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Rangeln in Salzburg

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„Wir brauchen die Wiener Wahlhilfe nur in sehr beschränktem Umfang“, erklärte man bei beiden großen Parteien, ÖVP und SPÖ, in Salzburg vor den Landtagswahlen Ende März. Hatte man sich vor dem letzten Märzsonntag so föderalistisch unabhängig gegeben, so sind die dem Wahlergebnis von 13-13-6 folgenden Wahlverhandlungen plötzlich von weniger föderalistischem Denken getragen. Die SPÖ erklärte ganz deutlich, daß praktisch ein Ergebnis der Regierungsverhandlungen erst nach , den Wiener Landtagswahlen möglich sei. In Salzburg rechnet man, daß sowohl ÖVP wie SPÖ in ihren Forderungen und Vorstellungen erst dann konkreter werden, da man nicht nur auf Weisungen aus den Wiener Parteizentralen warten will, sondern auch hofft, das Image der jeweiligen Partei könnte durch die Wiener Wahl verbessert und gestärkt werden, so daß man dem neuen Emporkömmling, der FPÖ, härter gegenübertreten kann. Denn eines steht fest: obwohl die FPÖ mit sechs Mandaten nicht einmal ein Viertel der Stimmen der beiden großen Parteien zusammengenommen hat, wird sie als einzige wirklich gewinnende Partei ganz große Forderungen an die ÖVP und SPÖ richten. Hätte man sich in der Wahlnacht in Salzburg mit Siegermiene noch unter Umständen mit einem dritten Landtagspräsidenten bei den Freiheitlichen zufriedengegeben, so will man jetzt den Sieg und Gewinn von zwei Mandaten in wesentlich höhere Positionen umwandeln. So spricht man davon

• den Landeshauptmann als siegreichste Partei oder zumindest einen Landeshauptmannstellvertre-tar für sich in Anspruch zu nehmen;

• den ersten Landtagspräsddenten zu okkupieren, was ebenso wie der dritte Landtagspräsident eine Verfassungsänderung notwendig machen würde

• und schließlich zumindest den geschäftsführenden Präsidenten des Landesschulrates sowie eine Ausweitung des Aufgabengebietes von Landesrat Leitner erreichen.Das hat nunmehr überraschend nicht zu einem harten Gefecht zwischen ÖVP und SPÖ geführt, sondern die beiden großen Parteien formierten sich mehr zu einem Abwehrkampf gegen die Freiheitlichen.

Obwohl die SPÖ ursprünglich geplant hat, der ÖVP das Landes-fmanzreferat streitig zu machen, scheint sich jetzt doch die Einsicht auszubreiten, daß es bei allen drei Parteien keinen geeigneteren als den Landeshauptmannstellvertreter aus Zell am See, Kommerzialrat Haslinger, für diesen Posten gibt. So zeigt es sich immer deutlicher, daß Haslinger einer jener wenigen Politiker ist, der nicht geschlagen aus der Wahl hervorgegangen ist. Gewisse Anzeichen deuten darauf hin, daß es der ÖVP als noch immer — wenn auch knapp — stimmenstärkste Partei zuerst darum zu tun sein muß, in den eigenen Reihen Ordnung au schaffen. Wenn man auch bestritt, daß das Ausscheiden des bisherigen Presse- und Propagandareferenten Ernst Holfeld-Weitloff, dem man schon nach den Stadtwahlen vor zwei Jahren und nunmehr nach den Landtagswahlen einen Großteil der Schuld an der Niederlage in die Schuhe schob, mit innerparteilichen Differenzen nichts zu tun habe, sondern nur aus Gesundheitsrücksichten erfolgt sei, so zeigte sich doch, daß er und sein Chef, Landesparteiobmann Glaser, immer intensiver der innerparteilichen Kritik ausgesetzt sind. Auf der anderen Seite wurde gegen zwei Wirtschaftsbundfunktionäre, und zwar gegen den Ehrenobmann des ÖVP-Wirtschaftsbundes Salzburg-Stadt, Bürgermeister Reintha-ler, und gegen den ehemaligen Funktionär dieser Bezirksgruppe, Camillo Kondric, Parteiausschußverfahren in Aussicht gestellt. Glaser bezeichnete die Äußerungen dieser beiden Funktionäre im Wahlkampf als „nicht mehr hinzunehmende Eskapaden“. Während man Rednthaler vorwarf, in Bauwirtschaftsfragen eine andere Meinung als Lechner vertreten zu haben, wurde Kondric vorgeworfen, er habe in der „Wiener Zeitung“ vor der Wahl gegen ein Ausscheiden der FPÖ aus der Landesregierung geschrieben. Wie dies allerdings zu einem Parteiausschluß reichen soll, ist man sich noch nicht im klaren.

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