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ÖVP zwischen rechts und links

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Während die Kärntner Sozialisten seit dem vergangenen 6. März eine initiative Aktivität in manchen Belangen entwickelt haben, scheint bei der Kärntner Volkspartei eher das Gegenteil der Fall zu sein. Man erwehrt sich zuweilen nicht des Eindrucks, als wollte man sich trotz winterlicher Vorboten noch immer am Märzerfolg sonnen. Das, was Muge Landtagswahlanalytiker auf das Schuldkonto der Kärntner Volkspartei gebucht haben — mangelnder Trennungsstrich zur extremen Rechten, zu vehemente Angriffe an die Adresse der Linken ohne echte Alternativen, eine Politik der allzu großen Vorsicht —, scheint noch nicht bei allen Mandataren Gehör gefunden zu haben. Eine Politik für alle, wie sie Bundeskanzler Klaus zu machen verspricht, bedeutet für die Kärntner Volkspartei noch lange nicht eine Politik des „Nur-niemanden-vergrämen- Wollens“.

Zu den ungelösten Fragen, für die die Kärntner Volkspartei keine klaren Lösungen anzubieten vermag, gehört nicht nur das Verhältnis zur deutschnationalen FPÖ im Lande, sondern — wohl damit im Zusammenhang — das Verhältnis zur slowenischen Volksgruppe. Es ist ein wenig befremdend, wenn auf dem Landesparteitag, der vor einigen Monaten nach der erfolgreich geschlagenen Nationalratswahl stattfand, niemand außer Landeshauptmannstellvertreter Truppe Worte der Anerkennung und Worte der notwendigen Bereinigung für diese Frage findet. Man fragt sich, wie oft die Volkspartei im Lande noch Wahlen schlagen will, bei denen sich die falschen Spekulationen auf Rechtsstimmen nicht erfüllen.

Man würde es im Interesse des Landes wünschen, daß die Volkspartei in Kärnten ihr geistiges Profil fände und es ohne Rücksichten verwirklichte. Es geht um mehr als Mandatsgewinne, es geht um die Zukunft des Landes. Gewiß ist dieser Standpunkt bei so diffizilen politischen Verhältnissen, wie sie in Kärnten herrschen, keineswegs leicht verfechtbar. Doch ist er notwendig im Interesse einer weiteren Integrierung aller Kärntner.

Die Tatsache, daß der Obmann der ÖVP in Kärnten, Landwirtschaftsminister Dr. Karl Schleimer, wegen seiner Amtsgeschäfte nicht imstande ist, sich voll und ganz Kärhtner Problemen zu widmen, veranlaßte den vor einigen Monaten stattgefundenen Landesparteitag zum Beschluß, daß der Obmann, wann immer es notwendig sei, einen geschäftsführenden Obmann bestellen könne.

Deutschnationale am Scheideweg

Einiges Interesse in der Öffentlichkeit weckten die Vorkommnisse am FPÖ-Bundesparteitag, der in den letzten Oktobertagen in Klagenfurt stattfand. Nicht nur die Sozialisten, sondern auch die Freiheitlichen gehörten zu den Verlierern der letzten Nationalratswahl. Während einsichtsvolle Politiker dieser Partei, die aus dem ständigen Schrumpfen ihrer Wähler doch die Konsequenzen zu ziehen scheinen, der Absage an extremen Nationalismus das Wort redeten, taute der Kärntner Abgeordnete zum Nationalrat Dr. Scrinzi die „eingefrorenen Posthorntöne“ deutschnationaler Ideologie wieder auf. Bei der Wahl der Stellvertreter des Obmannes kam es sogar zu deutlichen Differenzen zwischen der Parteileitung und einem — wie es scheint — doch ziemlich starken extremen Flügel, der noch dazu von Dr. Norbert Burger, der vor dem Tagungssaal in Druckerschwärze manifestierte 1000-Jahr-Ideologie anbot, ungewollte, weil diskriminierende Schützenhilfe erhielt.

Es ist bezeichnend, daß sich nun wieder Kärntner FPÖ-Kreise in hohlen Phrasen hervortun, während man in Wien doch schon, wie es scheint, echten europäischen Geist zu atmen bekommen hat, nicht jenen europäischen Geist, der Europa sagt und Deutschland meint.

Zu neuen Ufern wird diese Partei vorläufig doch wohl nicht segeln, wie es eine Kärntner Tageszeitung verheißungsvoll vorhergesagt hat — zumindest in Kärnten nicht. Es gibt da noch zuviel Ballast und ressentimentbeladene Gestrigkeit, die nun, da Österreichs Volk in eindeutiger Weise den Nationalfeiertag begangen hat, nur um so anachronistischer wirkt.

Bauern an den Urnen

Buchstäblich im letzten Augenblick wurden die für den 6. November angesetzten Wahlen in die Landes- und Bezirkslandwirtschaftskammern sowie in die Ortsausschüsse wegen der verheerenden Hochwasserkatastrophe auf den 13. November verschoben. Die Kampagne hatte in den letzten Tagen ihren Höhepunkt erreicht, als die wahlwerbende freiheitliche Bauernschaft in einer Wahlbroschüre den an achter Stelle auf der Liste des ÖVP- Bauernbundes kandidierenden Landtagsabgeordneten und Bauern Doktor Herbert Tropper beschuldigte, er habe bei SubventionszuteUungen Provisionen für die: Kasse des Bauernbundes verfangt. Daß der FPÖ gerade Tropper ein • willkommenes Schußobjekt ist, ist verständlich, kommt er doch aus dem „nationalen“ Himmelberg und gilt selbst als Angehöriger des rechten Flügels in der Volkspartei. Er hatte bei der letzten Landtagswahl das 13. Kampfmandat inne, das die ÖVP nicht erreichte. In das Landesparlament zog er trotzdem ein, weil ein Regierungsmitglied auf seinen Sitz verzichtet hatte. Als Landeshauptmann Sima mit der Drohung einer Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft in dieser Subventionsaffäre reagierte, konterte Tropper prompt, man möge mituntersuchen lassen, ob die Wahlwerbung des Landeshauptmannes für den SPÖ-Arbeitsbauernbund, die dieser in Form eines Postwurfs betrieben hatte, zulässig sei.

Außer den bereits bisher in der Landwirtschaftskammer vertretenen Gruppen (Bauernbund — ÖVP, 13 Vertreter; Freiheitliche Bauernschaft — FPÖ, 5 Vertreter; Kärntner Arbeitsbauernbund — SPÖ, 5 Vertreter und Gemeinschaft der Südkärntner Bauern — slowenische Liste, ein Vertreter) kandidierte auch der bisher überparteilich sein wollende Allgemeine Kärntner Bauernverband, der sowohl ÖVP- als auch FPÖ-Kreisen große Sargen bereitete. Die nun schon seit vielen Monaten schwelende Absatzkrise auf dem Fleischmarkt war eine weitere große Unbekannte dieses Wahlganges. Bezeichnend für die Situation im Lande ist auch, daß wohl der sozialistische Arbeitsbauernbund (der nur fünf Sitze innehatte), nicht aber der ÖVP-Bauembund (13 Mandate) einen Kärntner Slowenen an aussichtsreicher Stelle kandidierte.

Nun, die volksparteiliche Rechnung mit den deutsch-nationalen

Randstimmen ist wieder einmal nicht aufgegangen, denn bei gleichbleibender Mandatszahl ist die Stimmenbilanz des Bauernbundes mit minus 153 negativ. Ein „Passivum“, das möglicheirweise auch davon beeinflußt war, daß der langjährige verdiente Präsident Hermann Gruber nicht mehr die Kandidatenliste anführte. Der Sieger nach „Punkten“ ist, obwohl sich auch hier die Mandatszahl nicht verändert hat, der sozialistische Arbeitsbauernbund mit einem Stimmenplus von 630. Die Slowenen, die ihr Mandat behalten konnten, mußten angesichts der Tatsache, daß auch slowenische Kandidaten an aussichtsreichen sozialistischen Stellen kandidierten, Stimmen an den Arbeitsbauembund ab treten. Positiv ist, daß nun auch auf Landesebene der Konkurs der Freiheitlichen beginnt. Mit mehr als 10 Prozent Stimmenverlusten mußten sie ein Mandat an den Allgemeinen Kärntner Bauernverband abgeben.

Ein Wahlausgang, wie man ihn erwartet hat? Wie dem auch sei — einmal mehr haben die bäuerlichen Wähler bewiesen, daß es in der Politik mehr auf Muge Taktik als auf haltlose Spekulationen ankommt

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