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Schafft es Götz ein zweites Mal?

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Spannungsgeladene Betriebsamkeit macht sich seit einigen Wochen in den Grazer Büros der einzelnen politischen Parteien bemerkbar: Das große Wettrüsten im Hinblick auf die spätestens in zehn Monaten stattfindenden Gemeinderatswahlen hat eingesetzt. Erdrutschartige Bewegungen von einer Partei zur anderen sind zwar nach den Aussagen der professionellen Meinungsbefrager nicht zu erwarten, doch könnte bereits die kleinste Mandatsverschiebung die Verlängerung der 1973 zwischen ÖVP und FPÖ getroffenen „Regierungsvereinbarung“ in Frage stellen.

Wie erinnerlich, wählten vor vier Jahren die neun Gemeinderäte der FPÖ gemeinsam mit den 20 ÖVP- Mandataren den freiheitlichen Alexander Götz zum Bürgermeister der Stadt Graz, während im Gegenzug in Klagenfurt die FPÖ-Gemeinderäte dem ö VP-Mann Guggenberger auf den Bürgermeistersessel halfen. Diese Quasi-Koalition zwischen ÖVP und FPÖ, auch von vielen Funktionären der ÖVP heute noch als groteske Situation aufgefaßt, erschien damals als einzige Möglichkeit, erstmals nach Jahrzehnten wieder einmal einen Nichtsozialisten an der Spitze der Gemeindeverwaltung zu haben.

Mit dem Näherrücken des Wahltermins wird in Graz die Bürgermeisterfrage immer häufiger diskutiert. ÖVP-Chef und Vizebürgermeister Franz Hasiba zog sich nun vorläufig damit aus der Affäre, daß er grundsätzlich den Anspruch auf den Bü rgermei- stersessel für seine Partei erhob: „Wir werden in diese Wahl auch mit dem Anspruch auf den Bürgermeister gehen. Dieser Anspruch ist für eine so große Partei wie die Grazer Volkspartei unverzichtbar“

Die Freiheitlichen erachten es wiederum als eine totale Selbstverständlichkeit, daß ihr Kandidat Götz als Vertreter der kleinsten der drei im Stadtsenat vertretenen Parteien wieder Bürgermeister wird. In der Verfolgung’ diises Zieles dürfte der Goti-Partei (wegen ihres überpfopor? tionalen Abschneidens bei Gemeinderatswahlen wird die FPÖ sb apostrophiert) die Wahl des Koalitionspartners fast eine sekundäre Frage sein.

Die bisherigen Erfahrungen haben jedenfalls gezeigt, daß die Vereinba rungen zwischen ÖVP und FPÖ kaum über das Land hinauszustrahlen in der Lage sind (in der Steiermark selbst ist man zumindest derzeit nicht sonderlich auf das Wohlwollen der beiden FPÖ-Abgeordneten angewiesen): Auf Bundesebene gab es in letzter Zeit einige freundliche Gesten der FPÖ in Richtung SPÖ (Fristenlösung, Lütgendorf), im Burgenland hat die FPÖ gemeinsam mit den Sozialisten eine Wahlrechtsänderung über die Bühne gebracht und in Klagenfurt „kriselt’s“ ganz schön in der Ehe zwischen ÖVP und FPÖ. Unabhängig davon, ob Götz in der Lage ist, solche Vereinbarungen in seiner Partei auf Bundesebene wirksam zu vertreten, dürfte er gar kein ūbertriebęnes Interesse haben, sich einseitig auf die ÖVP festzulegen: Ein Götz läßt die Hoffnungen auf einen Ministersessel nicht so schnell fahren.

Obwohl die SPÖ unter Karl Stoiser ‘kaum Aussicht hat, ihren Anteil von 26 Mandaten im nächsten Jahr zu erhöhen, da ihr sowohl der zündende Spitzenkandidat als auch das glaubwürdige Konzept als Alternative zu den guten programmatischen Vorstellungen der ÖVP fehlt, läßt Franz Hasiba auch in diese Richtung eine Tür offen: „Eine Kooperation nach den Wahlen ist mit niemandem auszuschließen.“

Trotz aller Publikumswirksamkeit des Bürgermeistersessels ist die Frage nach der Ressortverteilung fast die ausschlaggebendere: Unter der Voraussetzung, daß die ÖVP die Schlüsselreferate behalten kann und vielleicht noch das Sozialressort, auf das Hasiba spitzt, bekommt, ist also eine schwarz-rote Koalition ab 1978 auch nicht völlig auszuschließen.

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