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Niederösterreich markiert eine Zäsur

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Die absolute Stimmenmehrheit der Volkspartei war in Niederösterreich längst dahin. Die absolute Mandatsmehrheit wäre auch so, einmal nüchtern betrachtet, überhaupt nur mit einer einzigartigen Konstellation von Glücksund wahlarithmetischen Zufällen, etwa vergleichbar mit einem Millionengewinn beim Lotto, für Erwin Pröll drinnen gewesen.

Mit dem Wahlsonntag in Niederösterreich hat jedenfalls eine spezifische politische Entwicklungsphase des letzten Jahrzehnts ihren Abschluß erfahren, die sich - einmal unabhängig vom allgemeinen Trend gegen überdimensionierte Großparteien - wie ein roter Faden durch die Wahlabende seit 1983 gezogen hat.

Nach der Bildung der Kleinen Koalition von SPÖ und FPÖ fuhr die ÖVP bei Landtagswahlen durch Protestwähler gestärkt einen sensationellen Wahlerfolg nach dem anderen ein, Ergebnisse, die selbst die Gründungsväter nicht oder kaum erreicht haben. Während die SPÖ schon in dieser Phase kräftig Haare lassen mußte, blieben von der FPÖ fast nur noch Spurenelemente übrig. Damals hat die Volkspartei nicht begriffen, daß sie nicht annähernd so gut ist wie ihre Wahlergebnisse.

Fassungslosigkeit daher danach. Nach Bildung der Großen Koalition und Jörg Haiders Einzug in die Polit-Arena folgte ein Absturz dem anderen. Auch die SPÖ baute sukzessive weiter ab. Die FPÖ hingegen, zuvor knapp über der Wahrnehmungsgrenze, katapultierte sich mit bis zu zweistelligen Anteilszuwächsen in die Politik hinein.

Für Niederösterreich heißt das in diesem Jahrzehntvergleich: minus 10,4 Prozentpunkte für die Volkspartei (1983: 54,55 Prozent Stimmanteil), minus 7,32 Prozentpunkte für die SPÖ (1983: 41,35), dafür plus 10,37 Prozentpunkte für die Freiheilichen (1983: 1,69). Und vor zehn Jahren gab es außerdem noch daneben keinerlei politische Konkurrenz und noch weniger Wählermobilität.

Das Ende dieser Phase, gleichzeitig den Beginn einer neuen, markieren eigentlich die Ergebnisse von FPÖ und Liberalen Forum vom Sonntag. Auch wenn die FPÖ weiter im Revier der Großparteien Jagd macht: Ähnlich spektakuläre Ergebnisse wie in der ersten „Nachholrunde" seit 1989 sind nicht mehr drinnen, zusätzlich schränkt Heide Schmidt mit ihrem Liberalen Forum den Spielraum der FPÖ ein.

Der Start ihres Parteibabys aus der Retorte (siehe Seite 5) war sensationell. Und die Polit-Profis sind ähnlich blamiert wie unsere Fußballprofis nach der Niederlage gegen die Färöer-Amateure.

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