, den Niederl auch am bisherigen Zenit seiner im Anfangsstadium völlig überraschenden politischen Karriere nie aus den Augen verlor.

Freilich ist auch der neue Landeshauptmann nicht ganz ohne Schwächen. Er kommt aus der Verwaltung und bringt einen ausgeprägten Sinn für „Genauigkeit“ mit, der manchmal sogar so weit geht, daß Niederls steirische Parteifreunde fürchten, diese Genauigkeit könne auf „Kosten des Schöpferischen“ gehen.

Niederl besitzt aber auch nichts vom Charisma, das den „alten" Krainer in so positivem Sinn auszeichnete. „Er muß das G’spür vom Krainer durch immensen Fleiß wettmachen“, hört man aus der steirischen ÖVP.

Ob allerdings Fleiß allein genügen wird, um das Dreiergespann Niederl- Wegart- (der vom Landesrat zum Landeshauptmannstellvertreter aufrückte) Krainer jun. (der vom

Parlament in die Landesregierung nach Graz zurückkehrte) zusammenzuhalten, ist freilich eine andere Frage. Derzeit trennen ÖVP und SPÖ im Grazer Landhaus nur 30.000 Stimmen, „ausgesprochene Krainer-Stimmen“, wie man in der Steiermark sagt. Um diesen Vorsprung halten zu können, wird die ÖVP auf Landesebene der SPÖ nicht den kleinsten Angriffspunkt bieten dürfen, denn ohne den „Landesvater“ Krainer dürften die Sozialisten wieder Auftrieb bekommen, zumal ihr derzeitiger Landesparteiobmann Landeshauptmannstellvertreter Sebastian ein viel mehr „kämpferischer“ Typ ist, als sein

Vorgänger Dr. Schachner-Blazicek, dem Krainer nicht nur einmal für die „ordnungsgemäße Buchführung“ (Dr. Schachner war Finanzreferent) danken konnte.

Angriffspunkte solcher Art könnten aber heute nur zu leicht Uneinigkeiten innerhalb des Führungstrios darstellen. Dies ist um so leichter möglich, als Wegart seine Hoffnungen auf den höchsten Landesstuhl nie verbarg und überdies ein „gestörtes Verhältnis“ zu „Joschi“ Krainer hat. Weiters glaubt man, daß Niederl das Vorpreschen des steirischen Bauernbundobmannes Kölner mit dem „politischen Testament“ Krainers in der Arbeitnehmerschaft nur geschadet haben könnte, zumal man sich zu diesem Zeitpunkt innerhalb der Partei bereits darüber einig war, daß der ehemalige ÖAAB-Funktionär und nunmehrige Bauembündler Dr. Niederl Landeshauptmann werden sollte. Daß Kölner diesen unüberlegten Schritt auf einen „Anstoß“ von Dr. Josef Krainer jun. hin unternahm, der damit Wegart eines „auswischen“ wollte, wird in der Steiermark für nicht ganz unmöglich gehalten.

Völlige Beruhigung über die Grazer Lösung dürfte es derzeit nur in der Wiener ÖVP-Zentrale geben, denn die scharfen Schüsse des „wilden Bergvolks jenseits des Semmering“ werden nun wohl nicht mehr in der Kärntnerstraße einschlagen. Von Niederl erwartet niemand, daß er die von Krainer sen. geliebten Attacken gegen das Bundesparteiestablishment weiterreitet, und Krainer jun., der bisher als Obmann des Klubs der steirischen Parlamentsobgeordneten direkt am Ball war, hat die politische Bühne Wiens verlassen.

Ob „Joschi“, dem man neben seiner akademischen Ausbildung auf ausländischen Universitäten auch noch einen weiteren Vorzug zugesteht, nämlich das G’spür seines Vaters, diesen Schritt zurück nach

Graz ganz uneigennützig getan hat, bleibt abzuwarten. Man hält es für nicht unmöglich, daß zur Zeit nur eine „direkte Erbfolge“ vermieden wurde und der 40jährige Dr. Krainer in einigen Jahren auf den Stuhl seines verstorbenen Vaters nachrücken könnte. Nicht uninteressant ist dazu auch Niederls Äußerung, daß er „ohne Gram wieder ins zweite Glied zurücktreten (werde), falls es eines Tages so weit sein sollte“ (so die ÖVP-„Südost-Tages- post“).

Eine wichtige Vorentscheidung zu diesem Thema wird aber zweifellos der vermutlich im kommenden Jahr stattflndende steirische ÖVP-Landes- parteitag darstellen, auf dem der neue Landesparteiobmann gekürt wird. Sollte Krainer jun. zum Landesparteiobmann gewählt werden, so dürfte er auch früher oder später Landeshauptmann werden. „Der Joschi hat zum Obmannposten noch nicht nein gesagt“, antwortet man also in der Grazer Parteizentrale ausweichend auf die Frage, ob Niederl als Landeshauptmann eine Dauerlösung sei.

Eine zweifellos sehr wichtige Person wurde bisher allerdings in der öffentlichen Diskussion um die weitere Entwicklung in der Steiermark ausgeklammert: Der Landesschulratspräsident und erste Sekretär des verstorbenen Landeshauptmannes, Dr. Tropper. Wenn auch erklärt wird, Krainer jun. bedeute für Niederl eine „Stärkung“, so ist man sich auch dessen bewußt, daß Krainers Brain-Trust mit Dr. Tropper an der Spitze in den letzten Jahren sehr viel zum Erfolg von Krainer sen. beigetragen hat und dieses Management in Zukunft noch wichtiger sein wird. Dazu ein Mann aus diesem Managerkreis: „Dr. Tropper ist im Dienen für den Landeshauptmann aufgegangen, ob sich allerdings sein Temperament mit dem von Niederl verträgt, ist fraglich..

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