6784969-1970_09_07.jpg
Digital In Arbeit

„Steirisch“ wählen...

Werbung
Werbung
Werbung

Eine Woche vor dem 1. März wählte Kärnten seinen Landtag. 14 Tage nach dem 1. März wählt die Steiermark.

Landeshauptmann Josef Krainer hat dafür bereit vor drei Wochen den totalen Wahleinstu proklamiert. Alle Kandidaten der ÖVP für Nationalrat und Landtag, sogar jene, die an unsicherer Stelle stehen, sind permanent bei Betriebs- und Hausbesuchen und bei Versammlungen eingesetzt.

Das Kärntner Wahlergebnis vom 22. Februar hat zu einer Verstärkung der Aktivität geführt. Man glaubt allerdings in Graz nicht, daß die Kärntner Landtagswahlen einen bundeseinheitlichen Trend widerspiegeln oder gar Auswirkungen auf die Steiermark haben werden. Die nationalen Kräfte „in der grünen Mark“ wurden bereits nach Kriegsende von der ÖVP angesprochen. Völlig verschieden ist aber auch die soziale Struktur. Die Angehörigen des freiheitlichen Lagers in der Steiermark rekrutieren sich vor allem aus dem Großbürgertum und der Wirtschaft. Der Freiheitliche, der bei den Grazer Gemeinderatswahlen den geachteten sozialistischen Bürgermeister Scherbaum, bei den Landtagswahlen Landeshauptmann Krainer und bei den Nationalratswahlen die FPÖ wählt, ist keine Seltenheit.

Die steirlsche ÖVP erklärte nach dem Bekanntwerden des Kärntner Wahlergebnisses, daß die Wählerentscheidung am 1. und 15. März auch in der Steiermark eine Entscheidung zwischen ÖVP und SPÖ sein werde. Weder die Freiheitlichen noch die Kommunisten hätten eine Chance. Beide Kleinparteien werden wie in Kärnten nach links wegschrumpfen. In der Steiermark würde das allerdings heißen, daß die SPÖ nicht nur

zwei, sondern womöglich sogar drei zusätzliche Mandate erhält.

Wenig SPÖ-Propaganda

Für den 15. März hat die ÖVP als stärkstes Zugpferd Landeshauptmann Krainer in den Einsatz geschickt. Deshalb wird in Graz nur noch an den Montagen regiert. An allen übrigen Tagen der Woche fahren Landeshauptmann und Regierungsmitglieder kreuz und quer durch das Land.

Wer in diesen Tagen in die Steiermark fährt, kann feststellen, daß die Materialschlacht durchaus einseitig ist. Man merkt fast nichts von einer Wahlwerbung der SPÖ. Die Sozialisten beschränken sich darauf, Argumente des Wahlkampfes auf Bundesebene zu übernehmen und

den Parteivorsitzenden Dr. Kreisky durch die Steiermark zu lotsen. Freiheitliche Versammlungen finden bisher nur sporadisch statt, so daß man vermutet, die FPÖ werde sich In ihrer Wahlwerbung für die Landtagswahl auf die letzten 14 Tage beschränken.

Im steirischen Landtag verfügt die ÖVP gegenwärtig mit 29 Mandaten über die absolute Mehrheit, gefolgt von der SPÖ mit 24, der FPÖ mit 2 und der KPÖ mit 1 Mandat. Ein ÖVP-Mandat in der Obersteiermark ist nur mit 79 Stimmen gepolstert, 1 Mandat in der Oststeiermark steht ebenfalls auf „schwachen Füßen“. Die Wahlstrategen in Graz rechnen mit Sicherheit, daß das KPÖ-Man-dat den Sozialisten zufallen wird. Die Kombinationen liegen zwischen einem Mandatsstand von 28 ÖVP,

25 SPÖ, 3 FPÖ bis zu 26 ÖVP,

26 SPÖ und 4 FPÖ.

Der Wahlkampf richtet sich bei allen Parteien auch in der Steiermark an die Jung- und Randschichtenwähler. Inserate mit der Miß World, einem prominenten Skifahrer, einem Industriellen und einem prominenten Arzt sollen den Randschichtenwäh-lem die ÖVP schmackhaft machen. Jedenfalls ist in Graz ein faszinierender Wahlkampf im Gange. Die Parole „steirisch wählen“ dürfte nichts an Zugkraft eingebüßt haben. Man ist in der ÖVP optimistisch, weil die anderen Parteien über keine Persönlichkeiten von der Ausstrahlung eines Josef Krainer verfügen. Immerhin ist auch hier nach wie vor die Frage der Wahlbeteiligung im Mittelpunkt des Interesses. Und wie in Kärnten ist auch in der Steiermark zu befürchten, daß so knapp hintereinander liegende Wahltermine viele Wähler vom Wahlgang abhalten werden.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung