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„Das ist nackte Erpressung“ — empörte man sich in diesen und jenen steirischen ÖVP-Funktionärs-kreisen drei Wochen vor dem Landesparteitag der grünmärkischen Volkspartei über jene Erklärung, die Landeshauptmann Dr. Friedrich Niederl und Landesrat Dr. Josef Krainer ihren Parteifreunden in bezug auf die Kandidatur für das Amt des Landesparteiobmannes abgaben: Niederl will nur Parteichef werden, wenn Krainer jun. zum Geschäftsführenden Obmann gewählt Wird — Krainer lehnt es ab, selbst Chef zu werden, läßt aber durchblicken, daß er für Niederl die Parteigeschäfte führen werde.

Nach diesen Erklärungen der beiden Kandidaten dürfte die Wahl des neuen Landesparteiobmannes am 28. März, die nach dem Ableben des Landeshauptmannes und Landesparteiobmannes Josef Krainer sen. fällig wird (zur Zeit führt ÖAAB-

Landesobmann Landeshauptmannstellvertreter Wegart die Geschäfte der Partei), nur eine Formsache sein. Niederl wird dem verstorbenen Landeshauptmann nicht nur auf den höchsten Landesstuhl, sondern auch auf dem Parteispitzenplatz nachfolgen, Krainer jun. bezieht in der Landesregierung und in der Parteiorganisation eine Wartestellung. Die Empörung etlicher Parteifreunde dürfte daran nichts ändern, denn auch die Empörten suchen nun vergeblich nach Alternativen zu den Kandidaten Niederl und Krainer, Man wir4 sich also der „Erpressung“ beugen müssen, zumal der ursprüngliche dritte Kandidat, ÖAAB-Chef Wegart, zu wissen scheint, daß er trotz des Obmann-Ringelreigens der beiden Bauernbündler unter den Parteitagsdelegierten keine Mehrheit finden dürfte.

Interessant wird die Taktik der steirischen ÖVP-Spitzenfunktionäre freilich erst dann, wenn man im Hintergrund herumhört. Der vorbestimmte zweite Platz von Krainer jun. in der Landespartei-hierarchie sei geschickt eingefädelt worden, behauptet man Jenseits des Semmerings. Und der Grund dafür: Eine Personalunion Niederl-Krainer halte für Krainer alle jene Chancen offen, die er am ersten Parteiplatz verlieren könnte — verlieren im Jahr 1975, wenn die Steirer wieder über die Zusammensetzung des Landtages abstimmen. Man ist sich nämlich auch in der Volkspartei darüber im klaren, daß der seit 25 Jahren (zuletzt vor allem von Krainer senior) gehaltene Platz an der polltischen Landessonne (sprich Landtagsmehrheit) wackelt, und der steirische SP-Denker Rupert Gmoser meint sogar, eine Wachablöse durch die SPÖ sei nun „überfällig“.

Sollte es, 1973 zur VP-Landtags-Wahlniederlage kommen, könnte sich Krainer als neuer Mann für den ersten Platz präsentieren. Tritt diese Niederlage nicht ein, gibt es neben dem Wahlsieger Niedern auch inen Wahlsieger Krainer, der sich — wenn auch erst später — als Niederl-Nachfolger empfiehlt. Eilig hat es ein kluger Politiker nie mit seiner Karriere — er legt auf Sicherheit bei seinen Schachzügen größeren Wert.

Freilich kolportiert man in der Steiermark auch eine zweite Variante zur Entstehungsgeschichte des Duos Niederl-Kralner, die sich um den ersten Landeshauptmannsekretär Dr. Tropper und den Landesparteisekretär Dipl.-Ing. Hasiba rankt. Dr. Tropper, von dem man sagt, daß er „im Dienen für Landeshauptmann Krainer aufgegangen“ sei, habe sich mit dem Krainer-jun.-Intimus Hasiba nie richtig verstanden, weshalb man Niederl nun auch durch seinen Partner Krainer auf Betreiben Hasibas dem Einfluß Troppers zu entziehen versuche,

Auf welche Variante von Erklärungen zur derzeitigen Situation der steirischen ÖVP man auch hört — eines scheint trotz der bevorstehenden Wahl von Niederl zum Landes-parteiobmann festzustehen: Die kommenden Männer heißen Krainer und Hasiba. So kommt es auch nicht von ungefähr, wenn Hasiba (trotz seines Dementis) als künftiger Chef der mit der Landespartei nie besonders gut harmonier enden Grazer VP-Stadtorganisation genannt wird. Es gibt Funktionäre, die dies für einen weiteren Eckpfeiler im taktischen Konzept Krainers halten.

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