DAÖ - © Foto: picturedesk.com / EXPA / Michael Gruber

Selbstkannibalisierung in Blau

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Mit dem Rauswurf Heinz-Christian Straches aus der FPÖ und der Gründung von DAÖ löst sich das freiheitliche Lager neuerlich in seine Bestandteile auf. Was bedeutet das für die so schwergewichtige Wien-Wahl? Und was für die Bundespolitik? Eine Analyse.

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Mit dem Rauswurf Heinz-Christian Straches aus der FPÖ und der Gründung von DAÖ löst sich das freiheitliche Lager neuerlich in seine Bestandteile auf. Was bedeutet das für die so schwergewichtige Wien-Wahl? Und was für die Bundespolitik? Eine Analyse.

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Dass die Nachricht noch eine große Überraschung gewesen wäre, kann man nicht behaupten. Dem Knalleffekt, den das Wissen um das Erwartete auslöst, tut das aber keinen Abbruch: Das freiheitliche Lager hat sich abermals gespalten. Nach Heide Schmidts Liberalem Forum, Jörg Haiders BZÖ und (regionalen) Klein(st)ablegern wie der Salzburger FPS um Karl Schnell, der Kurzzeit-Abspaltung FPK in Kärnten und den fast schon wieder vergessenen REKOS um Ewald Stadler also: „Die Allianz für Österreich“ (DAÖ). Auch wenn die Freiheitlichen die neue Partei der drei ehemaligen FP-Mandatare Karl Baron, Klaus Handler und Dietrich Kops wenig überraschend nicht als Abspaltung bezeichnet sehen wollen. „Das ist die Übertreibung des Jahres“, sagte der blaue Klubobmann Herbert Kickl am Wochenende. Sichtlich bemüht, die neue Konkurrenz ­herunterzuspielen.

Tatsächlich wird DAÖ bei der Wien-Wahl kommendes Jahr natürlich massive Konkurrenz für die FPÖ sein. Jedenfalls wenn deren Ex-Chef Heinz-Christian Strache wie erwartet als Spitzenkandidat antritt. Manches an Dimensionen darf freilich nicht überbewertet werden: Ob die Liste DAÖ über die Wien-Wahl hinaus bestehen wird können, ist, gelinde gesagt, fraglich. Und realpolitische Gestaltungskraft wird sie auch in der Hauptstadt nicht haben – eine Regierungsbeteiligung kann selbst bei einem Wahlerfolg in Wien de facto ausgeschlossen werden. Ein gewichtiger Unterschied zum einstigen „Bündnis Zukunft Österreich“, das nicht nur bundesweit agierte, sondern vor allem eine Regierungsbeteiligung und eine ganze Landesorganisation (Kärnten) mitsamt der Posten, Futtertröge und Insignien der Macht mit in die Neugründung nahm. Die DAÖ-Abspaltung zu Wien ist demnach wohl bestenfalls als Mini-Knittelfeld zu werten.

Ende von Rot-Grün?

Unangenehm ist die abtrünnige Liste für die Freiheitlichen aber allemal. Mit einem Absturz in der Wählergunst ist nach den Skandalen von Ibiza bis Casinos und einem ganzen Pulk weiterer Vorwürfe bis hin zu Fotos von Bargeld in Sporttaschen (in allen Fällen gilt die Unschuldsvermutung) ohnehin zu rechnen. Macht Strache als großes Zugpferd dann noch den routinierten Wahlkampf-Berserker für die Konkurrenz, könnte es für die FPÖ auch richtig schmerzhaft werden. In jedem Fall wird sich die Gründung der phonetisch eher holprig flutschenden DAÖ auf die Wien-Wahl nächstes Jahr auswirken. Ein Antritt der neuen „Bewegung“ mit Strache würde zu einer Kannibalisierung des Dritten Lagers führen: Freiheitliche Kernwähler würden sich wohl mehrheitlich auf die beiden Fraktionen aufteilen – mit dann naturgemäß geringerer jeweiliger Mandatsstärke als eine geeinte freiheitliche Partei. Auf den ersten Blick wären die Profiteure einer geschwächten FPÖ die anderen Fraktionen – insbesondere der Hauptkonkurrent SPÖ.

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