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Rechts, reditser...

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Das „kleine Wahljahr“ für Österreich wird für Oberösterreich ein „großes Wahljahr“ sein, denn im Herbst 1967, in wohldosiertem Zeitraum nach den Sommerferien, werden nicht nur Landtags-, sondern auch Gemeinderatswahlen und Wahlen in die Landwirtschaftskammer stattfinden. Der klug gewählte, vernünftige und bewährte sechsjährige Abstand zwischen den Landtagswahlen hat nicht nur dazu beigetragen, das ruhige oberösterreichische politische Klima zu erzeugen und zu bewahren, es ist in letzter Zeit auch beispielhaft für andere Bundesländer geworden, auch wenn sich diese nicht entschließen konnten, von ihrer bisherigen vierjährigen Legislaturperiode auf die sechsjährige überzugehen, sondern beim Fünf-Jahre-Kompromiß stehengeblieben sind.

Ziemlich genau zehn Monate vor den Landtagswahlen kann natürlich noch keinerlei Prognose gegeben werden; es wäre auch lächerlich, in den oberösterreichischen Landtagswahlen so etwas wie Testwahlen für die nächsten Nationalratswahlen sehen zu wollen — die zwei dazwischenliegenden Jahre können noch eine Fülle von Überraschungen bringen; für gewisse neue Ansätze, neue politische Entwicklungen und vielleicht auch Fehlentwicklungen scheint man allerdings sorgen zu wollen.

Die Drei von der Dankstelle

Während die Volkspartei1, ähnlich wie bei allen bisherigen Wahlen, vermutlich ausschließlich die Landespolitik, Erfolge und Aufbauleistung in Oberösterreich in den Vordergrund stellen wird (eine Praxis, die nicht nur den Prinzipien des Föderalismus, sondern auch der politischen Zweckmäßigkeit entspricht), wird natürlich auch die allgemeine innerpolitische Lage eine Rolle spielen.

Die Sozialisten können ebenfalls, sicher auch zu recht, auf diese Erfolge und ihre Teilhaberschaft hinweisen, die allgemeine sozialistiche

Malaise findet aber in Oberösterreich insofern eine Fortsetzung, als praktisch in allen entscheidenden Gremien, in der Landesregierung, beim Posten des Bürgermeisters von Linz, aber auch bei der Arbeiterkammer und der Gewerkschaftsführung ein Revirement bevorsteht, daß der Generationswechsel zweifellos nur teilweise durchgeführt werden kann und auch hier die voraussichtlichen „Nachfolger“ — vor allem an der Spitze der Landeshauptstadt — noch keineswegs Profil haben8.

In dieser Situation hätte Oberösterreichs kleinste Partei, die Freiheitlichen, (die KP war bekanntlich noch nie im oberösterreichischen Landtag vertreten und soll angeblich diesmal, ähnlich wie in Tirol, eine Wahlempfehlung zugunsten der SPÖ abgeben), gewisse Chancen — wenn nicht inzwischen zwei Dinge passiert wären, die auch den offiziellen Optimismus der Freiheitlichen sichtbar dämpfen. Die Wahlen vom März 1966 und die Umgruppierung in der österreichischen Innenpolitik, die der FPÖ ein wenig mehr Spielraum gegeben hat, hatte im Heimatland des Bundesparteiobmannes, in Oberösterreich, eine bisher nicht allzubeachtete Auswirkung. Hier, auf diesem Nebenkriegsschauplatz, waren die Wahlzahlen so, daß, wären es gleichzeitig Landtagswahlen gewesen, die FPÖ aus dem Landtag verschwunden wäre. Nationalrat Peter hat früher, noch als oberösterreichischer Abgeordneter im Landtag, gern von der FPÖ als der Opposition des Hohen Hauses gesprochen, dabei kennen ja bekanntlich die Landesverfassungen der allermeisten österreichischen Bundesländer — so auch die oberösterreichische — keine Teilung in Regierung und Opposition, sind sozusagen von Gesetzes wegen Koalitionsregierungen, und die FPÖ hatte seit 1955 nur das Pech, nicht mehr mit fünf Abgeordneten im Landtag vertreten zu sein, sondern nur mit vier und damit kein Anrecht zu haben, ein Regierungsmitglied zu stellen.

Die schmale FPÖ-Basis

Man mußte kein passionierter Statistiker sein, um sofort die neue Situation nach den letzten Nationalratswahlen zu erkennen: Die Freiheitlichen hatten bei den Nationalratswahlen 1966 gegenüber den letzten Landtagswahlen 1961 nicht nur 17.000 Stimmen verloren, sie hätten vor allem in keinem einzigen Wahlkreis ein Grundmandat erhalten. Gegenüber den für ein Grundmandat im Wahlkreis Linz nötigen 13.721 Stimmen (1961), erreichte die FPÖ hier 1965 nur 13.015 Stimmen. In anderen Wahlkreisen aber sieht es meist schlimmer aus: im Traunviertel erhielten sie 9042 gegenüber den 1961 für ein Grundmandat erforderlichen 12.515 Stimmen, im Innviertel 8554 bei 11.435 notwendigen Stimmen, im Hausruckviertel 12.219 statt 12.806 und im Mühlviertel gar nur 1980 Stimmen. Nun mögen das zum Teil hauchdünne „Fehlbeträge“ sein, die aufgeholt werden können; und zweifellos kann man auch annehmen, daß Bundesparteiobmann Peter fanatisch kämpfen wird — geht es doch um seine Hausmacht und seinen (politischen) Kopf. Aber es werden auch andere Parteien zu kämpfen wissen, und man kann sich vorstellen, daß die ÖVP, der etwa im Innviertel nur 300 Stimmen für ein weiteres Grundmandat bei einem Überhang von 10.000 Stimmen fehlten, auch ihre Chancen wahrnehmen wird.

Aber die Plattform des Kampfes für die oberösterreichische FPÖ ist verdammt schmal, und neuerlich sieht man, daß für das nationale Lager vom Westen, von Deutschland, nicht nur Erfreuliches, sondern auch Gewitterwolken kommen können.

Die FPÖ Oberösterreichs müßte, um elastisch mit neuer Kraft und mit Elan kämpfen zu können, neue Männer an sich ziehen, sie aber auch aufstellen können. Hier aber setzt Dilemma Nr. 1 ein. Denn wo einer auf der Abschußliste steht oder stehen sollte, wartet schon die neue Opposition der FPÖ, die NPD, und es ist natürlich alles andere als ein Zufall, daß die neuen Gruppierungen mit dem Namen des früheren FPÖ-Bezirksobmannes von Linz, Rechtsanwalt Dr. Würl, in Zusammenhang gebracht werden. Würl war der Verteidiger von Dr. Georg Klotz, der seinerzeit nach Linz abgeschoben worden war. Die Tatsache, daß der künftige Prozeß gegen Dr. Norbert Burger in Linz-Urfahr abgehalten werden soll, wollen NDP-Anhänger benützen, hier schon in allernächster Zeit eine obersöterreichische Landesorganisation zu schaffen, die erste neben den Innsbrucker Proponenten. Der Burger-Prozeß könnte dabei sozusagen die kostenlose propagandistische Begleitmusik darstellen.

In dieser beengten und bedrängten Situation kann bei der FPÖ von einer wesentlichen Wachablösung kaum die Rede sein. Daß Personalfragen in einer kleinen Partei eher noch schwieriger sind als in einer großen, zeigt schon das lange Tauziehen um den Landtagsposten Peters, als dieser am 6. März 1966 Nationalrat wurde; aber gerade der nunmehr ein halbes Jahr als Landtagsabgeordneter wirkende Abgeordnete Grahammer wird vermutlich als einziger ausscheiden, während die Kandidatur der drei übrigen (Dr. Bauer für Linz und Mühlviertel, Korl Maier für das Traunviertel und Alois Bachinger für das Hausruckviertel) als „sicher“ gelten soll — was die Aufstellung anbelangt.

Querverbindungen zur NPD

Aber die Sorgen der FPÖ-Führung betrifft keineswegs nur den „direkten“ politischen Bereich. Die neue Linzer Hochschule und die Studentenorganisationen politischer Färbung, von denen sich alle drei politischen Lager gewisse Auftriebe erwarteten, sind eher ein zusätzliches Sorgenkind geworden. Die freiheitlichen Hochschüler der neuen Hochschule dementierten zwar eben erst, daß sie geschlossen der NPD beitreten würden; legt man den Schwerpunkt auf „geschlossen“, so bliebe das Dementi nichtssagend genug. Die sichtbaren Querverbindungen zu der NPD aber sind nur zu bekannt, und daß man sich in Linz nicht „Ring freiheitlicher Studenten“, sondern „Ring oberösterreichischer Studenten“ nennt, spricht vielleicht auch für den, der zu hören und zu sehen versteht, eine deutliche Sprache.

In Oberösterreich, wo — ähnlich wie in den anderen Ländern — in den letzten Jahrzehnten und Jahren des vergangenen Jahrhunderts der Übergang vom liberalen zum national-liberalen und schließlich nationalen Lager unheimlich rasch vor sich gegangen ist, zeichnen sich ähnliche politische Tendenzen, wenn auch in einem weit bescheidenerem Maße ab, wie sie damals sichtbar wurden. Das Bestreben der FPÖ, als liberale Partei zu gelten (worum sich sichtbar Dr. Bauer bemühte), wird zumindest bei den oberösterreichischen Landtagswahlen kaum allzusehr in Erscheinung treten, wenn die FPÖ befürchten muß, von rechts überholt zu werden.

Nicht erfreulich

Welche Ursachen immver vorhanden sein mögen, personelle Differenzen oder eine neue „nationale Welle“, die in Deutschland rollt und in Österreich einen sicher bescheidenen Widerhall findet — und welche Folgen immer zu sehen sein werden: zwei nationale Parteien oder eine stark nach rechts gedrängte FPÖ — erfreulich ist beides nicht.

1 Siehe auch den „Furche“-Beitrag vom 19. Februar 1966.

2 Siehe auch den „Furche“-Beitrag vom 14. Mai 1966.

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