6825163-1974_08_04.jpg
Digital In Arbeit

Ohne Bundespolitik

Werbung
Werbung
Werbung

Wenn in wenigen Wochen die Wähler des Landes Salzburg zur Entscheidung über die Zusammensetzung ihres Landtages aufgerufen werden, wird die Spannung in den Parteizentralen ihren Höhepunkt erreichen. Denn niemand leugnet, daß dieser Wahlgang ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden großen Parteien sein wird.

Zur Zeit halten sich die beiden Großparteien die Waage. Die ÖVP ist mit 13 Mandaten vertreten, die SPÖ ebenfalls mit 13 und die FPÖ stellt 6 Abgeordnete. Bei der letzten Landtagswahl im Jahre 1969 entfielen auf die ÖVP 86.439 Stimmen oder 40,7 Prozent, auf die SPÖ 85.775 oder 40,4 Prozent und auf die Freiheitliche Partei 38.202 Stimmen oder 18x Prozent. Dank der FPÖ-Gewinne konnten die Sozialisten ihren Abstand zur ÖVP damals auf ein Minimum verringern: nämlich von mehr als 8000 bei der Laodtagswahl 1964 auf genau 664. Der sozialistische Spitzenkandidat Karl Steinocher sah schon den Landeshauptmannsessel zum Greifen nahe vor sich.

Aber hätte das Ergebnis der Nationalratswahl 1971 für den Landtag gegolten, säße Steinocher überhaupt unangefochten auf dem Posten des Landeshauptmannes. Bei dieser Wahl nämlich hatte die SPÖ nicht nur auf Bundesebene die absolute Mehrheit erlangt, sie schob sich auch in Salzburg an die erste Stelle vor: Mit 102.668 Stimmen überrundete sie die Volkspartei um etwa 5000. Die Freiheitlichen verbuchten gegenüber 1966 12 Prozent.

Diesen Stimmen- und Mandatszuwachs sehen die Freiheitlichen selbst ohne Illusion als etwas Einmaliges an. Es geht für sie jetzt also in erster Linie darum, ihren Wähleranteil zu halten, darüber hinaus sehen sie es als lebenswichtig an, ihren Sitz in der Landesregierung zu verteidigen. Schon wenn man das Ergebnis der NationalratswaW 1971 heranzieht und auf den Landtag transponiert, wäre dieser Regierungssessel für die Freiheitlichen auf jeden Fall verloren. Der FPÖ-Landesobmann Walter Leitner gibt daher ganz unverhohlen zu, daß für ihn und seine Mannschaft der Wahlkampf ein „Abwehrkampf“ sein müsse.

Der Spitzenkandidat der Sozialisten, Landeshauptmannstellvertreter Karl Steinocher, gibt sich optimistisch, was den Wahlausgang anlangt, konzediert aber, daß der ÖVP-Spitzenkandidat, Landeshauptmann Hans Lechner, in der Wählergunst besser liege als er selbst. Lechner müsse zwangsläufig bekannter sein, als er, sagt Steinocher, der Landeshauptmann habe ja von Amts wegen eine „offizielle“ Publicity. Doch habe die SPÖ in der Bevölkerung, was die Sachpolitik betrifft, einen guten Ruf. Auf jeden Fall hat die Salzburger SPÖ aus den Fehlem der oberösterreichischen Parteifreunde gelernt: In Salzburg gibt es für die Landtags-wahl nur einen einzigen Spitzenkandidaten und nicht ein rivalisierendes Duo wie im Nachbarbundesland.

Landeshauptmann und ÖVPSpitzenkandidat Hans Lechner und seine Mannen sind sehr zuversichtlich, daß sie als Sieger aus dieser Wahl gehen werden. Zwar gibt es in Salzburg keinen so dynamischen Landesparteisekretär wie den Oberösterreicher Ratzenböck, doch glauben die Salzburger, auch so über die Runden zu kommen.

Kein Wahlkampf kommt heute ohne die bereits obligat gewordenen Meinungsumfragen aus. Auch in Salzburg haben die Parteien Erhebungen durchführen lassen. Diese Umfragen werden von den Wahlkampfmanagern immer geheimgehalten, was auf der anderen Seite den Gerüchten enormen Auftrieb gibt. So hört man aus der SPÖ-Zentrale in der Wiener Löwelstraße, daß man derzeit nicht mehr mit einer sozialistischen Mehrheit rechnet. Man würde vielmehr schon zufrieden sein, kein Mandat zu verlieren. Nach dieser Information rechnet die SPÖ angeblich damit, daß die Voltespartei einen Stimmenvorsprung von mehreren Tausend erreicht.

Der Beobachter, der aus einem anderen Bundesland kommt, ist ein wenig verwundert über den „schaumgebremsten“ Wahlkampf, wie er ihn in Salzburg vor sich sieht. Tatsächlich ist es so, daß der Wahlkampfstil auch manchen Parteiaktivisten zu milde ist, besonders denen, die an die eher schlechte Wahlbeteiligung des Jahres 1969 denken. Kritiker der Salzburger ÖVP meinen in diesem Zusammenhang, das Spitzenteam Landeshauptmann Lechner— Landesparteiobmann Glaser sei halt auch schon allzu lange am Ruder. Die beiden seien schließlich noch vom nachmaligen Bundeskanzler Josef Klaus, als dieser seine Funktion als Landeshauptmann von Salzburg abgab und sich der Bundespolitik zuwandte, mit der Erbfolge betraut worden.

Einig sind sich alle Parteien nur in einer Frage: die Bundespolitiker sollen wenig oder möglichst gar nicht in der Wahlwerbung eingesetzt werden. Dieser Trend ist vor allem in der ÖVP zu bemerken. Auch in Oberösterreich hat man die Parteispitze äußerst sparsam eingesetzt — und ist offenbar gut damit gefahren.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung