Das aufgescheuchte Dritte Lager

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Und dann war da noch Michael Schmid, immerhin einer der Infrastrukturminister unter Schwarz-Blau (nein, die muss man sich nicht alle gemerkt haben), früherer steirischer FP-Chef und Landesrat, zuletzt erfolgloser BZÖ-Spitzenkandidat bei den Landtagswahlen 2005. Jetzt kandidiert Schmid bei den steirischen Kommunalwahlen im März auf einer eigenen Bürgerliste in seiner Heimatgemeinde, dem wunderbaren Schilcherdorf St. Stefan ob Stainz.

Nur eine regionale Episode, gewiss, nicht weiter der Rede wert – aber doch so symptomatisch für die verschlungenen Wege dessen, was einstmals unter dem Parteinamen FPÖ für das „Dritte Lager“ stand. Dessen Kern, die sogenannten „Nationalliberalen“, war in der Zweiten Republik immer schon überschaubar – viele „Ehemalige“ hatten ja auch bei SPÖ und ÖVP Unterschlupf gefunden. Dementsprechend bewegten sich auch die Wahlergebnisse die meiste Zeit im einstelligen, bestenfalls im knapp zweistelligen Bereich (1949 und 1953 für die Vorläuferpartei WdU). Erst Jörg Haider gelang es sukzessive einen weiten Bogen von zornigen Verlierern bis zu nassforschen Aufsteigern zu spannen. Dabei vergaß er freilich nicht, die nationale Stammklientel, der er ja seinen Aufstieg auf dem Innsbrucker Parteitag 1986 verdankte, weiter zu pflegen, zumindest so lange es ihm opportun schien.

Ideologische Bruchlinien

Diese äußerst heterogene Allianz wurde nur durch das politische Ausnahmetalent und Charisma Jörg Haiders zusammengehalten. Nur er konnte die offenkundigen inhaltlichen und ideologischen Bruchlinien seiner Partei und, mehr noch, seiner Anhängerschaft übertünchen, nur so ließen sich am Zenit von Haiders Laufbahn 27 Prozent Wählerstimmen einfahren. Die eigentliche Zäsur markierte nicht Haiders Tod, sondern die Gründung des BZÖ: Mit ihr leitete er selbst jenen Prozess der Spaltung ein, der sich bis dato fortsetzt und die innenpolitischen Auguren beschäftigt.

Das ist ja vielleicht das eigentlich Ärgerliche: dass wir uns ständig mit den Befindlichkeiten eines Bundeslandes, eines Brüderpaares, einer Witwe, eines Lebensmenschen und sonstiger Epigonen befassen müssen. Müssen? Ja, denn das alles ist eng verquickt mit dem Schicksal des Haupt-Epigonen Jörg Haiders, FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Er ist von all den Haider-Erben der einzige mit bundespolitischem Gewicht und seine Partei muss, nicht zuletzt mangels Alternativen einer rechts- oder wirtschaftsliberalen Partei, zumindest als potenzieller Koalitionspartner für SPÖ wie ÖVP gesehen werden.

Beginnt das Spiel von vorn?

Gut möglich, dass Strache das Kärntner Abenteuer, das zunächst als großer Coup gefeiert wurde („Willkommen daheim“), geschadet hat. Aber wohl nicht nachhaltig, nicht stark genug, um einen Erfolg bei den Wiener Gemeinderatswahlen im Oktober und vermutlich auch bei den übrigen bevorstehenden Urnengängen zu landen. Beginnt damit das Spiel wieder von vorne? Schweißt das Bestreben Strache von der Regierung fernzuhalten Rot und Schwarz erneut so lange zusammen, bis einer sagt: Wir probieren es, bevor HC bei den nächsten Wahlen Erster wird?

Strache ist harmloser und gefährlicher als Haider. Sie mögen ihn in Kärnten nicht, weil er was Hartes hat und die Kärntner das Weiche mögen, schrieb der Chefredakteur der Kleinen Zeitung, selbst Kärntner. Das gilt nicht nur für Kärnten: Das Harte, Holzschnittartige, simpel Gestrickte stößt auch manche ab, die Haider doch einiges abgewinnen konnten.

Andererseits fehlt Strache auch der Haider’sche Hang zur Autodestruktion – einer wie HC wird nicht aus Leichtsinn mit dem Sonnenwagen abstürzen. Der wird sich auf den Victor-Adler-Märkten und in den Discos des Landes in Pose werfen, dort seine national-sozialistischen Phrasen bellen – und im übrigen ganz ruhig die Zeit und die Große Koalition, die ihn verhindern will, für sich arbeiten lassen.

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