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Ist der Bär der Karawanken los ?

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Als letztes der drei Bundesländer, die am 12. März ihre Landtage neu wählen, hat sich Kärnten für diesen Termin entschieden. Mehrfach hat der seit September vorigen Jahres im Amt befindliche neue Landeshauptmann Peter Ambrozy erklärt, es gebe keinen Grund zur Vorverlegung der im Herbst fälligen Wahl, als plötzlich der erste Tag der Budgetdebatte von der SPÖ zum Anlaß genommen wur-

de, den kurzfristigen Auflösungsbeschluß ins Spiel zu bringen. Grund: Die Zusammenarbeit sei durch den provokanten Stil der beiden anderen Parteien nicht mehr möglich.

Tatsächlich waren aber die Diskussionen in den üblichen parlamentarischen Bahnen verlaufen. Allerdings war es zu verlockend gewesen, sich an den Landtagswahltermin in Salzburg und Tirol anzuschließen, um den Aktionsradius des FP-Parteiobmannes Jörg Haider einzuschränken. Seine Partei und die ÖVP stimmten denn auch, um nicht als feige zu gelten, der vorzeitigen Auflösung des Landtages zu. Im Grunde genommen konnten alle drei Partei en damit keine Freude haben.

Die SPÖ Kärnten hat zu diesem Zeitpunkt freilich nicht ahnen können, in welche Schwierigkeiten die Bundespartei durch den Lucona-Untersuchungsausschuß und durch die Steuer-Affären geraten würde. Und außerdem hatte der neue Landesparteiobmann und Landeshauptmann ein gewaltiges Aufholpensum hinsichtlich seines Bekanntheitsgrades zu bewältigen.

In der ÖVP wiederum war der zwei Jahre zurückliegende Obmannwechsel von Stefan Knafl zu Harald Scheucher nicht ohne Nachwehen geblieben, und der neue ÖVP-Herr mußte vor allem in Oberkärnten Wogen glätten. Die Freiheitlichen konnten aufgrund ihrer letzten Wahlerfolge einigermaßen gefaßt den Dingen entgegensehen, wenn man von der physischen Belastung Haiders absieht. Sie rechnen damit, aus der bisherigen Talfahrt der beiden anderen Parteien Gewinn zu schlagen.

Das seit 1984 bestehende Mandatsverhältnis von 20 Sozialisten, elf ÖVPlern und fünf Freiheitlichen scheint erstmals realistisch veränderbar zu sein. Das Nationalratswahlergebnis von 1986 hätte — auf den Landtag übertragen — für die SPÖ den Verlust von zwei Mandaten und für die ÖVP von einem Mandat zugunsten der FPÖ gebracht. Der Mandatsstand hätte also 18:10:8 gelautet. Dies und eine jüngste Gallup-Umfrage, die den unglaublich hohen Anteil von 28 Prozent Unentschlossener drei Wochen vor dem Wahltag ergab, macht den Urnengang in Kärnten so außerordentlich spannend.

Seit 1945 ist die SPÖ in ununterbrochener Folge führende Regierungspartei am Wörthersee. Ein einziges Mal hätte sich 1949 die Chance geboten, einen Nichtsozialisten zum Landeshauptmann zu wählen. Diese Möglichkeit scheiterte am Einspruch der ÖVP-Bundespartei, die sich, in Wien von schwierigen Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ bedrängt, zu einem Machtwort veranlaßt sah und damit wohl auch das Rückgrat der Kärntner ÖVP anknackste.

Am 12. März müßte die SPÖ drei Mandate verlieren, damit die beiden anderen Parteien ihr Wahlziel erreichen. An dem Wahlausgang werden kleinere Gruppierungen wie die Vereinten Grünen, die Alternativ-Grünen, die mit den Slowenen ein Bündnis eingegangen sind, und die KPÖ kaum mitmischen. Die Kärntner Landtagswahlordnung ist wenig demo- kratie- und minderheitenfreundlich. Am zweiten Ermittlungsverfahren nehmen nur jene Parteien teil, die in einem der vier Wahlkreise ein Grundmandat erreichen, das etwa zehn Prozent der Stimmen entspricht.

So konzentriert sich die Wahlauseinandersetzung auf die drei Landtagsparteien. Übereinstimmendes Ziel von Volkspartei und Freiheitlichen ist die Beseitigung der absoluten sozialistischen Mehrheit. Beide halten an dem

Anspruch auf den Landeshauptmann fest.

Sollten FPÖ und ÖVP am 12. März die sozialistische Mehrheit brechen, stehen sie vor einem schwer lösbaren Problem. Die Volkspartei hat erklärt, Jörg Haider nicht zum Landeshauptmann zu wählen. Das Nein der Freiheitlichen zu Scheucher ist nicht so absolut. Die stärkste Partei, die SPÖ, könnte wiederum auf politischen Fischfang gehen und durch ihr Angebot des ihr zustehenden ersten Landeshauptmannstellvertreters an die Volkspartei oder an die FPÖ die beiden Kontraparteien entzweien.

Eine Einigung auf einen dritten Kandidaten, zwischen Volkspartei und Freiheitlichen, außer Haider und Scheucher, wäre noch vorstellbar. 1949 war diese Integrationsfigur für ÖVP und VdU der ehemalige Abwehrkämpfer und spätere österreichische Generalkonsul in Mailand, Hans Steinacher.

Ob am 12. März der .Karawan- kenbär los ist und möglicherweise an der großen Koalition in Wien rütteln wird? Dies liegt in der Hand der Wähler, die - wie es bisher zumindest scheint — eine Veränderung der politischen Landschaft in Kärnten wünschen.

Der Autor ist Chefredakteur der „Kleinen Zeitung“ in Klagenfurt.

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