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Trend ohne Bedeutung

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Mit elf Diskussionsabenden will Vorarlbergs ÖVP unter Führung des jungen Landeshauptmanns und Landesparteiobmannes Dr. Reßler ihr Image als moderne Partei aufpolieren. Wahlveranstaltungen alter Prägung sind bei den Vorarlbergern nämlich schon bei vorangegangenen Wahlen nicht mehr angekommen. Genau eine Woche vor den für die ÖVP so wesentlichen ndederöster- reichischen Wahlen schreitet nämlich auch das Land jenseits des Arlbergs zu den Urnen. Daß man in diesen Wahlen allerdings in Vorarlberg, weniger als in Niederösterreich, keine Trendwahlen sieht, führen Vorarlberger auf einige Tatsachen zurück, die es in „Ostösterreich” nicht gibt.

• Der Vorarlberger ist noch mehr „landesbewußt” als der Ostösterreicher.

• Die sachlichen Argumente und die realpolitische Leistung werden hier stärker gewertet.

• Die ÖVP ist hier nicht in Gefahr, ihre Mehrheit zu verlieren.

• Die SPÖ ist noch immer von innerparteilichen Auseinandersetzungen zerfurcht.

So gibt es hier von der ÖVP auch keinen Wahlkampf mit der „70er- Jahr-Parole” und ähnlichen Slogans aus der Wiener Kärntnerstraße, sondern der „Aufhänger” heißt typisch föderalistisch „Mit uns gemeinsam für Vorarlberg”.

Die ÖVP, die sich trotz harter Attacke der FPÖ, die gerne ihren Mandatsstand auch hier verbessern möchte, ihrer Mehrheit sicher ist, hat drei Hauptpunkte für ihr relativ kurzes Aktionsprogramm festgesetzt.

• Ein leistungsfähiges und europaorientiertes Vorarlberg,

• einen gesunden Lebensraum für ein tüchtiges Volk

• und die Gestaltung der Zukunft für die Jugend.

Neu für österreichische Begriffe ist dagegen die Kandidatenauswahl bei der ÖVP. Nach langer innerparteilicher Diskussion hatte man folgende Vorgangsweise festgelegt: Zweimal zunächst in den Bünden, dann von der Landesparteileitung und von den Bezirksdelegiertentagen werden die Kandidaten hinsichtlich ihrer beruflichen und altersmäßigen Schichtung, ihrer örtlichen Streuung und charakterlichen sowie fachlichen Fähigkeiten genauestens geprüft und in geheimen, schriftlichen Wahlgängen nominiert und gereiht. Dadurch will man die Gewähr haben, daß die Kandidaten von einer weiten Schicht der Vorarlberger akzeptiert werden.

Daß allerdings trotz diesem Trend zur Sachlichkeit der Vorarlberger Wahlkampf hart werden wird, zeigte sich schon, als es nicht gelang, eine Parteienübereinkunft mit SPÖ und FPÖ zu erreichen, die Wahlwerbung erst einen Monat vor der Wahl, am 19. September, zu beginnen.

Die SPÖ begann den Wahlkampf schon im August, und auch die Freiheitlichen, die ihre Bundesparteispitze einsetzten, begannen im neuen „Diskussionsstil” bereits Anfang September mit der Kampagne. In den „Minderheitenparteien”, wie SPÖ und FPÖ in der Diktion der ÖVP betitelt werden, hat man noch mit weiteren Schwierigkeiten zu kämpfen, denn die beiden bisherigen populären Spitzenkandidaten

• Landesrat Schader für die SPÖ

• und sein Kollege Landesrat Blum für die FPÖ scheiden nach über zehnjähriger Amtszeit aus ihren Ämtern.

Die neue Garde aber in SPÖ und FPÖ lehnte es ab, an den ursprünglich als Regierungsdiskussionsabenden geplanten Veranstaltungen teilzunehmen. Dadurch wurden diese zum Hit des ÖVP-Wahlkampf es umfunktioniert. Mit Tondiaschau und Diskussion will man der Bevölkerung beweisen, wie aufgeschlossen man für das Neue und wie wählerverbunden man ist.

Als einen der Hauptangriffspunkte gegen die ÖVP werten die SP- und FP-Wahlmanager

• die Unentschlossenheit und Verzögerung in der Autobahnfrage,

• die Strukturschwächen in gewissen Landesgebieten, wie dem Bregenzerwald,

• und die Tatsache, daß die ÖVP derzeit im Lande auch allein regieren könnte. (Sie ist verfassungsmäßig als Mehrheitspartei nicht zu einer Einbeziehung der SP und FP gezwungen.)

Die Arbeiterkammerwahlen allerdings dürften im westlichsten Bundesland der SPÖ gezeigt haben, wo ihre Grenzen liegen.

Denn die Vorarlberger Wahlergebnisse machten es möglich, daß erstmals in einer Arbeiterkammer kein Sozialist Präsident werden muß. ÖAAB- und FPÖ-Gewinne könnten nämlich bei einer Koalition zwischen den beiden bürgerlichen Parteien einen „ÖVPler” an die Spitze der Arbeiterkammer heben.

Ein Wahlkampfthema, das sich sonst größter Beliebtheit erfreut, gibt es in Vorarlberg kaum: „den Wohnungsbau”. „Hier haben wir beste Arbeit geleistet”, meinen übereinstimmend die drei Regierungsparteien.

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