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Überraschungen, die keine waren

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„Das Wahlergebnis soll keinen übermütig machen." Hans Gross, sozialistischer Landeshauptmann-Stellvertreter in der „grünen Mark" und unzweifelhafter Gewinner der Landtagswahlen vom 4. Oktober, bleibt auf dem Boden. Das macht ihn sympathisch.

Sympathisch am ÖVP-Zug-pf erd Josef Krainer am Abend des Wahlsonntags war, daß er den Erfolg seines Widerparts Gross

neidlos anerkannte und sich trotzdem über das Erreichen des eigenen Wahlzieles freuen konnte: Die steirische OVP konnte ihr 30. Mandat und auch die absolute Stimmenmehrheit halten.

Und sympathisch war auch die Offenheit des FPÖ-Spitzenkan-didaten Klaus Turek, der mit keinem Wort das Ergebnis und die Niederlage zu beschönigen versuchte.

Aber nicht weil Turek 1981 so schlecht war, sondern weil Alexander Götz bei den Landtagswahlen 1978 zu gut abgeschnitten hat, mußten die steirischen Blauen diesmal eine empfindliche Schlappe einstecken.

Götz, 1978 gerade mit kräftigen und deftigen Ausdrücken in die Bundespolitik eingestiegen, verhalf damals der FPO zu überdurchschnittlicher Popularität.

Am 4. Oktober ist die Turek-Partei wieder auf ihr normales Wählerpotential zurückge-

schrumpft: Insgesamt gingen in der Steiermark 1,37 Prozent Stimmenanteil verloren, in der Landeshauptstadt waren es 3,58 Prozent.

Der Verlust des FP-Grundman-dates in der Obersteiermark, das 1978 ohnehin nur mit 979 Stimmen abgesichert war, entspricht damit der Papierform.

Besser als es die Papierform hätte vermuten lassen, schnitt jedenfalls Hans Gross ab: unter ihm gewann die SPÖ ein M^^ndat und landesweit 2,42 Prozent Stimmenanteil dazu. Mit insgesamt 42,72 Prozent erreichte er das zweitbeste SPÖ-Ergebnis bei Landtagswahlen seit 1945.

Weniger auf die offizielle SPÖ-Wahlparole („Gegen eine totale schwarze Uberniacht"), weniger auf die Wahlkampfeinsätze seines Parteifreundes Bruno Krei-sky in den steirischen Krisengebieten, sondern auf Gross selbst ist das gute Abschneiden der steirischen Sozialisten zurückzuführen:

Weil er aus der Gewerkschaftsbewegung kommt, schenkten ihm die Wähler in den industriellen Problemregionen einen Vertrauensvorschuß.

Fast alle haben Gross unterschätzt. Josef Krainer hat ihn richtig eingeschätzt - und ist deshalb, noch bevor Gross weiter an Bekanntheit gewinnen konnte, für vorverlegte Landtagswahlen eingetreten.

Meinungsumfragen im Frühjahr des heurigen Jahres haben das der steirischen ÖVP signalisiert: sonst wäre Gross mit Fortlaufen der Legislaturperiode noch größer geworden. Und zudem durfte die ÖVP wieder hoffen, aus dem Tief herauszukommen, in das sie nach der Affäre um die steirische Tierkörperverwertung und nach dem Rücktritt von Friedrich Niederl als Landeshauptmann hineingeschlittert ist.

So gesehen ist Krainers Rechnung tatsächlich aufgegangen. Mit dem Erhalt der dreißig Mandate, wobei auch kein Grundmandat verlorenging, kann er zufrieden sein, mit dem Abschneiden der ÖVP selbst dürfte er es nicht sein.

Was die ÖVP, auch die Bundespartei, nachdenklich machen müßte, ist der Umstand, daß sie in Regionen des Strukturwandels laufend weiter an Terrain verliert: .

Bei einem landesweiten Stimmenverlust von knapp einem Prozent gingen im Wahlkreis Oststei-er 2,48 Prozent verloren, während die SPÖ 3,22 Prozent gewann. Das achte ÖVP-Grundmandat in diesem Wahlkreis ist damit nur noch mit 577 Stimmen Uberhang „abgepolstert", 1978 waren es noch fast 5000 Stimmen.

Ähnliche ÖVP-Schwächen wurden zuletzt auch bei den Landtagswahlen in Niederösterreich und Kärnten, deutlich auch bei den Nationalratswahlen 1979 sichtbar. Und das, obwohl mit Krainer ein zugkräftiger Spitzenkandidat zur Verfügung un(j[ eine schlagkräftige Parteiorganisation hinter ihm stand.

Wenn es also am 4. Oktober einen bundespolitischen Trend gegeben hat, dann war es dieser. Und die Krainer-KoUegen in Ländern und Bund wären gut beraten, Schlußfolgerungen zu ziehen.

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