6959255-1984_42_04.jpg
Digital In Arbeit

Die Angst vor den Grünen

19451960198020002020

In Vorarlberg ist vieles anders (FURCHE 32/1984). Bei den kommenden Wahlen dürften nun erstmals auch Grüne in einen österreichischen Landtag einziehen.

19451960198020002020

In Vorarlberg ist vieles anders (FURCHE 32/1984). Bei den kommenden Wahlen dürften nun erstmals auch Grüne in einen österreichischen Landtag einziehen.

Werbung
Werbung
Werbung

In Vorarlberg regiert die ÖVP ohne Unterbrechung seit 1945. Bei den Landtagswahlen vor fünf Jahren fuhr sie mit 57,5 Prozent der Stimmen und 22 von 36 Mandaten ein Traumergebnis ein.

Landeshauptmann Herbert Keßler, seit zwanzig Jahren im Amt, tritt - nach eigener Aussage

- zu seiner letzten Wahl an. Aber in der Volkspartei ist man skeptisch, ob man das Ergebnis von 1979 halten kann.

Dabei bereiten der Ländle-VP die größten Sorgen nicht die seit zehn Jahren in Opposition stehenden Sozialisten und auch nicht die mit einem Landesrat mitregierenden Freiheitlichen, sonden die „Grünen" und „Alternativen".

Die grün-alternative Wahlgemeinschaft braucht fünf Prozent der Stimmen, um ein Mandat im Landtag zu erringen. Bei den Nationalratswahlen 1983 brachten sie es — zusammengerechnet — in Vorarlberg immerhin schon auf gute 4,5 Prozent.

Hinzu kommt, daß unter den 191.000 Wahlberechtigten nicht weniger als 26.000 Erstwähler sind. Und: „Grün" oder „alternativ" zu sein, ist bei den Jungen im Ländle geradezu zur Mode geworden, bis tief hinein ins „bürgerliche" Lager.

Deshalb auch hat VP-Spitzen-kandidat Keßler den Wahlkampf massiv mit Umweltthemen bestritten, unter dem Motto: Wer für den effektiven Umweltschutz sorgen will, braucht sich nicht an die „Grün-Alternativen" zu wenden

— der Umweltschutz ist bei der Regierungsmehrheit in besten

Händen. Zudem — so die ÖVP-Argumentation — ist es nur dann ein vernünftiger Umweltschutz, wenn er auf den Ausgleich mit der Ökonomie ausgerichtet ist.

Die Sorge, daß die „Grün-Alternativen" Stimmen kosten könnten, plagt freilich nicht nur die Mehrheitspartei. Auch die oppositionellen Vorarlberger Sozialisten, die bei früheren Wahlen das linke Protestpotential anziehen konnten, müssen fürchten, an die Alternativen zu verlieren.

Die SPÖ — derzeit zehn Landtagssitze bei 29,0 Prozent der Stimmen — führte einen harten, ja aggressiven Wahlkampf — ganz im Stil der knallharten Opposition, die sie auch im Landtag betreibt. Ob allerdings die Rechnung aufgeht, mit dem Aufzeigen vermeintlicher Mißstände am Bild des „Musterländle" zu kratzen, ist offen.

Die Freiheitlichen, die mit der ÖVP in der Landesregierung sitzen, haben nach der Kärntner Wahl Hoffnung geschöpft. Diese Hoffnung könnte sich noch als trügerisch erweisen.

Denn anders als Kärntens FP-Obmann Jörg Haider, der sich als Kritiker der Koalition der FPÖ mit den Sozialisten auf Bundesebene profilierte und so Proteststimmen auf sich vereinigen konnte, hat die Vorarlberger FPÖ-Führung gegen Widerstände in den eigenen Reihen von Anfang an den Kurs von Parteiobmann Norbert Steger bedinr gungslos unterstützt.

Der junge FP-Landesobmann Hans-Dieter Grabher, 37, seit dem Frühjahr als Nachfolger von Karl Werner Rüsch einziger freiheitlicher Landesrat, glaubt zwar, die innerparteilichen Wogen hätten sich inzwischen in dem Maß geglättet, als sich die FPÖ auf Bundesebene konsolidiert hat.

Aber die Freiheitlichen hatten in Vorarlberg bei den letzten Nationalratswahlen gerade in Erwartung der rot-blauen Koalition auf Bundesebene schwere Verluste hinnehmen müssen. Ob die FPÖ ihre vier Mandate (bei 12,7 Prozent der Stimmen bei der Landtagswahl 1979) halten kann oder für die Wiener Koalition zahlen muß, ist für sie die entscheidende Frage.

VP-Chef Landeshauptmann Keßler hat in der letzten Wahlkampfphase nicht gezögert, den FP-Regierungspartner im Land anzugreifen und bürgerliche Kräfte in der FPÖ anzusprechen, indem er die Formel ausgab: Wer die FPÖ im Ländle wähle, der befürworte den Steger-Kurs und stärke die „sozialistische Koalitionsregierung".

Ob die Gegenstrategie der Ländle-Blauen, die FPÖ-Mitglie-der in der Bundesregierung seien ein effektives bürgerliches Korrektiv gegenüber den Sozialisten, verfängt, wird man erst am Wahlabend beurteilen können.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung