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Blauer Marsch durch alle Linien

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Landesweit kannten die Wahlen in Kärnten am 30. September nur einen Sieger: die FPÖ. Erstaunlich, daß die Haider-Partei Zuwächse auch in Slowenengebieten erzielte.

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Landesweit kannten die Wahlen in Kärnten am 30. September nur einen Sieger: die FPÖ. Erstaunlich, daß die Haider-Partei Zuwächse auch in Slowenengebieten erzielte.

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Kaum einen Lichtblick wird die Kärntner Volkspartei bei einer Detailanalyse des Ergebnisses der Landtagswahl finden. Der Rückgang ihres Stimmenanteils um 3,6 Prozentpunkte im Endergebnis blieb in etwa durch alle Örtsgrößen, in Industrie- und auch in Agrargebieten konstant.

Die ÖVP verlor insgesamt seit der Landtagswahl 1979 insgesamt mehr als zwölf Prozent ihrer Wähler.

Uberdurchschnittlich viele Stimmen büßte — nach einer ersten Querschnittanalyse — die Volkspartei in den Gemeinden unter tausend Einwohnern ein. In diesen ländlichen, agrarisch strukturierten Ortschaften konnte wiederum die SPÖ ihre Verluste gering halten. Die Sozialisten gewannen dort vereinzelt sogar Wähler dazu.

Zumindest die ÖVP konnte im Karawankenland einen Trend nicht verlängern, der sich am deutlichsten bei den Nationalratswahlen 1983 gezeigt hatte: daß die Zugewinne der Minderheitspartei am stärksten dort ausfallen, wo die Mehrheitspartei über eine solide Mehrheit verfügt. Dieser sogenannte „Hochburgeneffekt" zugunsten der schwächeren Parteien kam in Kärnten fast ausschließlich einer Partei zugute: den Freiheitlichen unter Jörg Haider.

Die FPÖ gewann im Landesdurchschnitt über 36 Prozent neue Wähler und erhöhte ihren Stimmenanteil um 4,3 Prozentpunkte. In der Endabrechnung brachte dieses Wahlergebnis den Freiheitlichen einen Landtagssitz mehr auf Kosten der ÖVP.

Wenn das schlechte Abschneiden der Volkspartei sozusagen quer durch feststellbar ist, dann gilt ähnliches, allerdings im umgekehrten Sinn für die FPÖ.

Die über das ganze Land relativ gleichmäßig verteilten Verluste der Volkspartei bei gleichzeitigen Gewinnen der Freiheitlichen legen die Vermutung nahe, daß der Wählerstrom sich in erster Linie von der ÖVP in Richtung FPÖ bewegt hat Auf den zweiten Blick wird man schon differenzieren müssen.

In den gemischtsprachigen Gebieten Kärntens, vor allem Kärntner Unterland, blieben die freiheitlichen Stimmengewinne — betrachtet man nur die Veränderung in Prozentpunkten—im Landesschnitt. Dramatisch nur: daß die FPÖ als einzige Landtagspartei das Volksbegehren des Kärntner Heimatdienstes gegen den zweisprachigen Unterricht unterstützte, diese nationale Karte stach auch in den slowenischen

Gebieten. Ein Beispiel: In St. Kanzian steigerte sich die FPÖ bei etwas mehr als zweitausend abgegebenen Stimmen von 169 gleich auf 243 Stimmen. Das sind umgerechnet über 30 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren. Typisch vielleicht, daß in St. Kanzian die Freiheitlichen die Einheitsliste aus Slowenen und Alternativen (KEL/ALK) auch in absoluten Stimmen gerechnet hinter sich ließen.

Der Trend in Richtung Haiders FPÖ hielt sich auch in den Städten und in den Gemeinden mit einem hohen Industrieanteil. Während SPÖ und ÖVP in ungefähr gleichem Ausmaß Wähler verloren, konnten die Freiheitlichen offensichtlich in der Arbeiterschaft neue Wähler gewinnen. Bei allen Regionalwahlen der letzten Zeit fiel ja der Löwenanteil der SP-Verluste in den Industrieregionen in erster Linie der ÖVP zu. (Angemerkt muß noch werden, daß die Grünwähler auch in Kärnten lediglich in den Städten auftreten.)

Und noch etwas dürfte Jörg Haider gelungen sein: Unbeschadet seines nationalen Zungenschlags gelang ihm in den sogenannten Kärntner Schickeria-Gemeinden unter den Jungwählern wie unter den Zwanzig- bis Dreißigjährigen ein durchschlagender Erfolg. Zur Illustration: In Velden am Wörthersee wählten um über 30 Prozent mehr Menschen diesmal die Freiheitliche Partei.

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