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Totaler Einsatz im Rennen um die Macht

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Oberösterreichs „Führungskraft“, i die seit fast zwei Jahren hinter Landeshauptmann Josef Ratzenböck versammelte Volkspartei, steht vor der totalen Mobilmachung. Am 7. Oktober muß die schwere ÖVP-Niederlage vom 6. Mai mehr als wettgemacht werden, soll der Landeshauptmann schwarz bleiben: „Insofern ist der 6. Mai für uns ein Anreiz“, gibt sich Ratzenböck mit gebremster Zuversicht.

Obwohl die Sozialisten selbst bei Landtagswahlen bereits stärker waren als die traditionelle Landeshauptmann-Partei (der Stimmenvor-sprung der SPÖ von 4990 bei den Landtagswahlen von 1967 reichte aber nur für einen Mandatsgleichstand), ist diesmal nicht damit zu rechnen, daß Landeshauptmann-, Stellvertreter Rupert. Hartls SPÖ die Volkspartei überrundet. Sollte aber die Volkspartei am 7. Oktober nur ein 1 einziges Mandat verlieren (derzeitiger Stand: 28 ÖVP:24 SPÖ:4 FPÖ), wird die SPÖ mit großer Sicherheit nichts unversucht lassen, um die ÖVP im Werben um die Unterstützung durch Horst Schenders FPÖ auszustechen. Man spricht sogar davon, daß die SPÖ in diesem Fall der FPÖ einen Landeshauptmannstellvertreter anbieten möchte.

Und das macht die Landtagswahl in Oberösterreich so ungemein spannend: Im Herbst werden zwar auch in Tirol, Kärnten und Vorarlberg neue Landesparlamente gewählt - aber nur in Oberösterreich kann sich Entscheidendes ändern. Große Unbekannte in diesem Rennen ist das in den siebziger Jahren immer beweglicher gewordene Wahlverhalten der Oberösterreicher: werden einige zehntausend Wechselwähler innerhalb weniger Monate von Kreisky auf Ratzenböck umsatteln?

Seit den Klaus-Wahlen 1966 hat es in Oberösterreich ungeheure Stimmenbewegungen gegeben: Damals hatte die ÖVP einen Vorsprung von 76.705 Stimmen vor der SPÖ (51,3 Prozent ÖVP:40,4 Prozent SPÖ). Nach den enttäuschenden Landtagswahlen von 1967 kam 1970 der große Paukenschlag: Bei Nationalratswahlen gab es in Oberösterreich erstmals in der Zweiten Republik eine sozialistische Mehrheit (Stimmenüberhang: 3647).

Da sich der Trend 1971 nur zu Gunsten der SPÖ verstärkte, kam es 1973 zu den bekannten „Angst-Wahlen“, bei denen noch „Löwe“ Erwin Wenzl als Titelverteidiger und Nachfolger des legendären Heinrich Gleissner ins Rennen ging. Sein Erfolg von damals ist nun die fast unerreichbar hohe Latte, die es für Josef Ratzenböck zu überspringen gilt: Um 30.465

Stimmen konnte die ÖVP die Sozialisten 1973 überrunden - ungeachtet des auf Bundesebene weiter gegen sie laufenden Trends und der in Oberösterreich rasant vor sich gegangenen Industrialisierung.

Daß die Wahl vom 6. Mai der oberösterreichischen Volkspartei die bisher größte Schlappe eingebracht hat, ist bekannt: Die Volkspartei fiel von 43,7 auf 41,8 Prozent der Stimmen zurück, die SPÖ konnte von 48,75 auf 50,3 Prozent verbessern. Der Vorsprung der Sozialisten, der Ratzenböck nun das äußerste abverlangt, betrug am 6. Mai 64.858 Stimmen. Wären am 6. Mai Gemeinderatswahlen gewesen (sie finden jetzt übrigens auch am 7. Oktober statt), gäbe es 52 zusätzliche sozialistische Bürgermeister. Wären es Landtagswahlen gewesen, hätten die Sozialisten den Landeshauptmann in der Tasche sowie die Mehrheit in Landesregierung und Landtag.

Die Chancen Josef Ratzenböcks aber, am 7. Oktober wieder „Führungskraft“ im Lande zu sein, sind nicht die schlechtesten. Daß die Oberösterreicher zu unterscheiden wissen, ob es um Bund oder Land, um Kreisky oder Ratzenböck geht, zeigen die Wahlergebnisse der letzten Jahre. Auch muß gesagt werden, daß man der ÖVP-Mannschaft im Lande beim besten Willen keine echten Fehler oder Versäumnisse nachsagen kann. Die oberösterreichische Volkspartei präsentiert sich als selbstbewußte, ideenreiche und moderne Bewegung, die freilich in der Vergangenheit immer wieder besondere Betonung auf ihre Eigenständigkeit und Unabhängigkeit gegenüber der Bundes-ÖVP gelegt hat. Von Oberösterreichs Sozialisten kann man das Gegenteil behaupten: Spitzenkandidat Hartl lacht höchstens „gleichberechtigt“ mit Bruno Kreisky von den Plakatwänden.

Während die ÖVP neben „Landesvater“ Ratzenböck eine umfangreiche Leistungsbilanz (Ratzenböck: „Wir haben uns sklavisch bemüht, alle Versprechen aus dem Jahr 1973 zu erfüllen“) und 13 neue Sachprogramme als „Modell Oberösterreich“ anbietet, werden Angriffe auf die SPÖ striktest vermieden. Dafür gibt es zusätzlich Wahlversprechen für Pendler (Pendlerpauschale), Jugendliche und Senioren.

Die Sozialisten rücken die Zusammenarbeit mit dem Bund in den Vordergrund. Die propagandistische Hauptstoßrichtung konzentriert sich auf das Mühlviertel, weil hier am 6. Mai die höchsten ÖVP-Verluste zu verzeichnen waren und es für die SPÖ nun gilt, die Kreisky-Wähler für Hartl zu.gewinnen.

Wie gesagt: Stärkste Kraft im Lande wird die ÖVP nach dem 7. Oktober wohl bleiben, Aber da das 28. Mandat der ÖVP überhaupt nicht abgesichert ist, braucht es keinen Erdrutsch, um den Landeshauptmann rot einzufärben: Da genügt auch unter Umständen ein zartes Lüfterl, dem ein blaues folgen könnte.

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